Bottrop. Zwei Verliererparteien bei der Kommunalwahl lassen im tief gespaltenen Bottroper Rat die alte GroKo wieder aufleben: SPD und CDU gegen alle.

Die Große Bottroper Koalition lebt wieder auf. Felsenfest stehen SPD und CDU im Bottroper Rat Seite an Seite und stimmen so ziemlich gegen alles, was nicht aus ihren Reihen kommt. Da konnte Grünen-Fraktionschefin Andrea Swoboda der SPD noch so subtil unter die Nase reiben, dass Bündnisfähigkeit ja schon vom Namen her für das nach der Kommunalwahl im Stadtrat mehr als doppelt so starke Bündnis 90 Programm sei. Die SPD als stärkste Kraft im Rat schmiedet ihr Bündnis nicht mit der drittstärksten Ratspartei, sondern lieber mit der zweitstärksten. Dabei hatte die Union diese unausgesprochene Koalition doch vor ein paar Jahren noch im Streit um die Erhöhung der Grundsteuern demonstrativ aufgekündigt.

Doch nun tun sich die beiden Verliererparteien der Ratswahl wieder zusammen und machen so selbst die von drei auf acht Ratsleute angewachsenen grünen Gewinnerinnen ziemlich bedeutungslos. Die sich auf Bundesebene im Augenblick abzeichnende dagegen geradezu moderne Berliner Dreierkoalition aus SPD, Grünen und FDP lässt das erneuerte alte Bottroper GroKo-Bündnis da zwar regelrecht anachronistisch erscheinen, doch hatte es sich durch den CDU-Verzicht auf einen eigenen OB-Kandidaten bei der Kommunalwahl nicht ohnehin schon abgezeichnet?

SPD und CDU lassen Bottroper Grüne wortlos abblitzen

Spätestens kurz vor der Beratung des Etats für das Jahr 2022 setzten SPD und CDU mit der Ankündigung, ein neues Verwaltungsdezernat fürs Soziale zu schaffen, ihre Signale endgültig auf rot-schwarz. GroKo gegen alle – richtig sichtbar wurde die tief gehende Spaltung im Stadtrat dann, bevor dessen Beratung überhaupt begann. Die Grünen versuchten vergeblich, die Entscheidung noch von der Tagesordnung zu bekommen. Wie fast alle anderen Ratsparteien auch, kritisierten sie, dass die Verwaltung nur SPD und CDU schon früh über ihren Personalcoup informiert hatte. Ohne auch nur ein Wort zu verlieren, ließen SPD und CDU mit ihrer Mehrheit gegen alle anderen den Versuch aber abblitzen.

Stadtkämmerer Jochen Brunnhofer legte dem Bottroper Stadtrat den städtischen Haushaltsplan für das kommende Jahr 2022 zur Verabschiedung vor.
Stadtkämmerer Jochen Brunnhofer legte dem Bottroper Stadtrat den städtischen Haushaltsplan für das kommende Jahr 2022 zur Verabschiedung vor. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Der selten um eine kleine Provokation verlegene Linke-Ratssprecher Nils Schmidt titulierte die neue alte Große Koalition daraufhin etwas später als Beutegemeinschaft, und in der rechtspopulistischen Ecke des Rates merkte AfD-Ratsherr Patrick Engels geradezu hämisch an: Konservativ sei die Bottroper Union ja sowieso schon lange nicht mehr, falls sie es denn überhaupt jemals gewesen sei. Während bei Schmidts spitzen Bemerkungen bei einigen GroKo-Ratsleuten zumindest die Mundwinkel vorm Beinahe-Lachen kurz zuckten, hörten die AfD-Häme nur wenige. Denn bei Engels Rede hatten viele den Saal verlassen.

Spott von links und Häme von rechts für die neue alte GroKo in Bottrop

Zum Geburtstag gratuliert

Weil die CO2-Ampel in der Aula der Hauptschule Schule zu viel verbrauchte Luft anzeigte, unterbrach Oberbürgermeister Bernd Tischler die Beratung des Stadtrates schon beim dritten Tagesordnungspunkt. Die allermeisten Ratsvertreter verließen für zehn Minuten den Saal, damit dieser gut durchgelüftet werden konnte.Noch vor der Sitzung gratulierte Bernd Tischler einem Ratsvertreter zum Geburtstag: Niels Schmidt. Der Linke-Sprecher bekam außerdem einen Strauß Blumen.

Völlig unbeeindruckt von Spott und Häme zog die neue alte GroKo ihre Linie durch. SPD und CDU gegen alle anderen verabschiedeten den Bottroper Etat für das Jahr 2022, bei der Stadtkämmerer Jochen Brunnhofer gemessen an den Gesamtsummen von 456 Millionen Euro mit einem Mini-Überschuss von 210.000 Euro rechnet. SPD-Fraktionschef Thomas Göddertz und CDU-Sprecher Volker Jungmann beklagten fast wortgleich, dass die Kosten der Corona-Krise die Stadt auch die kommenden 50 Jahre noch finanziell belasten werde.

Wie die Grünen kritisierte auch ÖDP-Ratsfrau Marianne Dominas, dass die neue alte Große Bottroper Koalition schon in den Beratungen vor der jetzigen Verabschiedung des Haushaltes nicht einen einzigen Vorschlag der anderen Ratsparteien überhaupt auch nur beachtet habe. Auch Linke-Sprecher Schmidt beklagte, dass andere Ideen wortlos regelrecht niedergestimmt worden seien. Für die Liberalen drückte Ratsherr Andreas Mersch dieselbe Kritik so aus: „Zur Zusammenarbeit ist die FDP bereit, Sie müssen sie aber auch zu lassen“ – SPD und CDU gegen alle.