Bochum-Linden. Auf eigene Faust tauften Anwohner einen Platz in Bochum-Linden. Sie ehren so ihre Wirtin, die das Viertel prägte. Warum ihnen das so wichtig ist.
Es ist eigentlich ein unauffälliger kleiner Platz in Bochum-Linden: Ein bepflanzter Blumenkübel steht in der Mitte, zwei Bänke sind auf die Pflastersteine montiert. Doch die Geschichte hinter diesem zunächst unscheinbaren Platz ist für viele im Stadtteil eine emotionale.
Vor knapp vier Monaten haben zwei Anwohner den Ort an der Ecke Welperstraße/Ettersheide in „Klärchen-Gedächtnis-Platz“ getauft. Auf eigene Faust haben die Anwohner Karl Blume und Max Hingsmann ein entsprechendes Bild an der Laterne angebracht, die den Platz im Dunkeln beleuchtet. Sie erinnern mit dem Schild an Klara Sievering, die allen als „Klärchen“ bekannt war. Ihr gehörte die Gaststätte „Haus Sievering“ auf der anderen Straßenseite, direkt gegenüber dem Platz.
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„Klärchen-Gedächtnis-Platz“ in Bochum-Linden: Wirtin prägte das Viertel
Klärchen arbeitete seit mehr als 50 Jahren in der Kneipe „Haus Sievering“, die vor mehr als 100 Jahren eröffnete. 2020 ist die Wirtin gestorben. Mit dem Schild wollen die Anwohner ihr ein Andenken schaffen. „Es war uns ein Bedürfnis“, sagt Blume. „Hier in der Siedlung kannten sie alle“, ergänzt Hingsmann. Da sie nicht mehr genau wussten, wann Klärchen verstorben ist, stimmt die Jahreszahl auf dem Schild nicht genau mit dem Jahr überein, in dem die Wirtin gestorben ist.
Aber wieso war es ihnen so wichtig, Klärchen ein solches Andenken zu schaffen? Blume kenne die Familie Sievering schon seit Kindheitstagen. Sie gehöre zu seinem Leben dazu, sagt er. „Wenn jetzt die Gaststätte geschlossen ist, vergessen ja alle, wer Klärchen war, und das geht nicht“, sagt Blume. Andere Anwohner hätten es schade gefunden, dass sie das Schild so weit oben aufgehängt haben. „Aber ich wollte nicht, dass das jemand beklebt oder mit Farbe besprüht.“
Neue Bänke für „Klärchen-Gedächtnis-Platz“ in Bochum-Linden
„Die Ecke ist seit vielen Jahren der Ausgangspunkt für die Nachbarschaft“, weiß auch Bezirksbürgermeister Marc Gräf. Nachdem dort die Straße umgebaut wurde, sei auch der Platz neu angelegt worden. Dort seien aber zunächst die alten roten Holzbänke wieder hingestellt worden, die vor dem Straßenumbau dort standen. Das habe den Anwohnern nicht gefallen, erinnert sich Gräf. „Die Stadt wollte da eigentlich gar keine Bänke mehr aufstellen. So einen Treffpunkt sollte man aber erhalten“, ist er sich sicher. Inzwischen stehen dort neue Bänke.
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Für den Bezirksbürgermeister ist der Platz ein Ort der Begegnung – schon vor der Umgestaltung haben dort Nachbarschaftsfeste stattgefunden, sagt er. „Ich hoffe, dass er von der Nachbarschaft weiter genutzt wird“, so Gräf.
CSV Bochum-Linden war jahrzehntelang bei „Klärchen“ zu Gast
Auch der CSV Sportfreunde Bochum-Linden erinnert sich gerne an die Stunden bei der Wirtin in Linden zurück. Das „Haus Sievering“ war seit mehr als 30 Jahren das Vereinslokal des Klubs. „Klärchen war immer da“, sagt auch Bernd Cirkel, Geschäftsführer des CSV Sportfreunde Bochum-Linden.
„Alle Leute aus der Nachbarschaft und auch von weiter weg bedauern, dass die Gaststätte mit dem Tod von Klärchen beendet wurde.“
Es war üblich, dass sich fast seine gesamte Mannschaft freitags nach dem Training dort getroffen hat. Dort haben sie geknobelt, Karten gespielt, ein Bier getrunken oder einfach gequatscht, sagt Cirkel: „Das war ein Anlaufpunkt für die Mannschaften bei uns aus dem Verein.“ Inzwischen haben sie ein anderes Vereinslokal.
„Haus Sievering“ in Bochum-Linden hat nach Corona-Pandemie nicht wieder geöffnet
Während der Corona-Pandemie wurde die Gaststätte, wie alle anderen Lokale auch, geschlossen. „Und dann ist Klärchen auch noch gestorben“, sagt Blume. „Das hat uns so traurig gemacht. Alle Leute aus der Nachbarschaft und auch von weiter weg bedauern, dass die Gaststätte mit dem Tod von Klärchen beendet wurde“, so der Anwohner. Nach der Corona-Pandemie habe die Kneipe nicht wieder geöffnet.
Dennoch sei er einmal im Jahr im „Haus Sievering“. Innen sei die Gaststätte noch unverändert, sagt der Anwohner. Mit der Siedlergemeinschaft „Friedlicher Nachbar“ hält er jährlich die Jahreshauptversammlung dort ab. „Unsere Getränke“, sagt Karl Blume, „bringen wir dann natürlich selbst mit.“