Bochum. Beim Medizinforum der WAZ im Knappschaftskrankenhaus Bochum geht es um individuelle Krebstherapie. Noch sind Plätze frei. Schnell sein lohnt sich.
Den 8. April 2004 wird Friedhelm Kansteiner nie vergessen. „Da wurde ich ins Knappschaftskrankenhaus in Bochum-Langendreer eingewiesen.“ Die niederschmetternde Diagnose: Leukämie. „Seitdem bin ich dort Patient.“ Aber er lebt! Seit 20 Jahren. Mit dem Krebs. Und dafür muss Kansteiner täglich nur eine einzige Pille schlucken. Dem Fortschritt der Krebsmedizin sei Dank.
Nur eine Pille am Tag: „Zauberkugel“ hält Leukämie-Patienten am Leben
Dieser ist Thema des WAZ-Medizinforums am 21. November im Knappschaftskrankenhaus in Langendreer. In drei Vorträgen wird über neue Strategien, Therapien und Konzepte im Kampf gegen den Krebs informiert. Zu den Rednern zählt auch Prof. Roland Schroers, behandelnder Arzt von Friedhelm Kansteiner. Mittlerweile sehen sich die beiden nur noch alle sechs Monate, so gut hat man die Leukämie bei dem mittlerweile 85-Jährigen im Griff.
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Der Besuch falle meist kurz aus, sagt der Wittener. „Wir sprechen fix über meine Blutwerte und wie es mir geht, dann reden wir über Gott und die Welt. Und schon bin ich wieder raus.“ Das war am Anfang natürlich anders.
Rückblick: Friedhelm Kansteiner und seine Frau Ursula machen im Frühjahr 2004 Urlaub in Italien. „Da habe ich gemerkt, dass ich bei körperlicher Betätigung schneller müde werden.“ Wieder daheim, begibt sich Kansteiner direkt zum Hausarzt. Der Geschäftsführer einer Zulieferfirma der Autoindustrie steht mit seinen 65 Jahren kurz vor der Rente. „Ich habe mich eigentlich nicht krank gefühlt und mir nichts Böses gedacht.“ Doch bei den Blutwerten stimme etwas nicht, sagt der Hausarzt und schickt ihn nach Langendreer.
„In kürzester Zeit waren meine Blutwerte wieder in Ordnung.“
Zum Glück. Dort, noch unter Prof. Wolff Schmiegel, wird bei Friedhelm Kansteiner chronische myeloische Leukämie (CML) festgestellt. Drei Wochen verbringt er im Knappschaftskrankenhaus und wird dort zum „Versuchskaninchen“, wie er sagt. Denn zu dieser Zeit wird eine spezielle Tablette mit dem Wirkstoff Imatinib (Glivec) getestet, die gegen diese Form der Leukämie helfen soll.
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Kansteiner bietet sich als Testperson an. Auch, weil als alternativer Behandlungsansatz Chemotherapie und Stammzellentransplantation drohen. „Der Ausgang war völlig offen“, sagt der Senior. Doch die Therapie schlägt bei ihm sofort an. „In kürzester Zeit waren meine Blutwerte wieder in Ordnung.“ Zu Beginn werden sie täglich kontrolliert, dann wöchentlich, monatlich, irgendwann vierteljährlich und jetzt nur noch alle sechs Monate. Jeden Mittag nimmt Kansteiner eine Tablette – das war’s. Nebenwirkungen gebe es keine. „Nur, dass ich mich manchmal übergeben muss.“
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Doch das nimmt Friedhelm Kansteiner gerne in Kauf, kann er doch ansonsten ein ganz normales Leben führen. „Ich habe von der modernen Medizin profitiert und lebe weiter“, ist er glücklich.
Ohne diese Tablette wäre er wahrscheinlich nicht mehr unter uns, „das kann man ganz klar so sagen“, erklärt Prof. Roland Schroers, seit 2008 Kansteiners behandelnder Arzt im Knappschaftskrankenhaus. „Zauberkugel“ nennt der Mediziner die Pille, die Ende der 90er Jahren in den USA entwickelt wurde. Deren Wirkung sei beachtlich. Kansteiner sei einer der ersten Patienten in Langendreer, bei denen sie zum Einsatz gekommen sei. Seither registriere man eigentlich immer einen positiven Behandlungsverlauf, oft sogar noch besser als bei Kansteiner.
„In 50 Prozent der Fälle tritt eine Heilung ein.“
„In 50 Prozent der Fälle tritt eine Heilung ein“, berichtet Schroers. Auch bei Friedhelm Kansteiner habe man das Medikament zwischenzeitlich abgesetzt, um das zu testen. Leider ohne das gewünschte Ergebnis. Doch die Behandlung schlägt ja weiterhin an. Und das sei die Hauptsache.
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Mittlerweile gebe es in der modernen Medizin bei fast jeder Krebsart zielgerichtete Medikamente wie die Leukämie-Zauberkugel, macht Roland Schroers Hoffnung für die Zukunft. Sie seien allerdings bei weitem nicht so effektiv wie bei der chronischen Leukämie. „Da haben wir es mit nur einem defekten Schalter in unserem Körper zu tun“, sagt er. „Bei der akuten Leukämie zum Beispiel sind es bis zu 19.“
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Man habe es in der Krebsmedizin mit „einem Strauß an Mutationen“ und „dem Phänomen des unkontrollierbaren Wachstums“ zu tun. Da helfe nicht nur der Einsatz von Zauberkugeln, sondern auch von „Killerzellen“. Genetisch veränderte Zellen würden auf den Krebs angesetzt. Auch darüber will Prof. Schroers beim WAZ-Medizinforum am 21. November reden. Einer seiner Gesprächspartner an diesem Abend: Friedhelm Kansteiner.
WAZ-Medizinforum: Jetzt anmelden
„Individualisierte Krebstherapie“ – so lautet der Titel des nächsten WAZ-Medizinforums am Donnerstag, 21. November, in der Cafeteria des Knappschaftskrankenhauses, In der Schornau 23-25, in Bochum-Langendreer. Beginn ist um 18 Uhr. WAZ-Leser können sich schon jetzt exklusiv und kostenlos einen Platz sichern: Tel. 0201/ 804 80 58.
Drei Vorträge gibt es beim Medizinforum:
„Individuelle OP-Vorbereitung und neue Strategien in der modernen Tumorchirurgie“, Univ.-Prof. Dr. Andreas Schnitzbauer; Direktor der Klinik für Chirurgie.
„Maßgeschneiderte Therapiekonzepte bei Patient*innen mit Hirntumoren“, Univ.-Prof. Dr. Dr. Corinna Seliger-Behme; Direktorin der Klinik für Neurologie.
„Mit Zauberkugeln und Killerzellen gegen Krebs“, Univ.-Prof. Dr. Roland Schroers; Leitender Arzt Hämatologie, Stammzelltransplantation und Zelltherapie.