Ruhrgebiet. Nicht alle dürfen feiern, viele müssen an den Feiertagen auch arbeiten. Wie ist das für Sie, Herr Duda, Heiligabend auf Station?

Einer muss den Job ja machen, den Laden am Laufen halten: Weihnachten ist das Fest der Familie, doch längst nicht für alle. An den Feiertagen müssen viele Mütter, Väter, Söhne und Töchter auch arbeiten. Bei der Feuerwehr oder Polizei, in Notaufnahmen und Krankenhäusern, Stadtwerken, Restaurants oder Gefängnissen. Manche fahren Taxi, andere Lokomotiven; manche versorgen die Elefanten im Zoo, andere reparieren geplatzte Wasserrohre. Wir haben drei Menschen getroffen, die in diesem Jahr an Weihnachten Dienst haben und sie gefragt: Wie ist das für Sie, Herr Duda, Herr Preuß, Frau Kernspecht-Schletter?

Hier das Protokoll des Krankenpflegers Sven Duda. Der 38-Jährige ist ledig und arbeitet im Wattenscheider Marien-Hospital, das zum Katholischen Klinikum Bochum (KKB) gehört.

Zwei weitere Protokolle

„Wäre ich lieber zu Hause?“ Sven Duda stellt sich diese Frage nicht mehr

Wäre ich Heiligabend lieber zuhause als auf Station? Diese Frage stelle ich mir nicht mehr. Das habe ich getan, bevor ich eine Ausbildung in der Pflege begonnen habe.

Seit ich 2010 im KKB angefangen habe, habe ich nur fünfmal zu Hause gefeiert. Ich mag Weihnachten, aber das ist okay, ich beklage mich nicht. In diesem Jahr bin ich an Heiligabend sowie am 1. und 2. Feiertag für die Spätschicht eingeteilt, 12.45 Uhr bis 21.15 Uhr. Ich habe mich freiwillig gemeldet, ich habe ja keine Kinder. Zusammen mit einer Kollegin bin ich zuständig für Station 7. Das ist die geriatrische Früh-Reha, 32 Betten.

Wenn an Heiligabend das Abendessen ausgegeben ist, machen Sven Duda und seine Kollegin, die mit ihm Spätdienst hat, „eine kleine, nette Pause“. Mit Butterbrot statt Festmahl.
Wenn an Heiligabend das Abendessen ausgegeben ist, machen Sven Duda und seine Kollegin, die mit ihm Spätdienst hat, „eine kleine, nette Pause“. Mit Butterbrot statt Festmahl. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Manche Familien verlegen ihr Weihnachtsfest in die Klinik

Für die Patienten ist Weihnachten schwerer als für uns. Es ist doch ein sehr emotionales Fest. Deshalb ist es an diesen Tagen besonders wichtig, sich Zeit für Gespräche zu nehmen, zuzuhören. Einige bekommen Besuch von Verwandten. Für die bereiten wir im Aufenthaltsraum immer ein paar Tische vor. Manche bringen sogar Geschenke mit oder ihr traditionelles Essen. Keinen Truthahn, natürlich, aber oft Kartoffelsalat mit Würstchen.

An Weihnachten fließen viele Tränen auf Station. Am schlimmsten ist es für die, die vergeblich warten. Und vielleicht denken: Es könnte mein letztes Weihnachten sein …. Auch mich macht das sehr traurig, wenn ich jemanden so einsam sehe. Ich checke daher meist schon im Vorfeld, wer wohl ein bisschen mehr Zuneigung brauchen wird. Und dann reden wir. Das wirkt befreiend. Viele erzählen von Kindern, die den Kontakt abgebrochen haben. Und sie sagen, ja, das lag an mir, ich habe mich falsch verhalten. Aber jetzt ist es zu spät, das wieder einzurenken…

„Am schlimmsten ist es für die, die vergeblich auch Besuch warten“

Solche Erlebnisse machen mir deutlich, wie gut ich es habe, dass meine Familie gesund ist, dass alle zusammen sein können. Streitigkeiten, über die man sich geärgert hat, erscheinen mir an solchen Tagen völlig belanglos.

Ich selbst feiere mit meiner Familie vor dem Dienst, gegen elf Uhr. Das hat sich so eingebürgert. Wenn ich Glück hab, ist die Gans schon fertig, dann krieg ich eine Portion vorab. Die anderen machen allein weiter, wenn ich gehe. Später zeigen sie mir Bilder von der Bescherung, das muss reichen.

Was mich „entschädigt“ für das versäumte eigene Fest? Die Dankbarkeit der Patienten. „Es war Weihnachten so schön mit Ihnen, Herr Duda“ – das höre ich oft. Und: „Sind Sie Silvester auch da?“ Aber Silvester hab ich frei.