Mülheim. Familie Buchholz steht schon in vierter Generation auf Mülheimer Kirmesplätzen. Was für ein Schlag Mensch ist auf der Mölmschen Kirmes unterwegs?
Seit jeher dreht sich bei Peter Buchholz alles um Karusselle und Co. „Ich bin zwar nicht auf, aber passend zur Speldorfer Osterkirmes auf die Welt gekommen“, erzählt er lachend. Das war vor 60 Jahren. Und schon da konnte Familie Buchholz auf eine lange Familientradition zurückblicken. Sein Großvater hatte die ersten Fahrgeschäfte, noch vor dem Krieg. Die Eltern waren auf Rummeln in und um Mülheim vertreten. Aktuell ist die Familie mit drei der familiären Attraktionen auf der Mölmschen Kirmes zu finden. „Mit dem Kinderkarussell im Park, dem Babyflug und dem Vollimbiss.“
Gerne blickt Buchholz auf die Zeit am Saarner Kirmesplatz zurück. „Die Kirmes hatte einfach Tradition. Die Umstellung ist vielen schwer gefallen.“ Doch mittlerweile wisse er auch den neuen Standort zu schätzen. „Es ist schon eine traumhafte Lage, direkt an der Ruhr.“ Und die locke auch viele Besuchende an. „Meine Eltern konnten immer schon beim Aufbau sehen, ob es eine gute Zeit wird. Viele Kinder bedeuten einen guten Tag!“ Und wie bewertet Buchholz die Mülheimer Kirmesbesuchenden? „Mülheim ist immer ein sehr gutes Publikum!“
Mülheims Kirmesplätze sind weniger geworden
Doch nicht nur der Ort habe sich über die Jahre geändert. Neben der Speldorfer Osterkirmes und der Sommerkirmes in Saarn gab es damals noch mehr Gelegenheiten, die Geschäfte aus dem Lager zu holen. „Früher konnte man auch spontan, auf kleinen Plätzen, eine Kirmes veranstalten. Jetzt braucht es Wochen an Vorlaufzeit.“ So stand die Familie ab den 1940er-Jahren in Dümpten, an der Aktienstraße, in Oberdümpten, auf der Heimaterde oder in Heißen. „Wenn es einen freien Fleck gab, hat mein Vater die genutzt. Heute sind die Stellen überwiegend verbaut“, blickt Buchholz zurück.
Und so verbrachte Peter Buchholz seine Kindheit auf diversen Jahrmärkten. „Unsere Eltern haben uns früher immer im Kasperle-Theater abgesetzt. Von morgens bis abends haben wir dagesessen und zugeschaut, wir konnten alles mitsprechen“, erzählt er. Die Puppenspieler habe das nicht gestört. Immerhin gelte die Weisheit „Wo Leute sind, kommen Leute.“
Mülheimer Buchholz stieg mit 15 ins Geschäft ein
Doch schon im Grundschulalter konnten die Buchholz-Jungen dem Familienunternehmen unter die Arme greifen. „Mit zehn Jahren habe ich schon unser Kinderkarussell betreut“, und auch für die Schulpflicht gab es eine Lösung: „Wenn der Rummel mal weiter weg war, sind wir auf eine Reiseschule gegangen.“ Dafür bekamen die Kinder ein Lehrbuch überreicht und mussten dann beim ortsansässigen Rektor vorstellig werden. „Dann saßen wir eine Woche lang in einer fremden Klasse.“
Doch Schule habe ihm nie viel Spaß bereitet. „Irgendwann haben meine Eltern gefragt, was ich machen will, eine Lehre oder so, aber ich bin dann mit ungefähr 15 ganz ins Geschäft eingestiegen.“ Peter Buchholz und sein Bruder heirateten jeweils eine Tochter einer befreundeten Schaustellerfamilie. „Und heute arbeiten auch meine Tochter und mein Sohn auf der Kirmes“, so Bucholz nicht ohne Stolz. Wird diese Tradition durch die Enkel weitergeführt? „Noch eine Generation wäre mein großer Wunsch“, gibt Buchholz zu. Zukunft habe die Kirmes auf jeden Fall. „Aber die sollen auch einen Beruf erlernen, als Absicherung.“
365 Tage im Jahr für die Kirmes
Und wie hat sich das Geschäft im Laufe der Jahrzehnte entwickelt? Heute ist alles schnelllebiger. „Aber vielleicht kommt mir das in meinem Alter auch nur so vor. Trotzdem wollte Buchholz nie einen traditionellen Beruf ausüben. „Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen.“ Auch wenn die Zahl der Veranstaltungsorte kleiner geworden ist, „früher waren es zwischen 35 und 38 pro Jahr, heute sind es zwischen 15 und 20“, ist das Arbeitspensum nicht geringer geworden. Denn zum Job eines Schaustellers gehört viel mehr als nur die klassische Standbetreuung. Es geht um Behördengänge, um Reparaturarbeiten, Auf- und Abbau, um Organisation. „Ich arbeite 365 Tage im Jahr.“
Auch wenn einige Spielstätten über die Jahre verloren gegangen sind, es ergeben sich auch immer wieder neue Optionen. „Den historischen Indoor-Jahrmarkt in Bochum gab es erst 13 Mal.“ Anfang des Jahres, wenn es für die klassische Kirmes noch zu kalt ist, kommt die Ausstellung wie gerufen und zieht eine andere Zielgruppe an. „Unser ältestes Karussell ist von 1942, das älteste auf dem Jahrmarkt von 1878. Das sind alles Originale.“ Den ganzen Tag auf der Kirmes zu verbringen, mache ihm nichts aus. „Acht, oder 20 Stunden – das ist mir egal. Ich kann mir kein anderes Leben vorstellen.“
Montag endet die Mölmsche Kirmes
Am Montag, 11. Juli, geht die Mölmsche Kirmes in die letzte Runde. Familie Buchholz zieht dann direkt weiter nach Düsseldorf. „Unser Wohnwagen und die Raupenbahn stehen schon da.“ Und was für ein Schlag Mensch arbeitet auf der Kirmes? Ganz einfach: „Gute Menschen“, meint Buchholz mit einem Lachen.