Bottrop. Einstiger Elitesoldat Bastiaan Everink übernimmt die Titelpartie in Wagners „Der fliegende Holländer“. Bottroperin Elisabeth Otzisk singt die Senta.
Wetterfest sollen sie sein, nicht zimperlich und schon gar keine Allüren haben: Auf diese Formel brachte Regisseur Thomas Grandoch das Anforderungsprofil an die Sänger für Richard Wagners „Der fliegende Holländer“ auf der Haniel-Halde. Und die Stimme? Für eine Opernproduktion, auf die in weniger als zwei Wochen die Region mit Spannung schauen dürfte, eine Selbstverständlichkeit.
Gerade eben ließen sich Bastiaan Everink und Elisabeth Otzisk bei den Proben am Ort der Aufführung erstmals den Wind um die Nase wehen. Bislang wurde in der Aula des Heine-Gymnasiums geprobt.
Von den riesigen Containern, die draußen das Bühnenbild beherrschen, keine Spur. Nur ein Stahlgerüst und Zahlen als Standortmarkierungen auf dem Boden.
"Wir lassen da oben die Bude krachen"
Für Everink ganz normal. Den früheren Elitesoldaten schrecken körperliche Herausforderungen nicht: „Selbst, wenn das Wetter nicht ideal ist, lassen wir ab 31. Mai da oben die Bude krachen.“ Seit vier Jahren gehört die Partie des „Holländers“ zum Repertoire des Baritons, der Ensemblemitglied der Deutschen Oper Berlin ist. Sicher, Open-Air herrschen andere Bedingungen als im Opernhaus. „Aber egal wo, ich lege die Rolle mit aller Musikalität und vokalen Farben an, so wie kürzlich in Mexico City oder davor in Wiesbaden“, sagt er. Tückisches Wetter kennt er von seinen Auftritten bei den Schweriner Schlossfestspielen. Dort sang er die Baritonpartie in Verdis „Nabucco“.
Stimme - das bedeutet für Everink auch physisches Vergnügen. Eine tolle Stimme zu hören, hat ihn früh fasziniert. Er erinnert sich, wie er sich auf sein Vorsingen fürs Konservatorium vorbereitete: „Ich hatte die Stimme des grandiosen George London im Ohr, als Amfortas im Parsifal.“ Zu den Paraderollen des berühmten amerikanischen Bass-Baritons gehörte übrigens auch der „Holländer“.
Gift für Stimme und Instrumente
Heute genießt Everink selbst dieses Vergnügen. „Es ist wie eine Urgewalt und toll, die in sich zu spüren und dann rauszulassen.“ Zu gastieren in einer Stadt ohne Opern-Infrastruktur, Werkstätten, Ateliers, Probebühnen unter einem Dach? „Ich war überrascht über das Fachwissen, die Betreuung und die Umsetzung hier in Bottrop.“ Das weiß Elisabeth Otzisk natürlich aus Erfahrung.
Die Bottroper Sopranistin kennt das Team schon aus Aida-Tagen vor sechs Jahren. Sie weiß, dass die Halde ihre Tücken haben kann. Kalt und windig: „Beides Gift für Stimme und Instrumente“, meint die Senta der Neuproduktion: „Im Gegensatz zu den Instrumenten können wir uns aber etwas durch Kostüme schützen, José Eduardo Luna macht das hervorragend und flexibel zugleich“.
"Da gehe ich mit gehörigem Respekt dran"
Elisabeth Otzisk ist eher konzertant unterwegs. Senta ist ihre erste komplette Wagner-Partie. „Da gehe ich mit gehörigem Respekt dran, Wagner verlangt immer etwas mehr.“ Sie habe früh angefangen, mit Valtteri Rauhalammi, dem ersten Kapellmeister der Gelsenkirchener Oper, der die Aufführungen leiten wird, die Partie einzustudieren. Gefeilt werde bis zum letzten Moment der Generalprobe – und wenn das Wetter mitspielt, ist der „Schwarze Hügel“ sicher eine der spektakulärsten Holländer-Kulissen überhaupt.