Bottrop. Elisabeth Otzisk und Michael Meuers leiten mehrere Bottroper Chöre. Sie erzählen von negativen Coronafolgen, verzeichnen aber auch Sängerzuwachs.
Klingt nicht so wie früher. Das ist eine hörbare Folge der Corona-Zwangspause, die alle Chöre in den vergangenen zwei Jahren einlegen mussten. Vieles hat sich gerade bei den Laienchören – und das trifft auf alle Bottroper Ensembles zu – während der Pandemie verschoben, verändert.
„Aber der große Aderlass bei den Sängerinnen und Sängern ist zum Glück ausgeblieben, bei unseren Chören zumindest“, sagen Elisabeth Otzisk und Michael Meuers. Sie sind nicht nur aktiv und gut vernetzt in Bottrops Musikszene, sie leiten auch mehrere Chöre, vom klassischen Kirchenchor bis zu freien Chören wie die „Da Pacem“-Formationen von Michael Meuers oder dem Kammerensemble Euphonia, einem etwa 40-köpfigen Projektchor unter der Stabführung von Elisabeth Otzisk. So hat auch in dieser Zeit nur ein Traditionschor aufgegeben – die „Concordia Ruhröl“.
Ein anderer wichtiger Chor, der städtischen Musikverein, hatte es doppelt schwer. Fiel doch der Chorleiterwechsel beim Bottroper Konzertchor vom langjährigen Leiter Friedrich Storfinger zu Ludger Köller genau in die Pandemie. Dass die immer noch nicht vorbei ist, zeigt die Infektion von Ludger Köller, die dessen Teilnahme am WAZ-Gespräch kurzfristig verhinderte.
Eine Leitungszäsur blieben den Kirchenchören von St. Michael und St. Johannes in der Boy zum Glück erspart. „Und damit auch ein Aderlass, der bei so einem Wechsel immer natürlich ist“, sagt Elisabeth Otzisk, die auch noch die Kantorei von St. Stephani in Gladbeck leitet, ihren zweiten Kirchenchor neben dem in der Boy.
Online-Gottesdienste bescherten neue Chorsängerinnen in der Boy
„Ihre Gladbecker“ hätten ab Juni 2020 im Freien geprobt, so Elisabeth Otzisk. Als Sängerin, die selbst viele Opernpartien nicht nur auf der Halde Haniel gesungen hat, weiß sie, wie hart das für die Stimme sein kann. Der Boyer Kirchenchor habe dagegen mehr auf Online-Proben gesetzt, um nicht ganz aus der Übung zu kommen, aber auch, um den Kontakt untereinander zu halten. Otzisk hat „Übe-Dateien“ verschickt, mit denen Chormitglieder zuhause proben konnten.
Und durch die Streaming-Gottesdienste habe der Chor sogar zwei junge neue Sängerinnen dazu gewonnen. „Ich glaube, die soziale Komponente ist bei Kirchenchören nicht zu unterschätzen“, so die Dirigentin. Das sieht auch Michael Meuers so. Sein Chor an St. Michael zählt trotz Pandemie mit rund 50 Mitgliedern immer noch zu den größeren der Stadt, wobei längst nicht mehr alle aus dem Sprengel im Bottroper Süden kommen.
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Auch seine Da-Pacem-Chöre der verschiedenen Altersgruppen hätten in der letzten Zeit einige Aktive dazu gewinnen können. „Sogar Männerstimmen, die ja in vielen Chören Mangelware sind“, sagt Michael Meuers. Nicht alle Neuzugänge seien geübte Sänger, aber Menschen, die einfach Spaß daran hätten und singen wollten.
Und allen gemeinsam ist: „Sie haben einen Anspruch an sich und spüren, wenn durch die Coronazeit vieles nicht mehr so klingt, wie vorher“, so Meuers. Die Stimme als Organ, der ganze Stützapparat drumherum, das alles können so einrosten, wie beim Sportler, der nicht mehr trainiert. „Da leidet auf einmal die Höhe, Stücke werden tiefer gesungen, der Klang strahlt dann nicht mehr wie in der Originaltonart“, weiß Elisabeth Otzisk.
Manche Chormitglieder verhalten sich immer noch vorsichtig
Aber trotz spürbar stärker werdendem Interesse am Singen lässt die noch nicht verschwundene Pandemie viele Sängerinnen und Sänger in der Praxis noch vorsichtig agieren, auch Jüngere, wenn sie sich zum Beispiel um ältere Angehörige kümmern. Generell spüren beide Chorleiter auch eine Tendenz zu kurzfristigerem Einsatz. „Viele wollen oder können gar nicht jede Woche proben, wenn wir dann aber mit Euphonia zum Beispiel einen Auftritt planen, sind durchaus alle schon einmal an fünf Tagen in der Woche oder ein ganzes Wochenende dabei“, erzählt Elisabeth Otzisk.
Für sie und Michael Meuers steht fest: Chorarbeit ist längst keine despotische Ein-Mann- oder Eine-Frau-Angelegenheit. „Wir diskutieren unser Repertoire, wissen, dass viele auch Anspruchsvolles singen möchten.“ Und beiden ist bewusst: „Ohne die Chorvorstände, die organisiert, geplant und Kontakte gehalten haben, hätten wir die Coronazeit nie so gut überstehen können.“
Chöre von Elisabeth Otzisk und Michael Meuers
Die Da-Pacem-Chöre (insgesamt fünf Ensembles mit unterschiedlichen Schwerpunkten) von Michael Meuers haben ihre Wurzeln im Fuhlenbrock. Sie geben mehrere Konzerte pro Jahr und laden auch zu Schnupperproben ein. Info: dapacem.de. Der Chor von St. Michael mit seinen rund 50 Sängerinnen und Sängern probt immer montags. Infos dazu: st-michael-bottrop.de.Das Kammerensemble Euphonia ist ein Projektchor unter Leitung von Elisabeth Otzisk. Der Chor hat einen Facebook-Auftritt: facebook.com/KammerensembleEuphonia. Kontakt zum Kirchenchor von St. Johannes/St. Franziskus in der Boy gibt es auf: st-johannes-bottrop-boy.de.