Hagen. Das Modehaus Sinn aus Hagen hat beim Amtsgericht in Hagen einen Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gestellt.

Das Hagener Modeunternehmen Sinn hat am Montag beim Amtsgericht Hagen einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Das Gericht habe diesen Antrag genehmigt, teilte Holger Voskuhl, Kommunikationsberater für Sinn, mit. Mit dem Verfahren strebe Sinn eine zügige Restrukturierung an. 

Hierfür habe das Unternehmen, das seine Hauptverwaltung noch in Hagen-Bathey hat und in diesem Jahr eigentlich ins „Kö40“ (Körnerstraße) in der Hagener Innenstadt umziehen möchte, den Rechtsanwalt Jan Ockelmann engagiert. Er werde die Geschäftsführung während des Verfahrens in Eigenverwaltung begleiten, so Voskuhl. Das Gericht habe außerdem den Rechtsanwalt Michael Mönig zum vorläufigen Sachwalter bestellt. Er wahre die Interessen der Gläubiger und sichere eine geordnete Abwicklung des Verfahrens.

Geschäftsbetrieb soll weitergehen

Der Geschäftsbetrieb von Sinn soll an allen 36 bestehenden Standorten, darunter die Hagener Innenstadt, mit insgesamt 41 Häusern und 1500 Beschäftigten fortgeführt werden. Die Finanzierung dafür sei bis auf Weiteres gesichert. 

Das Modehaus Sinn hat in der Hagener Innenstadt schon eine lange Tradition. Dieses Foto aus dem Jahr 1925 zeigt die Fassade damals noch an der Mittelstraße.
Das Modehaus Sinn hat in der Hagener Innenstadt schon eine lange Tradition. Dieses Foto aus dem Jahr 1925 zeigt die Fassade damals noch an der Mittelstraße. © Max Biegel / Sammlung Stadtarchiv Hagen | Max Biegel / Sammlung Stadtarchiv Hagen

„Sinn wird das Verfahren in Eigenverwaltung zur beschleunigten Anpassung an die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nutzen. Ziel ist es, möglichst viele Standorte und Arbeitsplätze zu sichern“, sagte Jan Ockelmann. Ob dies in der Form gelinge, müssten die nun folgenden Gespräche und Verhandlungen mit den Beteiligten zeigen. 

Umsatzrückgänge bei gestiegenen Kosten

Als Gründe für den Restrukturierungsantrag gaben die Verantwortlichen die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und einmalige Sondereffekte an. So musste das Unternehmen durch Wasserschäden oder andere bautechnische Gründe zeitweilig Häuser oder Etagen schließen. Das betreffe die Jahrhundertflut in Hagen 2021, aber auch Wasserschäden oder bautechnische Themen in anderen Häusern. „So wird zum Beispiel die Schließung in Oberhausen wohl insgesamt neuneinhalb Monate dauern“, so Voskuhl. Hinzu kämen notwendige Umzüge in Kassel und Mönchengladbach, wo die Baukosten deutlich höher ausfielen als veranschlagt. etc.

Weitere aktuelle Artikel

Das führte zu Umsatzrückgängen bei gleichzeitig deutlich gestiegenen Kosten für Mieten, Energie und Logistik. Auch die Implementierung eines dringend notwendigen neuen Warenwirtschaftssystems führte zu einem erheblichen Mehraufwand. Die Mehrkosten konnten vom Unternehmen nicht vollständig aufgefangen werden.

Die Beschäftigten sind über den aktuellen Stand informiert. Die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes für die Beschäftigten wurde bereits beantragt.

Konzentration auf mittelgroße Städte

Mit der Möglichkeit eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung will der Gesetzgeber die Sanierungschancen von Unternehmen in der Krise steigern und die Verantwortlichen in einem Unternehmen dazu bringen, einen notwendigen Antrag frühzeitig zu stellen. Die Geschäftsführung wird durch Sanierungsexperten ergänzt, um die Fortführung und Sanierung des Unternehmens zu unterstützen und eine Gleichbehandlung der Gläubiger sicherzustellen. Bei einem Verfahren in Eigenverwaltung bleibt die Geschäftsführung im Amt und bekommt vom Amtsgericht einen vorläufigen Sachwalter zur Seite gestellt, der das Verfahren im Sinne der Gläubiger begleitet.

Zu Beginn des neuen Jahrtausends residierte Sinn/Leffers noch neben dem einstigen Pressehaus gegenüber von Salamander-Schuhe. Die Immobilie wurde zugunsten der Rathaus-Galerie abgerissen.
Zu Beginn des neuen Jahrtausends residierte Sinn/Leffers noch neben dem einstigen Pressehaus gegenüber von Salamander-Schuhe. Die Immobilie wurde zugunsten der Rathaus-Galerie abgerissen. © WP Michael Kleinrensing | KLEINRENSING, Michael

Die Modehäuser von Sinn konzentrieren sich vor allem auf mittelgroße Städte. Die Häuser haben eine Verkaufsfläche zwischen 2000 und 10.000 Quadratmetern und bis zu 120 Beschäftigte pro Standort. Im Servicecenter in Bathey sind etwa 100 Mitarbeiter beschäftigt. Zuletzt erwirtschaftete die Sinn GmbH laut Holger Voskuhl einen Jahresumsatz von 240 Millionen Euro. 

Seit 1907 Jahren in Hagen präsent

In der Hagener Innenstadt ist das Modehaus seit mehr als 100 Jahren präsent, 1907 eröffnete Sinn das erste Textilkaufhaus in Hagen. 2012 wurde die Filiale in der Fußgängerzone geschlossen und erst 2016 in der Volme-Galerie neu eröffnet. 2008 erfolgte erstmals ein Insolvenzantrag, der nächste 2016, ein weiterer 2020 in der Corona-Zeit wegen Umsatzrückgängen. Die Umfirmierung von Sinn-Leffers in Sinn GmbH geschah übrigens 2018.

Seither war das Unternehmen auf Wachstumskurs und hatte die Textilkette Mensing mit sieben Standorten in NRW übernommen und zwei neue Häuser in Goch und Duisburg eröffnet. Geschäftsführende Gesellschafterin und Alleininhaberin ist Dr. Isabella Goebel, Thomas Wanke fungiert als COO und leitet das operative Geschäft.

Einen Onlineshop betreibt Sinn bis heute nicht, lediglich eine Homepage und eine App, auf der das Unternehmen auf seine Produkte in den Häusern hinweist.