Bochum. Prof. Richard Viebahn nimmt nach 22 Jahren Abschied. Organ-Transplantationen waren seine Spezialität. Sein Nachfolger ist schon da.

„Es ist nicht zu fassen, dass das nicht in die Köpfe hineingeht!“ Prof. Richard Viebahn lässt keinen Zweifel: Für die Gegner der Widerspruchslösung bei Organspenden bringt er keinerlei Verständnis auf. Dass es dafür eine neue Initiative im Bundestag gibt, erfüllt den 66-Jährigen mit Freude und Zuversicht: gerade rechtzeitig zum Abschied vom Knappschaftskrankenhaus in Langendreer, wo der Ausbau des Transplantationszentrum zu seinem Lebenswerk gehört.

Prof. Viebahn nimmt Abschied – nach 44.000 Operationen

Nach dem Herzchirurgen Prof. Andreas Mügge (St.-Josef-Hospital, Bergmannsheil) geht binnen eines halben Jahres mit Richard Viebahn ein weiterer Bochumer Top-Mediziner in den Ruhestand. Nach seinem Medizinstudium in Kiel und Münster und Stationen als Fach-, Ober- und Chefarzt in Hannover, Tübingen und Essen war der gebürtige Gummersbacher 2002 als Direktor der Chirurgischen Klinik ins Bochumer Universitätsklinikum gewechselt.

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Seither verantwortete er 44.000 Operationen, davon 10.000 Krebs-OPs. Die Gründung des bundesweit ersten Darmkrebszentrums (mit Prof. Wolff Schmiegel) zählt für den langjährigen Ärztlichen Klinikdirektor (2009 bis 2017) ebenso zu den Meilensteinen wie das Zentrum für Speiseröhrenkrebs. Auch die Nachsorge ist für Viebahn dabei von großer Bedeutung: „Chirurgie ist beileibe nicht nur die Operation allein.“

Transplantationszentrum rangiert bundesweit in der Spitzengruppe

Internationale Bekanntheit und Anerkennung erlangten Viebahn und das Knappschaftskrankenhaus mit dem Transplantationszentrum. Mit mehr als 3000 Nieren- und Bauchspeicheldrüsen-Verpflanzungen ist es eines der größten in Deutschland, bei Pankreas (Bauchspeicheldrüsen) sogar führend.

Bislang 2200 Patientinnen und Patienten wurde in Langendreer ein neues Leben geschenkt: vielfach mit einer gleichzeitigen Nieren- und Pankreas-Transplantation in einer bis zu acht Stunden dauernden Doppel-OP. Zunehmende Bedeutung gewinnen Lebendnieren-Spenden: oft mit Organen von nahen Angehörigen der Patienten.

Nach 22 Jahren als Chef-Chirurg und Leiter des Transplantationszentrums nimmt Prof. Richard Viebahn Abschied vom Knappschaftskrankenhaus Langendreer.
Nach 22 Jahren als Chef-Chirurg und Leiter des Transplantationszentrums nimmt Prof. Richard Viebahn Abschied vom Knappschaftskrankenhaus Langendreer. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Widerspruchslösung soll Zahl der Spenderorgane erhöhen

Deren Leid hat Viebahn vor Augen, wenn er sich – auch als Mitglied mehrerer medizinischer Fachgesellschaften –für die Widerspruchslösung stark macht. Dabei müssen die Bürger ausdrücklich „Nein“ sagen, wenn sie gegen eine Organentnahme nach ihrem Tod sind. Sonst werden sie automatisch zum Spender. Derzeit ist dafür ein Ausweis vonnöten.

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In vielen europäischen Ländern zeige die Regelung nachhaltige Erfolge, betont Viebahn. Es sei „extrem ungerecht“, dass etwa Diabetes-Patienten hieruzulande im Durchschnitt acht Jahre auf eine neue Niere warten müssten und vielfach sterben, während etwa in Spanien nur ein Jahr bis zur Transplantation vergehe. Es fehlten dringend Spenderorgane. Dass Bundestagsabgeordnete derzeit parteiübergreifend einen erneuten Versuch für die Widerspruchslösung starten, sei ausdrücklich zu begrüßen.

Klinikdirektor will im Ruhestand Selbsthilfegruppen beraten

Für „sein“ Knappschaftskrankenhaus sieht Viebahn gute Perspektiven. Zwar ist es ihm während seiner Dienstzeit nicht gelungen, das Transplantationszentrum um Leber-Verpflanzungen zu erweitern. Diesem Ziel könne man im Zuge der Klinikreforum aber näher kommen. Deren Vorgabe „Stärken stärken“ treffe für das Zentrum defitiniv zu.

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Richard Viebahn wird die Entwicklung weiterhin aufmerksam verfolgen. Zwar wolle er nach einem herausfordernden Berufsleben „mit 24/7 Chirurgie“ nun mehr Zeit mit der Familie verbringen und seine Hobbys neu beleben, darunter die Trompete und die Modelleisenbahn. Den Organ-Transplantierten wolle er mit seiner enormen medizinischen Expertise aber auch im Ruhestand verbunden bleiben, kündigt der scheidende Chefarzt im WAZ-Gespräch an: nicht mehr in der Klinik, sondern als Berater von Selbsthilfegruppen.

Prof. Andreas Schnitzbauer (Mitte) ist Nachfolger von Richard Viebahn als Direktor der Chrirurgischen Klinik, hier bei seiner Einführung Anfang August.
Prof. Andreas Schnitzbauer (Mitte) ist Nachfolger von Richard Viebahn als Direktor der Chrirurgischen Klinik, hier bei seiner Einführung Anfang August. © Fotoabteilung UKKKBochum

Nachfolger wechselt vom Uni-Klinikum Frankfurt nach Bochum

Offiziell wird Richard Viebahn am 4. September verabschiedet. Sein Nachfolger als Direktor der Chirurgischen Klinik ist Prof. Andreas Schnitzbauer. Er war zuletzt am Universitätsklinikum Frankfurt als stellvertretender Direktor und leitender Oberarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie tätig.