Bochum. Can Sefzick und Nicklas Sott betreiben die „Ruhr Lasertag“-Halle in Bochum. Zu Weihnachten laden sie Wohngruppen aus Heimen ein. So kam es dazu.
Es blinkt. Rot und grün und blau leuchten die kleinen Lämpchen rundherum auf, aber Weihnachten ist trotzdem nicht das Erste, was einem an diesem Ort in den Sinn kommt. Can Sefzick (29) und Nicklas Sott (33) stehen in ihrer Halle an der Herner Straße in Bochum. Seit Oktober 2023 betreiben sie „Ruhr Lasertag“: Lasertag, das ist eine moderne Variante von „Fangen und Verstecken“ – die Spielenden ziehen Westen an, bekommen jeweils eine Laserpistole und tauchen in die abgedunkelte Halle mit ihrer verwinkelten Fantasiewelt ab. Wer Ziele trifft, sammelt Punkte. Wer selbst getroffen wird, verliert welche.
„Wir wollen denen, die es nicht so schön haben, die Zeit ein bisschen schöner machen.“
Soweit die Grundlagen. Das hier soll keine Einführung ins Lasertag sein, sondern eine etwas andere Weihnachtsgeschichte. Wenn Geschäfte und Lokale an Heiligabend schließen, sich die Stadt ins Private zurückzieht, werden Sefzick und Sott am Empfangstresen ihrer Event-Arena stehen. Zu Weihnachten laden sie Heimkinder und -jugendliche zum kostenlosen Spielen ein. „Es gibt Menschen, die an Heiligabend keinen Spaß haben“, sagt Geschäftsführer Can Sefzick. „Wir wollen denen, die es nicht so schön haben, die Zeit ein bisschen schöner machen.“
+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bochum verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Newsletter! +++
Sieben Gruppen kommen an Heiligabend in der Bochumer Halle spielen
Die Idee sei im vergangenen Jahr spontan entstanden, erzählt Prokurist Nicklas Sott. Da rief kurz vor Weihnachten eine Mutter an: Ihr Sohn habe am 24. Dezember Geburtstag und würde so gerne einmal etwas unternehmen. Alles habe geschlossen – ob sie nicht vielleicht zum Spielen kommen könnten? „Wenn wir eh öffnen“, dachten die beiden Chefs, „könnten wir doch auch noch anderen Leuten eine Freude machen.“ Also schrieben sie kurzfristig Jugendhilfeeinrichtungen und Wohngruppen in Bochum und Umgebung an. Drei Gruppen kamen.
In diesem Jahr haben sie schon früher eingeladen. Vier Gruppen haben sich für den Zeitraum 12 bis 15 Uhr angesagt, drei weitere kommen von 15 bis 18 Uhr spielen. „Die Kinder freuen sich schon total darauf“, erzählt Susanne Salmouk, die in Essen das „Kinderhaus Salmouk“ betreibt. Lasertag spielen gehen, das sei sonst nicht drin, „das könnten wir nicht bezahlen“.
- Lesen Sie auch: Leben im Heim: „Versuchen, ein Gefühl von Zuhause zu geben“
- Hintergrund: So viele Kinder und Jugendliche leben in Bochum im Heim
Einladung zu Weihnachten: Drei Stunden Ablenkung geschenkt
Das Angebot sei also ganz grundsätzlich eine schöne Sache für die Gruppe und das Gruppengefühl, sagt Salmouk. An diesem Tag aber sei es besonders willkommen: Einige Kinder würden zu Weihnachten gerne nach Hause zu ihrer Herkunftsfamilie, könnten aber aus unterschiedlichen Gründen nicht. Die seien „kribbelig“ in diesen Tagen, auch „ein bisschen down“ – und an Heiligabend dann „mal drei Stunden abgelenkt“, ehe es zur gemeinsamen Weihnachtsfeier wieder ins Kinderhaus geht.
Auch Cafer Cakmak von der Babylon Kinder- und Jugendhilfe in Castrop-Rauxel schickt am Heiligabend eine Wohngruppe nach Bochum. Die Augen der Kinder, überwiegend zwölf Jahre alt, seien „groß geworden“, als sie davon erfuhren, erzählt er. „Solche Events sind immer mit Kosten verbunden, die wir von den Geldern, die wir bekommen, nicht decken können.“ Hinzu kommt: Waffen, auch Spielzeugwaffen, sind normalerweise verboten in der Wohngruppe. Die Lasertag-Halle sei ein geschützter Raum, hier könne man das Spiel pädagogisch begleiten.
+++ Folgen Sie der WAZ Bochum auf Facebook! +++
Die Heiligabend-Sonderschicht übernehmen die Chefs selbst
Auch Can Sefzick ist wichtig, dass er nicht etwa zum Ballern an Heiligabend einlädt: „Lasertag ist keine Kriegssimulation“, sagt er, „wir arbeiten hart dran, dass das Image sich ändert.“ 95 Prozent der Kundschaft seien Kindergeburtstage. „Das ist modernes Fangenspielen.“ Für die Kinder, sagt Cafer Cakmak, sei der Ausflug: „Ein Highlight!“
Ihre Mitarbeiter haben am Heiligabend frei, die Chefs selbst übernehmen. Er komme aus der Gastronomie, erzählt Nicklas Sott, er habe immer an den Feiertagen gearbeitet. Seine Frau sei Krankenschwester, arbeite Nachtschicht an Heiligabend. „Letztes Jahr hatten die Kinder hier sehr viel Spaß“, erzählt der 33-Jährige, „und das hat mir dann auch Spaß gemacht.“
Can Sefzick hingegen wird nach der etwas anderen Weihnachtsaktion heimfahren zu Frau und zwei Töchtern, fünf und knapp zwei Jahre alt. Das Krippenspiel der Fünfjährigen wird er verpassen. Aber dafür mehreren Dutzend Kindern ein paar sorglose Stunden beschert haben.