Bochum. Zehn Jahre war Paul Roos Chef der Lina-Morgenstern-Schule, nun folgt ein neues Kapitel. Warum er Schulleiter wurde, obwohl das nie der Plan war.

Zum vorerst letzten Mal schwingt sich Paul Roos in dieser Woche auf sein Fahrrad, macht sich auf den Weg aus dem Dortmunder Süden nach Bochum. Nach genau zehn Jahren an der Lina-Morgenstern-Schule geht der Leiter zum Ende des Schuljahres in Rente.

„In der ganzen Zeit bin ich vielleicht fünfmal mit dem Auto und fünfmal mit öffentlichen Verkehrsmittel gekommen, sonst immer mit dem Rad“, erzählt der 65-Jährige, während er an seine Zeit an der Grundschule mit Standorten in Altenbochum und Kornharpen denkt. Und mehr oder weniger auf dem Fahrrad fiel auch die Entscheidung, Schulleiter zu werden.

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Warum Paul Roos sich entschied, Schulleiter zu werden

„Die Ambitionen hatte ich eigentlich nie“, sagt Roos. Doch als er im Schuljahr 2009/2010 ein Sabbatjahr macht und quer durch Europa fährt, denkt er sich: „Wenn du das kannst, mit Rad und Zelt durch Albanien zu fahren, kannst du auch Schulleiter werden. Wovor soll ich Angst haben?“, fragt er sich damals.

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Er wird Konrektor an seiner damaligen Schule in Dortmund. Vier Jahre später schaut Roos nach freien Stellen als Schulleiter, findet heraus: An der Lina-Morgenstern-Schule in Bochum ist die Position der Leitung frei. „Schon der Name hat mich eingenommen, Lina Morgenstern hat einen so schönen Klang“, sagt Roos. Er schaut auf die Homepage, stattet der Grundschule einen Besuch ab. Alles passt, er entscheidet sich dafür. „Am prägendsten war das erste Jahr“, sagt Roos. Enorm viel habe er da gelernt.

Viele Höhepunkte in zehn Jahren als Schulleiter

Woran erinnert sich Roos nach zehn Jahren am liebsten zurück? „An viele, viele Momente mit den Kindern natürlich“, sagt der 65-Jährige. Ein Höhepunkt war das Sommerfest, erst vergangenen Freitag, als 200 Kinder für ihn einen Flashmob gemacht haben. Im Gedächtnis geblieben sind aber auch die erste erfolgreiche Schulstatistik – „die hat mir damals Kopfschmerzen gemacht“, sagt er – oder die Qualitätsanalyse der Schule, bei der alle an einem Strang gezogen haben.

Die Lina-Morgenstern-Schule in Bochum hat zwei Standorte, einer befindet sich an der Bonhoefferstraße in Bochum.
Die Lina-Morgenstern-Schule in Bochum hat zwei Standorte, einer befindet sich an der Bonhoefferstraße in Bochum. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Auch unabhängig davon: Herausforderungen gab es einige in den vergangenen zehn Jahren. Da sind zum Beispiel die zwei Standorte der Lina-Morgenstern-Schule, die sich in zwei verschiedenen Bezirken Nord und Mitte von Bochum befinden. „Das wird oft ignoriert, zum Beispiel bei der Ausstattung mit iPads für jede Schule.“ Einen Satz von 45 Tablets habe es für beide Standorte gemeinsam gegeben, doch diese im Alltag von Standort zu Standort zu tauschen, sei logistisch kaum möglich. „Manche Strukturen werde ich nicht vermissen“, sagt Roos.

Sorge um die Zukunft von Schulen

Seiner Grundschule, aber auch den Schulen insgesamt, wünscht der Leiter, dass das ganze System nicht irgendwann zusammenbricht. „Die Kinder haben in Deutschland keine Lobby, das Bildungssystem ist rückständig“, mahnt er. Es hake an vielen Stellen, der Bedarf sei so groß wie noch nie.

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Er sagt aber auch: „Ich konnte viele kleine Dinge bewirken.“ Ein Schallschutz in den Klassenräumen, das Zusammenlegen der ersten und zweiten Klasse auch am Zweitstandort, die Verankerung von Achtsamkeit im Alltag, zählt Roos auf. „Mein Prinzip war es immer, Konflikte so zu lösen, dass es keine Verlierer gibt. Ich finde sowieso, das ist das Kerngeschäft von Schulleitung, eine gute Konfliktkultur“, sagt Roos.  

Abschied mit einer Portion Wehmut

Der Abschied ist emotional für den Schulleiter. „Man hängt an der Schule“, sagt er. Trotzdem sei nun der richtige Zeitpunkt, sich zu verabschieden und nicht erst, wenn man vielleicht schon den Kaffee aufhat.

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Mit einer Portion Wehmut wird sich Paul Roos am Freitag von seiner Schule verabschieden, am Abend das Lehrerkollegium in den Garten zum Grillen einladen. Und dann? „Ich habe einen Freund in München, den möchte ich mit dem Fahrrad besuchen. Danach werde ich mal schauen.“ Roos freut sich, spontaner zu sein, weniger zu planen. Außerdem ist da noch die Familie, sind die sechs Enkelkinder. „Ich freue mich sehr darauf, mehr Zeit mit ihnen zu verbringen.“

Nachfolge noch nicht geklärt

Eine direkte Nachfolge für Paul Roos gibt es an der Lina-Morgenstern-Schule noch nicht. Die Stelle sei ausgeschrieben.

Sorgen machen müsse man sich aber nicht. Das Kollegium sei sehr stabil aufgestellt. „Es ist echt eine tolle Schule und das ist nicht gefährdet“, sagt Roos.