Bochum. Musikforum, Viktoriakarree, Haus des Wissens. Große Bauprojekte in Bochum sind oft umstritten. Beim Jüngsten haben Bürger sich etwas gewünscht.
Stahl- und Autostadt war Bochum einmal. Heute macht sie sich einen Namen als Hochburg von Gesundheits- und IT-Sicherheitsbranche. Und bald will die Stadt auch mit einem besonderen Alleinstellungsmerkmal glänzen: der größten Markthalle weit und breit. In gut zwei Jahren soll der Anziehungspunkt fertig sein. Sein Vorbild steht in einer der charmantesten Hauptstädte Europas: in Kopenhagen.
Geschätzte Investitionskosten von neun Millionen Euro für die Markthalle Bochum
Ob und wie viel nordische Zurückhaltung das Gebäude ausstrahlen wird, das auf einer Fläche von 2000 Quadratmetern im Innenhof des früheren Telekomblocks mitten im Zentrum der Innenstadt entsteht, bleibt abzuwarten. Weder eine Ansicht noch detaillierte Pläne sind bislang öffentlich.
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Aber ein Gesprächsthema ist es schon lange: Das liegt zum einen an den schwindelerregenden Kosten in Höhe von derzeit 153 Millionen Euro für das Gesamtprojekt „Haus des Wissens“, zu dem die Markthalle gehört. Wie hoch dabei die anteiligen Kosten für Markthalle sind, vermag die Stadt auf Anfrage nicht zu beantworten, da es sich um ein „integriertes Konzept“ handelt, wie es heißt. In der Vergangenheit war von Investitionen in Höhe von neun Millionen Euro die Rede. Zum anderen liegt die Markthalle vielen Bochumerinnen und Bochumern offenbar am Herzen. Denn: Beim Bürgerdialog 2017 gehörte es zu den am meisten genannten Wünschen.
Haus des Wissens soll Einkaufs- und Begegnungsort werden
Dem sieht sich Bochums Politik verpflichtet. Erst hat sie mehrheitlich den Bau des Hauses des Wissens und damit auch der Markthalle beschlossen und 2020 dann mit großer Mehrheit dem vorgelegten Betriebskonzept zugestimmt. Einkaufs- und Begegnungsort gleichermaßen soll das Gebäude sein, heißt es in dem Konzept. Die Ansprüche sind groß: „Einer der besten Einkaufsorte für frische Qualitätslebensmittel zu vernünftigen Preisen in der Region“ soll die Markthalle werden – nicht mehr und nicht weniger. Und: Sie ist „handels- und nicht gastronomieorientiert“, wie die Stadt betont. „Angebote zum Direktverzehr soll es vorzugsweise nur mit den Produkten des Standes geben“, so Stadtbaurat Markus Bradtke. Etwa 40 feste Marktstände und acht mobile Module sind geplant. Die einzige Gastronomie im gesamte Komplex „Haus des Wissens“ soll ein Café an der nordöstlichen Seite des Gebäudes sein; also direkt gegenüber dem Rathaus.
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Wie groß die Erwartungen an das Gebäude sind, lässt sich am besten an den erhofften Besucherzahlen ablesen. Von jährlich etwa 1,5 Millionen Kunden ist im Betriebskonzept die Rede; 900.000 heimischen Kunden und 600.000 Besucher von außerhalb. Sie könnten – anfangs - für einen Jahresumsatz von 15 Millionen Euro netto sorgen, so die Schätzungen.
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Anregungen dafür hat eine kleine Findungsgruppe mit dem Stadtbaurat, mit Wirtschaftsentwickler Ralf Meyer und mit Lebensmittelgroßhändler Herwig Niggemann in ganz Deutschland und darüber hinaus gesucht. Sie hat sich u.a. Markthallen in Hannover, Kassel und Freiburg angesehen, aber auch in Rotterdam (Niederlande), Barcelona (Spanien) und Stockholm (Schweden), um, wie es heißt, sich von den „schlüssigsten Ideen und den am besten funktionierenden Konzepten inspirieren zu lassen“, wie es heißt.
Am meisten imponiert hat ihnen „Torvehallerne“, die Markthalle in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen. Deren Entwickler Niels Brandt ist überzeugt: „Meiner Meinung nach hat so ein Projekt in Deutschland viel größere Chancen als in Dänemark, weil es in Deutschland traditionell tausende Wochenmärkte gibt, während man in Dänemark weniger auf Märkten und in kleinen Geschäften einkauft als in Discountern“, so Brandt im Gespräch mit dem Magazin Stadtgold, das die Stadt Bochum eigens zum Haus des Wissens herausgegeben hat.
Einig sind sich die Experten darin, dass Bochum eine architektonisch bemerkenswerte Markthalle bekommen soll. Mindestens genauso wichtig seien aber die Angebote und das Management. Wer Bochums Markthalle betreiben soll, darüber wird 2025/26 in einem sogenannten Interessenbekundungsverfahren ermittelt. Anfang 2025 will die Verwaltung der Politik vorlegen, wer die Auswahl treffen soll.