Bochum. Im Kampf gegen Krebs gibt es viele verschiedene Ansätze. Bei einigen macht die Forschung deutliche Fortschritte. Drei Ärzte aus Bochum erzählen.
Die moderne Medizin immer größere Fortschritte und Hoffnung auf Heilung trotz einer Diagnose, die einem erstmal den Boden unter den Füßen wegzieht: Krebs. Darüber berichteten drei Fachärzte aus Bochum beim WAZ-Medizinforum im Knappschaftskrankenhaus in Bochum-Langendreer. Roboter-OPs mit der Konsole, Zauberkugeln, Killerzellen – die moderne Medizin macht inzwischen vieles möglich.
WAZ-Medizinforum in Bochum zum Thema „Maßgeschneiderte Krebs-Medizin“
Prof. Andreas Schnitzbauer, Direktor der Klinik für Chirurgie im Knappschaftskrankenhaus, schwärmt von den Möglichkeiten der Robotik – auch wenn sie noch nicht in Langendreer zum Einsatz kommt. „Da sitzen die Kollegen an der Konsole und übernehmen Teile der Operation.“ Das bringe gleich mehrere Vorteile: Der Eingriff sei weniger invasiv, „und wir bekommen den Tumor gleich gut heraus“.
„Je besser sich Patienten im Vorfeld einer OP daran halten, umso schneller kommen sie anschließend wieder auf die Beine“
Die Zeit im Krankenhaus verkürze sich dadurch deutlich für die Patienten, „sie kommen auch schneller wieder auf die Beine“. Schnitzbauer spricht von einem „kompletten Unterschied“ zu bisher üblichen Operationen. „Die Patienten sind schon einen Tag nach der OP wieder fit und fragen mitunter, ob sie überhaupt operiert worden seien.“
Die Krebstherapie in der Chirurgie sei inzwischen ein „interdisziplinärer Teamsport“ geworden, so Schnitzbauer weiter. Nach der Diagnose würden ganz viele einzelne Fachabteilungen zusammenarbeiten und beraten: Onkologen, Chirurgen, Narkoseärzte, Radiologen, Pathologen, Psychologen... Und: „Wir hören nicht am Freitagnachmittag auf damit, sondern sind 24/7 im Einsatz.“
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Der Behandlungserfolg hängt für Schnitzbauer ganz wesentlich von einer guten OP-Vorbereitung ab. Bislang sei bei Krebs meist sofort operiert worden. „Da hat man dann nachher oft gedacht, dass man das hätte durchaus besser vorbereiten können.“ In der modernen Medizin verfolge man inzwischen einen anderen Ansatz, um den Patienten vor dem Eingriff fitter zu machen. Die Vorbereitung beginnen somit schon weit früher als am Vortag der OP. Schnitzbauer nennt das „Reha vor der OP“.
Konkret klingt diese Vorbereitung nach der ärztlichen Dauerempfehlung, die ein jeder stets zu hören bekommt: viel bewegen, sich gesund und ausgewogen ernähren und für ein gutes Wohlbefinden sorgen. „Je besser sich Patienten im Vorfeld einer OP daran halten, umso schneller kommen sie anschließend wieder auf die Beine“, sagt Prof. Schnitzbauer und stützt sich dabei nach eigenen Angaben auf weltweite Studien. Denen zufolge treten bei einer guten OP-Vorbereitung 50 Prozent weniger Komplikationen auf.
„Zwei neue Chemo-Substanzen machen große Hoffnung.“
Von maßgeschneiderten Therapiekonzepten berichtet Prof. Corinna Seliger-Behme, Direktorin der Klinik für Neurologie im Knappschaftskrankenhaus. Sie ist spezialisiert auf Hirntumore und weiß, wie unterschiedlich diese sind und wie unterschiedlich sie daher auch behandelt werden müssen. Seit Sommer gebe es zwei neue Chemo-Substanzen, „die große Hoffnung machen“, mehr Hirntumore heilen zu können. Diese Wirkstoffe würden über eine Tablette „direkt ins Hirn gehen und das Wachstum der Tumore hemmen“.
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In Europa zugelassen seien diese Medikamente noch nicht, sagt Seliger-Behme. „Doch es gibt sie über ein spezielles Programm der Arzneimittelbehörde. Es sind ein paar Hürden zu überwinden, aber das ist machbar.“
Zauberkugeln und Killerzellen sind Schwerpunkt von Prof. Roland Schroers, Direktor Zentrum für Onkologie Knappschaft-Kliniken, beim WAZ-Medizinforum. „Zauberkugel“ nennt der Mediziner die Pille, die Ende der 90er Jahren in den USA entwickelt wurde. Deren Wirkung sei beachtlich, zumindest bei chronischer Leukämie. Es reiche inzwischen eine einzige Tablette am Tag, um diese Form des Blutkrebs im Griff zu behalten und ein weitgehend normales Leben zu führen. „Die Hälfte der Patienten werden sogar vollständig geheilt“, berichtet Schroers.
„Die Glivec-Tablette ist neue Munition gegen die chronische Leukämie.“
Durch die Glivec-Tablette habe man „neue Munition gegen die chronische Leukämie“ erhalten. Der Arzneistoff greife gezielt in die Zellteilung ein und behebe den „Programmierfehler“, der zu Krebs führe. Noch weiter gehen laut Schroers die sogenannten Killerzellen. Diese umprogrammierten T-Zellen (diese werden im Knochenmark gebildet) werden quasi gezielt auf Krebszellen angesetzt, um diese abzutöten. Der Durchbruch sei vor zwölf Jahren gelungen, erzählt Prof. Schroers, bei einer eigentlich austherapierten jungen Patientin in den USA. Nach mehreren erfolglosen Behandlungen u.a. mit zwei Stammzellenspenden habe man es mit Killerzellen probiert – äußerst erfolgreich. Das Mädchen hat überlebt und ist inzwischen erwachsen. Eines von immer mehr positiven Beispielen, die Mut machen.
+++Was macht die WAZ Bochum eigentlich bei Instagram? Die Redakteurinnen Inga Bartsch und Carolin Muhlberg geben im Video einen Einblick.+++