Bochum-Dahlhausen. Bürger kritisieren weiterhin die Baupläne für Grabeland an der Ruhr in Bochum-Dahlhausen. Die Linke mahnt ein Klimagutachten an. Es gibt keines.
In der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung wurde erstmals von Bürgern die Einwohnerfragestunde genutzt. Vier Kritiker des Bauvorhaben Am Ruhrort in Dahlhausen, wo aus Grabeland Wohnbauland werden soll (Bebauungsplanverfahren Nr. 997), meldeten sich zu Wort.
Bochum: Kritik am Neubaugebiet an der Ruhr reißt nicht ab
Bei den kritischen Bürgernachfragen an Verwaltung und Politik ging es u.a. um Aspekte wie Hydrologie, Klimanotstand in Bochum und Schallschutz vor Ort. „Hier herrscht 24 Stunden lang ein Geräuschpegel von um die 40 Dezibel“, sagte Jürgen Dassow mit Blick auf die benachbarte Firma Dr. C. Otto. „Bei einer solchen Dauerbeschallung ist nicht auszuschließen, dass dies biologisch/psychologische Auswirkungen auf Anwohner hat“.
Dassow schlägt als „konstruktive Alternative“ einen Bebauungsplan vor, „der nur eine Bebauung der Lücke direkt an der Straße Am Ruhrort vorsieht und den Rest der aktuellen Bebauungsplanfläche (nach einer Entrümpelungsaktion) in das Naturschutzgebiet Hörsterholz einpflegt, so dass Bedenken der Bezirksregierung und Anwohner halbwegs akzeptabel ausgeräumt wären“.
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Zum Thema „Am Ruhrort“ hatte die Linke auch einen Anfrage an die Verwaltung geschickt. Darin fragt die Partei nach einem Klimagutachten. Hintergrund: Die Bürgerinitiative „Grabeland am Ruhrort“ und das „Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung“ hatten im Vorfeld erhebliche Mängel im bisherigen Verfahren gerügt und ergänzende Gutachten gefordert. Laut der Linken habe Stadtrat Markus Bradtke im Ausschuss für Planung und Grundstücke auf Nachfrage mitgeteilt, alle von der Bürgerinitiative gewünschten Gutachten lägen auch vor, seien Teil des Verfahrens, und sie seien auch grundsätzlich alle immer öffentlich.
Ein Klimagutachten über das Bebauungsplangebiet am Ruhrort existiert allerdings gar nicht. Dies geht aus der Antwort der Verwaltung auf die Anfrage der Linken hervor. Im Rathaus „wird die Notwendigkeit zur Erstellung eines Klimagutachtens nicht gesehen“. Denn durch die Klimaschutzklausel im Baugesetzbuch würden Klimaschutz und Klimaanpassung ohnehin geprüft.
Verwaltung zog Vorlage zurück
Die Wilma Immobilien AG will am Ruhrort auf einer Fläche von 2,6 Hektar 64 Einfamilien-, Reihen- und Doppelhäuser bauen. Für dieses Bauvorhaben wurde der Bebauungsplan 997 aufgestellt.
Die Bezirksvertretung Süd-West hatte sich bereits für das Neubauprojekt in Dahlhausen ausgesprochen. Kurz vor der Sitzung des Ausschusses für Planung und Grundstücke hatte die Verwaltung die Vorlage mit dem Satzungsbeschluss jedoch zurückgezogen. Auch die Beratung und Beschlussfassung in Hauptausschuss und Rat wurden verschoben.
„Wir haben die Vorlage zunächst zurückgezogen, weil es noch Fragen zu klären gibt, etwa zum Baumbestand und zum Schallschutz“, sagte Stadtsprecher Thomas Sprenger auf WAZ-Anfrage. „Wir sehen bei einigen offenen Aspekten noch Optimierungsbedarf. Wenn alles geklärt ist, wird der Satzungsbeschluss erneut vorgelegt.“
Dass das geplante Neubaugebiet das Klima vor Ort durchaus auch negativ beeinflusst, wird von der Verwaltung nicht bestritten. Die Bebauung von bislang weniger versiegelten Flächen ziehe immer Klimafolgen nach sich. Das Ganze stehe durchaus „im Widerspruch zu den Zielen der Strategischen Umweltplanung und des Klimaanpassungskonzeptes“.
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Die Hochwassergefahr soll durch eine zwei Meter hohe Aufschüttung des Geländes gebannt werden. Allerdings reicht dies laut Stadt bei extremen Niederschlägen dennoch nicht aus. Und: Die Funktion der Fläche im Sinne eines Kaltluftsammelbeckens sei aufgrund der angrenzenden Siedlungsstrukturen und der Gemengelage bereits jetzt im Bestand zumindest gestört.
Im Gegensatz dazu stehe das Ansinnen der Stadt, über das Wohnbauflächenprogramm neuen Wohnraum zu schaffen – auch am Ruhrort. Was wichtiger sei, neuer Wohnraum oder der Erhalt der Natur, müsse nun die Politik entscheiden.