Bochum-Ehrenfeld. Seit zehn Jahren kümmert sich die Initiative Ehrenfelder Miteinander in Bochum um eine gute Nachbarschaft. Was sie erreicht hat – und was fehlt.

Es geht nichts über eine gute Nachbarschaft! Für den anderen da zu sein, sich zu kümmern und zu helfen: Dafür steht das „Ehrenfelder Miteinander“. Seit zehn Jahren setzt sich die umtriebige Nachbarschaftsinitiative dafür ein, dass im Bochumer Stadtteil Ehrenfeld niemand vergessen oder abgehängt wird. Vor allem den vielen Senioren gilt ihre Aufmerksamkeit: „Und seither haben wir viel geschafft“, sagt die stellvertretende Vorsitzende Gabriele Gaul nicht ohne Stolz. Dabei begann alles aus einem traurigen Grund.

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Verein in Bochum kümmert sich um ein schöneres Miteinander

Dagmar Bartsch, als Kassenwartin des Vereins aktiv, arbeitete lange in der Alten- und Krankenpflege. „Da begegneten mir immer wieder alte Menschen, die allein leben und vergesslich oder verwirrt sind“, erzählt sie. „Viele wissen gar nicht, welcher Tag heute ist.“ Gemeinsam mit Barbara Jessel, die für die Grünen im Stadtrat sitzt und viele Jahre die Szene-Bar „Orlando“ im Ehrenfeld leitete, beschloss sie, etwas gegen die zunehmende Einsamkeit vieler Senioren zu tun.

Mit der Rikscha quer durchs Ehrenfeld: Viele Senioren aus den umliegenden Seniorenheimen freuen sich über dieses Angebot der Initiative Ehrenfelder Miteinander. 
Mit der Rikscha quer durchs Ehrenfeld: Viele Senioren aus den umliegenden Seniorenheimen freuen sich über dieses Angebot der Initiative Ehrenfelder Miteinander.  © Ehrenfelder Miteinander

Der Grundstein fürs Ehrenfelder Miteinander war gelegt. Mittlerweile engagieren sich etwa 20 Ehrenamtliche regelmäßig in dem Verein, um für die Menschen in ihrem Viertel etwas zu bewegen. Von den regelmäßigen Spaziergängen über den offenen Singkreis bis zum „Radeln ohne Alter“ gibt es reihenweise Aktivitäten – und doch sei auch in einem schönen Stadtteil wie dem Ehrenfeld längst nicht alles rosig. Was richtig gut läuft und was sich noch verbessern muss, erzählen sie hier.

Was läuft gut?

Besonders stolz ist das Ehrenfelder Miteinander darauf, das Projekt „Radeln ohne Alter“ in Bochum vorangebracht zu haben. Die Idee stammt aus Dänemark: „Wir laden ältere Menschen ein, mit uns eine Fahrt mit einer Rikscha zu unternehmen“, erzählt Barbara Jessel. Und obwohl die Anschaffung einer Rikscha kostspielig ist (etwa 11.000 Euro musste der Verein dafür aufbringen): „Dank vieler Förderungen und Spenden haben wir das Geld zusammenbekommen“, sagt Gabriele Gaul.

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Seither sind die beiden Rikschas, die von ehrenamtlichen, ausgebildeten „Piloten“ gefahren werden, regelmäßig im Einsatz, um den Älteren eine sichere und komfortable Fahrt durch ihren Stadtteil zu ermöglichen. Vor allem die Bewohner des Mauritiusstifts sowie des Johannesstifts in Wiemelhausen profitieren davon: „Aber eigentlich kann sich jeder, der mobil eingeschränkt ist, bei uns für eine Fahrt mit der Rikscha melden.“ Motto: „Jeder hat ein Recht auf Wind in den Haaren“.

„Viele wissen gar nicht, welcher Tag heute ist.“

Dagmar Bartsch über die zunehmende Vereinsamung vieler Senioren

Daneben gibt es wöchentliche Spaziergänge durchs Ehrenfeld (Treff: mittwochs um 11 Uhr am Hans-Ehrenberg-Platz) und einen Singkreis, bei dem jeder mitmachen kann, der Freude am gemeinsamen Singen hat (nächster Treff: 22. August, 16 Uhr, im Laden an der Danziger Straße 1). Fest etabliert ist das Nachbarschaftsfrühstück, das zweimal im Jahr auf einer Grünfläche an der Kronenstraße 61 stattfindet und Jung und Alt bei Brötchen, Kaffee und anderen Leckereien zusammenbringt.

Ein Nachbarschaftsfrühstück richtet die Initiative zweimal im Jahr aus. Hier bei einem Treff im Jahr 2019 an der Pieperstraße.
Ein Nachbarschaftsfrühstück richtet die Initiative zweimal im Jahr aus. Hier bei einem Treff im Jahr 2019 an der Pieperstraße. © FUNKE Foto Services | Kerstin Buchwieser

Was könnte besser werden?

Seit zehn Jahren besteht die Initiative Ehrenfelder Miteinander: Da denken die Verantwortlichen auch darüber nach, was sich im Vereinsleben sowie im ganzen Stadtteil noch verbessern könnte. „Wir würden gerne gemeinsame Freizeitaktivitäten wie Theaterbesuche anbieten“, sagt Barbara Jessel. „Aber da muss sich natürlich jemand drum kümmern.“ Auch der Kontakt zu jüngeren Menschen solle ausgebaut werden, denn die meisten Mitglieder der Initiative sind „deutlich über 60“. Doch sonst sei der Stadtteil durchaus privilegiert, sagen sie: „Die meisten Menschen wohnen sehr gerne hier.“

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Was sie im Ehrenfeld vermissen: öffentliche Toiletten und einen weiteren Trinkbrunnen sowie eine bessere Nahversorgung vor allem im südlichen Teil. „Ältere Menschen, die in der Nähe des Waldrings wohnen, haben es bis zum nächsten Supermarkt echt weit“, sagt Gabriele Gaul. Also dann: auf die nächsten zehn Jahre!

Runder Geburtstag wird groß gefeiert

Zehn Jahre Ehrenfelder Miteinander: Das muss gefeiert werden. Zum Geburtstagsempfang lädt die Initiative am Freitag, 13. September, von 17 bis 19 Uhr auf den Tana-Schanzara-Platz am Schauspielhaus ein. Das nächste Nachbarschaftsfrühstück findet am Samstag, 14. September, von 10 bis 13 Uhr an der Kronenstraße 61 statt.

Zum Flohmarkt im Ehrenfeld lädt der Verein am Sonntag, 29. September, von 11 bis 16 Uhr, in den kleinen Park an der Oskar-Hoffmann-Straße 57 (bei Opel Feix) ein. Alle Infos: 0234 60938177 und ehrenfeldermiteinander.de

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