Bottrop. Sein 100-jähriges Bestehen feiert der Chor von St. Michael am Sonntag mit einem Hochamt zum Patronatsfest und abends mit einem Festkonzert in der Bottroper Kirche St. Michael.

Wer heute auf die Zusammensetzung der Kirchenchöre blickt, wird schnell feststellen: Ohne die Frauenstimmen könnten die meisten Chöre schnell dichtmachen. Das war nicht immer so. Bis ins vergangenen Jahrhundert hinein beherrschten die „Herren der Schöpfung“ auch die Musik in den Pfarreien. Das war auch im Chor von St. Michael nicht anders, der - wie auch die Michaelskirche - in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiern kann.

Auch in St. Michael galt bis 1937: Nur Männer waren „chorfähig“ - die hohen Stimmen, Sopran und Alt, mussten von Knaben übernommen werden. Erst als sich ein eklatanter Mangel an Sängerknaben einstellte - sicher: die Nazizeit war einer Kirchenchormitgliedschaft beim Nachwuchs nicht gerade förderlich - erlaubte die bischöfliche Behörde die Bildung eines „Damenchores“, der mit den Herren fusionierte. Geboren war der heutige gemischte Kirchenchor der Gemeinde, der auch im Jubiläumsjahr mit 51 aktiven Sängerinnen und Sängern (fast) aller Altersgruppen gut aufgestellt ist.

Es stimmt nicht nur musikalisch

„Zwar sind die Zeiten, in denen wir 120 Aktive in unseren Reihen hatten wohl endgültig vorbei“, sagt Willi Boos. Dass aber über 80 Prozent der Mitglieder nicht mehr im Pfarrbezirk, zum Teil gar nicht mehr in Bottrop, wohnen, ist für den Vorsitzenden ein Zeichen dafür, „dass es im Chor stimmt“ - und zwar nicht nur musikalisch, sondern auch als Gemeinschaft.

„Das war eigentlich immer so“, erinnert sich Ehefrau Hannelore, Notenwartin in St. Michael. Sie muss es wissen, war doch ihr Vater Hans Disselkamp von 1931 bis zu seinem Tod 1986 Chorleiter - nur unterbrochen durch den zweiten Weltkrieg. Damals erweiterte er das Repertoire um die anspruchsvolle Literatur, die im Grunde bis heute die Leistungsfähigkeit des Michael-Chores prägt. Von Palestrina über die großen Orchestermessen der Klassik und Romantik bis zu schwierigen Oratorien Bachs oder Händels.

Die heute mit 102 Jahren älteste noch lebende Choristin Helene Poppek hat diese Zeit hautnah erlebt. Aber auch Schriftführer Heinz-Jürgen Hippel (55), selbst seit 35 im Chor, kann sich noch lebhaft an „Schwarte“ Disselkamp erinnern. Auch er blieb - wie viele andere mit ihm - trotz seiner Odyssee, die ihn über Essen nach Bottrop zurückführte - die ganzen Jahre „seinem“ Chor treu. Heute sind die jüngeren Mitglieder zwischen 18 und 35 Jahre alt - die ältesten Aktiven 85.

Als Michael Meuers 1999 das Ensemble nach Jahren unter Ursula Kirchhoff (heute in St. Cyriakus tätig) und Regine Schumacher übernahm, konnte er auf solider Basis weiterarbeiten - auch wenn der Finanzrahmen gerade für Konzerte enger wird. Aber das Jubiläumskonzert am Sonntag wird dennoch im großen Rahmen stattfinden.

Etwae 23 offizielle Auftritte pro Jahr. Chorfahrt führt zum Bodensee

Bevor am kommenden Sonntag um 18 Uhr in St. Michael an der Glückaufstraße das Jubiläumskonzert beginnt, ist die Choralschola beim Hochamt zum Patronatsfest um 10 Uhr zu hören. Auch diese Tradition wird von Chorleiter Michael Meuers und acht Männern aufrecht gehalten. Bei dem einstimmigen gregorianischen Gesang handelt es sich immerhin um die älteste Musik des Abendlandes, die - offizielle zumindest - immer noch als d i e liturgische Musik der katholischen Kirche gilt. Und bei vielen Gottesdienstbesuchern sei der lateinische Gesang und die Liturgie in dieser Sprache allen Unkenrufen zum Trotz gefragt, so Meuers.

Etwa 23 Auftritte hat der Chor pro Jahr - überwiegend im Gottesdienst, aber auch bei Konzerten oder Chorfahrten. Ende Oktober geht es an den Bodensee - mit einem Auftritt in der berühmten Klosterkirche Birnau - dem Barockwunder am „Schwäbischen Meer“.

Dann folgt am 1. Dezember um 14 Uhr das Weihefest der St. Michaelskirche, an dem neben Weihbischof Ludger Schepers und vielen ehemaligen Priestern auch OB Bernd Tischler teilnehmen wird.

Beim Konzert jetzt, am 29. September um 18 Uhr zeigt der Chor zusammen mit dem Da pacem-Chor, Solisten und Orchester sein Spektrum vom Barock bis zur Moderne. Eintritt: 10 Euro

Kontakt zum Chor: www.st-michael-bottrop.de