Bochum. Viele Millionen Euro würde es kosten, die Bogestra-Linie U35 auszubauen. Was dafür spricht und wovon eine Umsetzung letztlich abhängen könnte.

Es stand mal ganz oben auf der Wunschliste von Verkehrsplanern, Politikern und Verfechtern des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV): eine Direktverbindung zwischen Recklinghausen und Witten, möglichst schnell, ohne Umstieg, hochmodern. Geworden ist daraus am Ende „nur“ die Campuslinie (U35) der Bogestra zwischen Herne und der Bochumer Hustadt. Eine unvollendete Linie also. Jetzt keinem die Hoffnungen auf den „großen Wurf“ wieder auf.

Kreistag in Recklinghausen spricht sich für Verlängerung der U35 aus

Denn: Der Kreistag in Recklinghausen hat beschlossen, die Verlängerung der U35 von Herne-Schloss Strünkede zum Hauptbahnhof nach Recklinghausen für den neuen ÖPNV-Bedarfsplan des Landes NRW anzumelden. Eine Entscheidung, die auch in Bochum mit großem Interesse aufgenommen wird. „Die CDU begrüßt ausdrücklich die angedachte Verlängerung“, sagt Stefan Jox, der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Bochumer Rat. Vor 40 Jahren habe die Stadt Recklinghausen der Linie noch eine Absage erteilt, vor allem die Kaufmannschaft in der Nachbarstadt hatte negative Auswirkungen befürchtet. Nun könnte eine direkte Verbindung von Recklinghausen bis zur Bochumer Ruhr-Universität Wirklichkeit werden.

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Aus Sicht von Jox ist das der richtige Weg: „Verkehrsplanung darf nicht an den jeweiligen Stadtgrenzen aufhören. Das im Ruhrgebiet verbreitet vorherrschende Kirchturmdenken müssen wir überwinden. Mit der städteübergreifenden Verlängerung der Erfolgslinie U35 würden mit Recklinghausen, Herne und Bochum drei Städte miteinander verbunden, und die Nord-Süd-Achse im mittleren Ruhrgebiet würde weiter gestärkt.“ Der Kreis Recklinghausen erhoffe sich von der Verlängerung der Campuslinie eine „signifikante Verlagerung vom Autoverkehr hin zum ÖPNV“.

Land NRW entscheidet, ob die Verlängerung der U35 eine echte Option ist

Ob eine Verlängerung der U35 ernsthaft ins Auge gefasst wird, bleibt abzuwarten. Verbunden ist sie auf jeden Fall mit einem langen Verfahrensweg. Die Bezirksregierung muss der Antragstellung folgen, das Land zu einer positiven Kosten-Nutzen-Analyse sowie Umweltprüfung kommen und am Ende muss der Landtag zustimmen. Ein langer Weg.

Kritiker halten ihn per se für aussichtslos. Planung und Umsetzung würde viel zu lange dauern, die Kosten wären erheblich. Da Recklinghausen seine Straßenbahnschienen längst entfernt hat, müsste eine neue Trasse gefunden und gebaut werden. „Die ursprüngliche Planung aus dem Stadtbahnkonzept sieht im südlichen Recklinghausen eine unterirdische und im nördlichen Teil eine oberirdische Führung vor“, heißt es beim Kreis Recklinghausen.

Bislang endet die U35 an der Haltestelle Schloss Strünkede in Herne. Nun gibt es Überlegungen, die Linie weiter nach Recklinghausen zu führen.
Bislang endet die U35 an der Haltestelle Schloss Strünkede in Herne. Nun gibt es Überlegungen, die Linie weiter nach Recklinghausen zu führen. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Kosten und Wegstrecke der U35-Verlängerung sind noch nicht klar

Auf welche Variante es auch hinausliefe: Es dürfte teuer werden. Zwei Beispiele: Etwa 960 Millionen D-Mark hat allein der U35-Abschnitt zwischen Bochum und Herne gekostet; zu 60 Prozent finanziert vom Bund, zu 30 Prozent vom Land und zu zehn Prozent von den beteiligten Städten Bochum und Herne. Und: Die Kosten für die Verlängerung der Straßenbahnlinie 310 von Langendreer nach Witten lagen bei etwa 60 Millionen Euro.

Befürworter der Verlängerung dürfte optimistisch stimmen, dass das U35-Projekt auch schon im noch gültigen ÖPNV-Bedarfsplan von 2006 steht und bereits in der Maßnahmenliste der Bezirksregierung Münster stand. Und: Der Bedarf für eine gute Verbindung sei immens. „Da auf der angedachten Verlängerung von Herne nach Recklinghausen die heute am höchsten ausgelastete Buslinie im Kreisgebiet, die Linie SB20, verkehrt, ist eine Kosten-Nutzen-Untersuchung für ein schienengebundenes Verkehrsmittel aus verkehrsplanerischer Sicht sinnvoll“, sagt Lena Heimers, Sprecherin des Kreises Recklinghausen. Nach Auskunft des Nahverkehrsunternehmens im Kreis Recklinghausen, der Vestischen Straßenbahnen, nutzen jedes Jahr allein an Wochentagen insgesamt 2,7 Millionen Fahrgäste den SB20; 433.000 sind es am Samstagen und 239.000 an Sonntagen.

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Allerdings gibt es mittlerweile eine ÖPNV-Alternative für die U35-Verlängerung: Seit Anfang 2024 fährt der RE41 von Haltern am See nach Bochum ein, zwischen den Hauptbahnhöfen Recklinghausen und Bochum benötigt er nur 20 Minuten. Der Haken: Der Zug fährt nur einmal in der Stunde. Und noch ist nicht sicher, ob er über 2028 hinaus zum Angebot des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) gehören wird.

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