Bochum-Süd. Für ein Neubaugebiet in Bochum sollen zahlreiche Bäume weichen. Mehrere Initiativen wollen das verhindern. Doch die Zeit wird knapp.

Eigentlich ist der Zug schon abgefahren. Ende November wird der Rat der Stadt Bochum sehr wahrscheinlich grünes Licht für ein Neubaugebiet an der Ecke Markstraße/Stiepeler Straße geben. Ein großes Wohnquartier soll hier entstehen. Dem stehen jedoch rund 750 Bäume im Weg. Um deren Erhalt kämpfen nun gleich mehrere Initiativen. Auf den letzten Drücker wollen sie erreichen, dass die Pläne noch einmal geändert werden.

Die Zeit wird knapp: Bochumer Initiativen wollen Bäume in Neubaugebiet retten

Auf dem 7,2 Hektar großen Gelände sollen vier große Wohnblöcke entstehen, dazu ein Mehrfamilienhaus, ein Gebäude für gesundheitsorientiertes Gewerbe, eine Kita mit vier Gruppen und eine neue Dreifach-Sporthalle. Die Zahl der Wohnungen, die so dringend benötigten neuen Wohnraum schaffen sollen, stand zuletzt noch nicht ganz fest. Anfangs war von 400 die Rede, dann von 360 und nun aktuell von 370. Mindestens 30 Prozent sollen öffentlich gefördert sein, ein weiteres Drittel zudem als Eigentum verkauft werden. Die Bäume, die vor allem den Außenbereich des Grundstücks säumen, sollen gefällt werden.

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So soll das Neubaugebiet an der Ecke Markstraße/Stiepeler Straße in Bochum aussehen. 
So soll das Neubaugebiet an der Ecke Markstraße/Stiepeler Straße in Bochum aussehen.  © Stadt Bochum

Das „Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung“ will das schon etwas länger verhindern, hat jetzt allerdings eine Abfuhr bekommen. Trotz energischen Protests stimmte die Bezirksvertretung Bochum-Süd in ihrer Sitzung Anfang Oktober für die Neubaupläne auf dem Areal der früheren Erich-Kästner-Gesamschule (EKS). Doch die Initiative erhält nun Verstärkung. Und es gibt ja noch weitere politische Gremien, die sich mit dem Bebauungsplan Nr. 862 befassen, ehe am 21. November der Rat das letzte Wort hat. Etwa der Ausschuss für Planung und Grundstücke am Dienstag, 5. November.

„Mit zwei Anpassungen können die gesunden Bäume erhalten bleiben und dennoch alle Ziele des Bebauungsplans realisiert werden“

Judith Wiemers und Daniel Bogenstahl, Volt Bochum

Dort wird über eine Anregung der Partei Volt entschieden. Judith Wiemers und Daniel Bogenstahl fordern darin unter anderem, mit dem Neubau für das Gesundheitsgewerbe um rund 100 Meter in Richtung Osten an die neue Erich-Kästner-Schule heranzurücken, weil dort der Baumbestand wie auch die Anzahl der schützenswerten Bäume im Vergleich zum restlichen nördlichen Bereich geringer sei. Auch solle auf einen Parkplatz verzichtet und stattdessen lieber eine Tiefgarage unter dem Gebäude errichtet werden, die dann auch die Schule nutzen könnte. Zudem wird angeregt, die Wohnblöcke im Sinne von mehr „Flächeneffizienz“ nicht vier-, sondern fünfgeschossig zu bauen, um mehr Wohnraum zu schaffen.

Mehrere Initiativen hatten Plakate am Bauzaun befestigt, die das künftige Neubaugebiet umsäumt. Inzwischen sind sie wieder verschwunden.
Mehrere Initiativen hatten Plakate am Bauzaun befestigt, die das künftige Neubaugebiet umsäumt. Inzwischen sind sie wieder verschwunden. © Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung

Der Bebauungsplan 862 soll laut Volt im Eilverfahren noch vor der endgültigen Entscheidung am 21. November im Rat geändert werden. „Der kleine Wald auf der alten Fläche der Erich-Kästner-Schule ist laut vorliegenden Umweltbericht 50 Jahre alt und in einem guten Zustand“, erklärt Judith Wiemers, Sprecherin von Volt Bochum. „Mit zwei Anpassungen können die gesunden Bäume erhalten bleiben und dennoch alle Ziele des Bebauungsplans realisiert werden.“

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Änderungen wünscht sich auch das Bochumer Klimaschutzbündnis. Die Debatte um die Bäume auf dem ehemaligen EKS-Gelände wurde zum Anlass genommen, eine Online-Petition zu starten. „Sie soll dazu beitragen, in allen Stadtplanungsprozessen dem Erhalt von Bäumen und Waldgebieten auf dem Gebiet der Stadt Bochum den Vorrang einzuräumen.“ Angefangen mit dem Neubaugebiet an der Ecke Markstraße/Stiepeler Straße. „Das Bochumer Klimabündnis möchte aktuell mit dieser Petition im Rat der Stadt Bochum eine Verschiebung und einen neuen Prüfauftrag erreichen.“ Weitere Initiativen und Gruppen wie Extinction Rebellion, Fridays for Future, NABU, BUND und Arbeitskreis Umweltschutz unterstützen das Vorhaben.

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Die Petition „Rettet unsere Bäume – Petition für ein bewohnbares Bochum“ ist auf openpetition.de zu finden. Aktuell haben nach knapp drei Wochen 260 Personen unterschrieben (Stand 29. Oktober).

Debatte um Bäume: Wozu die Stadt Bochum rät

Ob die Partei Volt mit ihrem Versuch, einen Teil der Bäume auf dem früheren Gelände der Erich-Kästner-Gesamtschule zu retten, Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Folgt die Politik der Empfehlung der Stadt Bochum, dann wohl eher nicht. Denn die Verwaltung rät dazu, die Anregung abzulehnen.

Grund: Es habe zweimal die Möglichkeit gegeben, Einwände einzubringen. Diese habe Volt nicht genutzt. Auch seien Stellungnahmen eingegangen und in die Planungen mit eingeflossen, „die nahezu inhaltsgleich“ auch die von Volt angesprochene Punkte thematisieren, heißt es aus dem Rathaus.

Der Ausschuss für Planung und Grundstück tagt am Dienstag, 5. November, um 15 Uhr im Technischen Rathaus. Anschließend befasst sich noch der Haupt- und Finanzausschuss am 13. November (11.30 Uhr, Rathaus) mit dem Thema. Die finale Entscheidung trifft dann der Rat am 21. November (10 Uhr, Rathaus.)