Herne. . Hilmi Sözer, Uwe Frisch-Niewöhner, Nils und Till Beckmann bürsten den Klassiker gegen den Strich. Die frische, witzige Inszenierung des Duisburger Kom’ma Theaters begeisterte jetzt das Publikum in den Flottmann-Hallen. Wer sie versäumt hat, hat am 31. Januar 2014 eine zweite Chance.

Über den Literaturkanon im Deutsch-Unterricht ist schon viel lamentiert worden. Überholt, staubtrocken, ohne Bezug zur Lebenswirklichkeit lesemüder Großstadtkinder. Ein Theaterbesuch könnte da Wunder wirken, jedenfalls in punkto Schiller. Hilmi Sözer, Uwe Frisch-Niewöhner, Nils und Till Beckmann strubbeln dem Klassiker ordentlich durchs rote Haar. Mit „Schiller. Sämtliche Werke ... leicht gekürzt“ gastierten sie jetzt in den Flottmann-Hallen.

Dass das Publikum tobte, mag zu einem geringen Anteil damit zu tun haben, dass die Brüder Beckmann als Stamm-Schauspieler des Theater Kohlenpott in den Flottmann-Hallen ein Heimspiel hatten. Aber auch ohne diesen Fan-Bonus hat der rasante Schnelldurchlauf durch Leben und Werk des Dramatikers das Zeug zum Kultstück.

Michael Ehnert hat das Stück zum 250. Geburtstag geschrieben

Der Kabarettist und Autor Michael Ehnert hat die Vorlage geschrieben und selbst in Hamburg zum 250. Schiller-Geburtstag mit Hilmi Sözer und zwei anderen Schauspielern auf der Bühne gestanden. Jetzt hat sich das Kom’ma Theater, mit dem Bühnen- und Filmschauspieler Hilmi Sözer eng verbunden, eine eigene Fassung ausgedacht, die erfolgreich in Duisburg läuft und jetzt in Herne erstmals auch außerhalb zu sehen war.

Mit großer Spielfreude schmeißen sich die vier Schauspieler auf den „Quentin Tarantino unter den Klassikern“, den Rebellen, Freidenker und Frauenhelden, der ihnen auch im 254. Jahr nach seiner Geburt trotz seines penetranten Schwäbelns noch imponiert: „Einfach ein cooler Typ!“ Höchst unterhaltsam verquicken die Akteure Originalszenen mit Biografischem und der Rezeptionsgeschichte, angefangen vom Brüderzwist der Moors in den „Räubern“ bis zum Rütli-Schwur in „Wilhelm Tell“.

Wallenstein liest das WAZ-Horoskop

Ob „Johanna von Orleans“ („die Mutter aller Kriegsfilme“) oder Zickenalarm in „Maria Stuart“: Das großartige Quartett deutet die Weltliteratur sehr eigenwillig. „Kabale und Liebe“, lernen wir, ist eigentlich das gleiche wie „Der Pate“ und Wallenstein liest das WAZ-Horoskop, wenn er nicht weiter weiß. En pas-sant werden - erfrischend politisch unkorrekt - sogar interkulturelle Fragen geklärt: Darf ein Türke einen deutschen Dichter spielen? Hitler gar? Am Ende schwirrt einem der Kopf nach so vielen wilden komischen Geschichten, die aber nie zum reinen Klamauk verkommen. Ein herrlicher Spaß, an dem auch Deutschlehrer ihre Freude haben dürften.

Das Quartett spielt „Schiller“ am noch einmal am Freitag, 31. Januar, um 20 Uhr in den Flottmann-Hallen. Karten kosten im Vorverkauf 15/10 Euro plus Gebühren, an der Abendkasse 19/15 Euro.