Bochum. Kein Bus, keine Bahn fährt am Montag in Bochum. Nicht jeder hat das mitbekommen. Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus - hier sind Stimmen.

In der Hand hält Greta Hahne, 22, ihr Smartphone, ihre Augen sind weit aufgerissen, während sie in Richtung U-Bahn hastet, bis ihr dämmert, dass an diesem Montag Stillstand herrscht. „Ich muss unbedingt zur Uni“, erzählt sie, „ich schreibe eine pädagogische Klausur“. Die Uhren auf der Verteilerebene unter dem Bochumer Hauptbahnhof verraten, dass es 9.15 Uhr ist. Um 10 Uhr muss Hahne am Schreibtisch sitzen. Was bleibt? Ein Taxi. „Hoffentlich kann ich da mit Karte zahlen“, sagt die Studentin noch, dann eilt sie weiter.

Sämtliche Busse und Bahnen bleiben am 10. Februar im Depot. Die Gewerkschaft Verdi hat im Tarifstreit im öffentlichen Dienst zum Warnstreik im ÖPNV aufgerufen – auch die Bogestra wird bestreikt. Und so versperrt rot-weißes Flatterband, das provisorisch festgeknotet wurde, den Zugang zu den Gleisen der U35. Normalerweise begegnen sich hier unterm Bahnhof an einem Montag Arbeitnehmer, Studentinnen, Schüler, Familien, Rentnerinnen; diesmal aber kommen nur vereinzelte Pendler vorbei und bleiben verdutzt vor dem Flatterband stehen.

Endstation, bevor es losgeht.

Rot-Weißes Flatterband versperrt den Weg zur U35 in Bochum.
Rot-Weißes Flatterband versperrt den Weg zur U35 in Bochum. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

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Warnstreik in Bochum: Bogestra hat früh auf den Stillstand hingewiesen

Verdi fordert unter anderem acht Prozent mehr Lohn; und die Gewerkschaft weiß, dass der Streik ein mächtiges Instrument ist, weil eine Stadt ohne öffentlichen Dienst nicht funktioniert. Bloß trifft die Arbeitsniederlegung vor allem Unbeteiligte. Um Ärger zu vermeiden, hat die Bogestra daher bereits in der vergangenen Woche auf den Stillstand hingewiesen, trotzdem schauen auch oben am Busbahnhof einige fragend auf ihr Smartphone. Fährt denn wirklich nichts?

„Nein, anscheinend nicht“, sagt Katharina Klöster, 37. Die Doktorantin kommt aus Marl, muss unbedingt zur Uni. „Ich bin sehr verärgert.“ Ihr Auto habe sie zu Hause stehen lassen, weil die Fahrt mit dem öffentlichen Nahverkehr normalerweise angenehmer sei. „Jetzt muss ich zurückfahren und dann mit dem Auto zur Universität.“

Mezoe Agwuegbo, 30, hat Verständnis für den Warnstreik.
Mezoe Agwuegbo, 30, hat Verständnis für den Warnstreik. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

In Bochum wird gestreikt, in vielen anderen Städten nicht

Hier am Hauptbahnhof stranden vor allem die, die in den Städten des Ruhrgebiets leben, in denen der ÖPNV nicht bestreikt wird und die deswegen nichts mitbekommen haben von dem Arbeitskampf, den sie nun ausbaden müssen. So wie Mezoe Agwuegbo, 30, aus Dortmund, der zur Haltestelle „Punges Feld“ muss. „Ich finde es nicht verkehrt, dass gestreikt wird, auch wenn uns das jetzt empfindlich trifft. Aber nur so können die Arbeitnehmer ihre Interessen vertreten“, sagt er. Wie es für ihn jetzt weitergehe, wisse er noch nicht. „Vielleicht rufe ich auf der Arbeit an, dass ich erst morgen komme.“

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Es sei „super nervig“, meint Maria Worm, sie habe den Streik „gar nicht auf dem Schirm gehabt“. Die 24-Jährige arbeitet an ihrem Doktortitel in Neurobiologie, sie muss deswegen ebenfalls zur Universität. „Mir bleibt jetzt wohl nichts anderes übrig, als wieder nach Hause zu fahren. Ich verstehe, dass gestreikt wird. Doch leider habe ich davon nichts mitbekommen.“

Maria Worm, 24: „Ich verstehe, dass gestreikt wird. Doch leider habe ich nichts mitbekommen.“
Maria Worm, 24: „Ich verstehe, dass gestreikt wird. Doch leider habe ich nichts mitbekommen.“ © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Am Dienstag endet der Warnstreik in Bochum

Dass einige am Busbahnhof die Hoffnung haben, vielleicht doch noch mitgenommen zu werden, liegt daran, dass auf den Bildschirmen etwa die Buslinie 356 in Richtung Ruhr-Uni weiterhin angezeigt wird, obwohl sie gar nicht kommt. Auch in der Smartphone-App der Deutschen-Bahn wird der Streik nicht angegeben. „Ich habe gerade erst erfahren, dass nichts fährt“, beklagt Nazli Özen, 26, aus Wetter. „Das ist blöd, jetzt stehe ich hier, ansonsten hätte ich mir ein Auto organisieren können.“

Zehn Minuten dauert der Fußmarsch zum Rathaus in Bochum, auch dort versperrt Flatterband den Zugang zur U-Bahn-Haltestelle. Das Gleis in der Tiefe ist trotzdem hell erleuchtet, sogar die Rolltreppen funktionieren, als könnte es jeden Moment wieder losgehen. Niemand hat sich hierhin verirrt, eine Oase der Ruhe mitten in der Stadt. Bis Dienstag, dann knubbeln sich unter der Erde wieder die Pendler und Pendlerinnen.

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