Bochum-Dahlhausen. Das kommt überraschend: Das Grabeland an der Ruhr in Bochum wird nun doch nicht bebaut. Ein Vorfall im Juli 2021 brachte die Stadt zum Umdenken.
Das nennt man wohl einen Paukenschlag: Die Stadt Bochum stoppt die Neubaupläne unten an der Ruhr in Dahlhausen. Das teilt Stadtbaurat Markus Bradtke exklusiv auf WAZ-Anfrage mit. Am Ruhrort sollten auf einem ehemaligen Grabeland nördlich der Dr.-C.-Otto-Straße 64 Einfamilien-, Reihen- und Doppelhäuser gebaut werden. Doch die Flut Mitte Juli 2021 hat die Stadt zum Umdenken gebracht.
Exklusiv: Stadt Bochum stoppt umstrittene Neubaupläne an der Ruhr
„Wir bekommen vor Ort die Entwässerungssituation nicht in den Griff.“
Das Bebauungsplanverfahren werde nicht weiter verfolgt, sagt Bradtke. „Wir bekommen vor Ort die Entwässerungssituation nicht in den Griff.“ Zu diesem Ergebnis komme das von der Stadt in Auftrag gegebene Gutachten, eine sogenannte „wasserwirtschaftliche Berechnung“. Ein Bebauungsplan sei dazu da, Konflikte zu vermeiden, die Situation zu verbessern. „Er darf aber auf keinen Fall zu einer Verschlechterung führen.“ Und dies habe man nun nicht mehr ausschließen können.
Das Gebiet sei wie eine Badewanne, erklärt der Stadtbaurat. „Und wenn man in eine Badewanne mit Wasser steigt, steigt ja auch das Wasser.“ Das wäre am Ruhrort auch passiert. Zur Erinnerung: Für das Neubaugebiet sollten zwei Meter aufgeschüttet werden. „Dann hätte Volumen gefehlt, aber die Wassermenge ist ja die gleiche“, so Bradtke. Das Neubaugebiet läge dann zwar wahrscheinlich trocken, aber das Wasser würde in die Nachbarschaft verdrängt und dort in die Keller fließen.
Mehr zum Thema Bebauung am Ruhrort
- Bochum: Neubaugebiet an der Ruhr steht weiter auf der Kippe
- Bochum-Dahlhausen: Ruhrort-Anwohner schlagen nach Flut Alarm
- Baupläne „Am Ruhrort“: Initiativen fordern mehr Transparenz
- Bochum: Bauland-Pläne liegen seit Ruhr-Hochwasser auf Eis
- Neubaugebiet: Stadt hält Klimagutachten nicht für nötig
- Anwohner kritisieren Neubaugebiet am Ruhrort in Dahlhausen
Bis Mitte 2021 habe man dieses Szenario für ausgeschlossen gehalten. Doch dann kam Mitte Juli die Flut. „Wenn die Ruhr kein Hochwasser führt und es regnet, dann können die Kanäle das auffangen und alles ist fein“, erklärt Markus Bradtke. Doch in diesem Fall sei alles zusammen gekommen: „Wegen des Hochwassers wurden die Schieber zugemacht, damit die Ruhr nicht in den Ortsteil fließt. Hätte es nicht geregnet – alles gut. Doch es hat halt langanhaltend geregnet. Das Kanalsystem lief voll und konnte nichts an die Ruhr abgeben. Hinzu kamen noch Wassermassen vom Hörsterholzer Bach den Berg hinunter und das Grabeland stand unter Wasser.“
Das sei alles „statistisch sehr selten, ist aber nun mal vorgekommen“, stellt Bradtke fest. Auch, dass mit der Planung, wie man sie bis dahin verfolgt hatte, „sich die Situation für die Nachbarschaft verschärfen würde“. „Wir haben zusammen mit dem Ingenieursbüro alle Möglichkeiten untersucht, die Situation am Ruhrort zu verbessern“, so Bradtke. Leider ohne Erfolg.
Diese Texte haben viele Menschen interessiert
- „Brummbär“ eröffnet Popup-Store in Bochumer Innenstadt
- A40-Sperrung: „Schon viel zu lange eine Zerreißprobe“
- Haus bauen? Stadt Bochum verkauft mehrere Grundstücke
Es gebe durchaus Pumpwerke, die funktionieren würden. „Nur: Wohin das Wasser pumpen, wenn die Ruhr voll ist? Dann läuft das an anderer Stelle wieder rein.“ Auch habe man überlegt, oben am Hörsterholzer Bach Mulden und Mini-Deiche anzulegen, damit das Wasser gedrosselt hinunterfließt. Das sei die günstigste Lösung gewesen, so Bradtke, „aber leider auch nicht machbar“.
Somit blieb das Fazit: „Wir kriegen es nicht hin.“ Den Anwohnern im Umfeld war das schon vorher klar. Immer wieder hatten sie auf die Probleme mit dem Wasser hingewiesen. Auch schon vor der Flut im Juli 2021. Viele, die sich nun bestätigt fühlen dürften, werden sich wahrscheinlich über die Pläne freuen, die die Stadt für das Grabeland jetzt verfolgt. „Wir planen eine Fläche für den Überflutungsschutz inklusive Begrünung“, erklärt Markus Bradtke.
Die politischen Gremien würden ab sofort nach und nach informiert, beginnend mit der Bezirksvertretung Südwest am 18. September, 11 Uhr. Für die Ruhrort-Anwohner hatte Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD) gesondert zu Info-Veranstaltung am Mittwoch, 11. September, eingeladen.
Stadt kauft Grundstück zurück
Auf einer Fläche von 2,6 Hektar wollte die Wilma Immobilien-Gruppe aus Ratingen am Ruhrort in Bochum-Dahlhausen 64 Einfamilien-, Reihen- und Doppelhäuser bauen. Das Gelände hatte das Unternehmen der Bochumer Wirtschaftsentwicklung abgekauft.
Da das Areal nun nicht mehr bebaut werden kann, wurde ausgehandelt, dass die Stadt Bochum das Grundstück zurückkauft. Zu Summen und Bedingungen des Deals möchte sich Stadtbaurat Markus Bradtke aus Datenschutzgründen nicht äußern.