Oberhausen. Ein Programm mit 24 Terminen soll vom 25. Juni bis 18. Juli Burg Vondern beleben. Selbst „Schillers sämtliche Werke“ werden ein flotter Abend.
Weder Ritterturnier noch Highland-würdige Vondern Games werden im Sommer die Scharen zur Burg Vondern locken. Beide Attraktionen musste der Förderkreis von Oberhausens ältestem Gemäuer schon am Jahresanfang absagen. Doch für den Vorsitzenden Walter Paßgang ist das kein Grund, den Mut sinken zu lassen – denn täglich erwartet er das städtische Okay für ein ausgedehntes Sommerprogramm mit insgesamt 24 Terminen vom 25. Juni bis 18. Juli.
Mit Bundeshilfe will die Stadt nicht allein die Burg Vondern, sondern weitere notleidende Schauplätze bespielen – und so der Kultur mit Freilicht-Konzerten, Kleinkunst und Bühnenwerke wieder ins Leben helfen. Für den Burgherrn, der neben den Matinee-Konzerten aus dem Repertoire des Impresarios Dr. Jo Jansen, bisher auf die großen ritterlichen Spektakel setzte, ergibt das eine ganz neue Melange aus Klassik mit kabarettistischer Note plus Kindertheater.
Das Hygienekonzept, erläutert Walter Paßgang, hat der Förderkreis eingereicht: 70 bis 80 Gäste könnten demnach im bestuhlten Burghof vor einer kleinen Bühne Platz nehmen. Wenn drinnen in der Remise wieder Matineekonzerte möglich sein sollten, gäbe es dieses Konzertvergnügen für maximal 50 Gäste. Damit trotz des Prinzips „klein, aber fein“ das mutmaßlich große Nachholbedürfnis der Kulturhungrigen gestillt werden kann, sind während der Ferienwochen jeweils mehrere Aufführungen der eingeladenen Künstler vorgesehen.
Veritabler Raubzug durch die Weimarer Klassik
Und was wird geboten? Für die Jüngsten sowohl Kindertheater mit „Kreuz und quer“ alias Esther Krause-Paulus und Rainer Besel aus Duisburg als auch mit Peter Waros, der etliche Jahre zum Ensemble des Theaters Oberhausen zählte. Für alle Alter singt Franziska Dannheim als Ein-Frau-Opernensemble an drei Abenden die jeweils schönsten Arien aus W. A. Mozarts „Don Giovanni“ und George Bizets „Carmen“. Sage niemand, dass zündende Klassik nur in der stilleren Remise funkeln kann. Zwischen Schauspiel und Kabarett schließlich changiert Hilmi Soezers Coup mit „Schillers sämtlichen Werken – leicht gekürzt“: ein veritabler Raubzug durch die Weimarer Klassik.
Matineen in der Remise sollen am 4. Juli aufleben
Für das Freilicht-Kulturprogramm im Burghof erwartet der Förderkreis quasi stündlich grünes Licht aus dem Rathaus. Deshalb gibt es noch keinen Vorverkauf – der für diese Events übrigens auch über das Besucherbüro des Theaters Oberhausen laufen soll – und noch keine Einträge auf der Homepage burg-vondern.de.Liebhaber der sonntäglichen Konzert-Matineen in der Remise dürfen sich allerdings schon vorfreuen: Nach insgesamt sechs Pandemie-bedingt abgesagten Konzerten 2020 / ’21 soll die Reihe am 4. Juli wieder aufleben. Dann spielen Maria Kovalevskaya und Natalia Maximova als „Yolo Duo“ am Klavier zu vier Händen ein Repertoire von klassisch bis zu Ludovico Einaudi.
Selbst für die spielfreien Abende auf der Burg zwischen Rangierbahnhof und Autobahn hat der Förderkreis vorgesorgt: Voraussichtlich schon am Fronleichnamstag, 3. Juni, könnte im Burghof ein „Pop up“-Biergarten ausschenken – und zwar frisch vom Fass die typisch irischen Pub-Getränke Guinness, Kilkenny’s und Cider nebst heimischem Pils und Kaffeespezialitäten. In den Biergarten integrieren wollen die Burgherren eine Whisky-Bar mit über 400 Single Malts – schließlich hat man bereits seine Erfahrungen mit schottischen Highland Games. Zudem wünschen sich die Gastgeber eine Holzofenbäckerei, um auch kleine Snacks anbieten zu können.
Bei soviel Burgleben unter freiem Himmel gerät fast aus dem Blick, dass auch das Herrenhaus für seine Rolle als Hochzeits- und Tagungsort kräftig aufgehübscht wurde. Als Mitglied des Förderkreises ließ es sich der 78-Jährige Osterfelder Raumausstattermeister Hermann Teves nicht nehmen, ehrenamtlich die Stores und Vorhänge in der Beletage der Burg anzubringen und in akkurate Falten zu legen. Inzwischen sind alle Räume im Herrenhaus mit neuen Dekostoffen, Tischen und Stühlen und einer neuen Beleuchtung ausgestattet. Das lichtdurchflutete Trauzimmer und der Spiegelsaal glänzen nun mit mehr als einem Hauch von altem Adel.
Barockes Hochzeitspaar des Jahres 1666
Zudem verehrte Dr. Christina Gräfin von Nesselrode-Reichenstein dem Sitz ihrer Vorfahren zwei großformatige Foto-Reproduktionen barocker Gemälde: Die Porträts zeigen Franziska Freiin von Brempt und Johann Freiherr von Nesselrode, deren Familien auch auf dem Wappen am Burgportal vereint sind. Mit diesem Hochzeitspaar des Jahres 1666, meint Walter Paßgang, ist das Trauzimmer erst komplett ausgestattet.
Allerdings hat der gegenwärtige Burgherr auch noch den ältesten Teil des Ensembles, nämlich die über 500 Jahre alte Vorburg, im Blick: Denn zumal die archäologischen Funde aus der Gräfte sollten sich in einem angemessenen Ambiente präsentieren. Walter Paßgang meint das Dachgeschoss des Torhauses, das in seiner ganzen Ausdehnung von Turm zu Turm einen stattlichen Ausstellungssaal ergäbe. Die Bausubstanz sei gut, weiß der 75-Jährige: „Alles ist trocken – nur etwas verstaubt.“ Und anders als im heutigen Adelssitz derer von Nesselrode muss der Vonderner Förderkreis hier auch nicht mit Fledermäusen um ein schützenswertes Domizil konkurrieren.