Oberhausen. Digitalisierung, Lolli-Tests, Maskenpflicht, Raumnot – nur wenige Punkte, die die Schulen in Oberhausen durch 2021 begleiteten. Ein Rückblick.
Die Corona-Schockwelle machte auch im zweiten Pandemie-Jahr nicht vor dem Bildungssektor in Oberhausen Halt. Doch auch andere Themen beschäftigten die Schulpolitiker, Eltern und Schüler 2021. Eine Einschätzung unserer Redaktion.
Oberhausen diskutiert zwar seit vielen Jahren über Digitalisierung, aber die Corona-Krise zeigte, dass die Stadt hier hinterherhinkt. Distanzunterricht und Homeschooling stellten so hohe Hürden dar. Doch Corona beschleunigte alles: Bereits 2020 legte das Rathaus den Turbo ein, um die digitale Infrastruktur aufzurüsten. Fast zwei Jahre später verzeichnet die Stadt Teilerfolge: Der Glasfaserausbau läuft – sämtliche Schulen und Verwaltungsgebäude sollen an das schnelle Internet angeschlossen werden. Während des gesamten Jahres 2021 wurde gebuddelt, es wurden Kabel verlegt und Schulen mit WLAN ausgestattet. Das Mammutprojekt soll aber erst Ende 2022 beendet sein – und dann sollen alle Schulen mit dem schnellen Internet arbeiten.
Digitalisierung blieb auch 2021 das größte Thema in Oberhausener Schullandschaft
Parallel stellte das Rathaus einen Förderantrag nach dem nächsten und war so in der Lage, 6000 iPads und Laptops für Schüler und Lehrkräfte anzuschaffen. Die Praxis zeigt aber: Nicht jeder Schüler, der ein Gerät braucht, war auch sofort damit ausgestattet. Doch die Verwaltung ließ nicht locker. Durch ein neues EU-Programm werden derzeit weitere 7000 Geräte gekauft. Ziel ist es, dass am Ende jede Schülerin und jeder Schüler ein Leih-Endgerät erhält. Ganze iPad-Klassen sollen künftig in einem digitalen Klassenzimmer lernen. Damit experimentierte zuerst die Gesamtschule Osterfeld. [Lesen Sie mehr: Oberhausen: So lernen Schüler im digitalen Klassenzimmer]
Parallel bemühen sich die Schulen, die Corona-Folgen abzufedern und Kinder nicht alleine zu lassen: Grundschulen wie die Robert-Koch-Schule initiierten Projektwochen wie die „Herbstschule“, um Kindern mit Lerndefizit Möglichkeiten zu geben, den Stoff nachzuholen. Parallel wollten Nachhilfeinstitute Abhilfe schaffen und durch die von Bund und Land geförderten Bildungsgutscheine abgehängte Schülerinnen und Schüler auffangen. Möglich macht es das Regierungsprogramm „Ankommen und aufholen nach Corona“.
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Corona-Folgen werden zur Langzeitaufgabe von Schulen und Verwaltung
Doch nicht nur Unterrichtsinhalte sind verloren gegangen – Lehrer in Oberhausen betonten immer wieder, dass neben Faktenwissen auch andere frühere Stärken der Kinder wie Teamfähigkeit wieder aufgebaut werden müssen. Zudem wurden die Kinder unsportlicher. Susanne Amrehn, Sprecherin aller Grundschulen, erzählte im Sommer: „Die Kinder stolpern über ihre eigenen Füße.“ Sie kündigte an, Bewegung als festen Bestandteil des Unterrichts etablieren zu wollen. [Lesen Sie mehr: Grundschulen schlagen Alarm: Kinder zeigen erhebliche Mängel]
Kein Kind durchs Corona-Raster fallenzulassen, wird zu einer jahrelangen Aufgabe. Auch die lange währenden Diskussionen über Lolli-Tests, Maskenpflicht, Stoßlüften im Winter und den Kauf von Luftfilteranlagen beherrschten viele Eltern-Chats und Ausschusssitzungen in Oberhausen – und kosteten Nerven. [Lesen Sie mehr: Oberhausen: Weitere Diskussionen zu Luftfiltern in Schulen]
Einige Schulen laufen über, andere stehen kurz vor der Standortschließung
Und dann wäre da noch die Schulentwicklung fernab der Corona-Pandemie, die auf Unverständnis stößt: Während einige Schulen wie die Gesamtschule Weierheide oder das Bertha-von-Suttner-Gymnasium dringend mehr Räume für ihre Schüler brauchen, stehen andere Schulstandorte vor dem Aus. So will die Grundschule Buschhausen ihren Standort an der Lindnerstraße aufgeben, neue i-Dötze werden künftig ausschließlich an der Friesenstraße eingeschult. Der Grund: zu geringe Nachfrage.
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An anderer Stelle gab es nach jahrelangem Tauziehen endlich eine wegweisende Entscheidung: Im Mai beschloss der Rat die Errichtung einer neuen Gesamtschule auf dem Gelände der ehemaligen Hauptschule St. Michael. Der Schulbetrieb soll zum Schuljahresstart 2026/27 aufgenommen werden. Die ersten fünften Klassen zum Schuljahr 2025/2026 lernen für ein Jahr in der ehemaligen Hauptschule Bermensfeld. [Lesen Sie mehr: Oberhausen: Bau der neuen Gesamtschule startet Mitte 2024]
Große Bauprojekte wegen Ganztags-Gesetz
2021 sind mehrere Bauvorhaben umgesetzt worden. Die größte Baustelle sind die Grundschulen, die sich schon jetzt auf das ab 2026 in Kraft tretende Gesetz vorbereiten, nach dem jedes Kind Anspruch auf Ganztagsbetreuung bekommt. Dabei ist Oberhausen im Vorteil – seit vielen Jahren ist es in der Stadt Status quo, jedem Kind einen Platz im Ganztag anbieten zu können. Trotzdem müssen Gebäude erweitert, Mensen teils neu gebaut werden. In modernen Schulen sollte jedem Kind mehr Platz ermöglicht werden. Beengte Klassenzimmer oder Essensplätze wie im letzten Jahrtausend soll es nicht mehr geben. [Lesen Sie mehr: Oberhausen investiert über zwei Millionen Euro in Betreuung]
2021 war ein bewegendes Jahr für die Bildungslandschaft – selten ist in so einem kurzen Zeitraum so viel in puncto Digitalisierung passiert. Mit Ruhm bekleckert hat sich Oberhausen damit trotzdem nicht, hing die digitale Infrastruktur doch viel zu lange in einem längst vergangenen Zeitalter fest. Trotz Pandemie hat die Stadtverwaltung aber dennoch andere Großprojekte auf dem Schirm. Zuletzt hat der Rat beschlossen, kostenlose Menstruationsartikel in weiterführenden Schulen zur Verfügung zu stellen, die Diskussion über Trinkwasserspender in den Schulgebäuden läuft. Durch diese und andere Beschlüsse könnte Oberhausen zumindest in Teilen die Vorreiterrolle einnehmen, die sie als moderne Großstadt bekleiden sollte.
Wechsel von G8 zu G9 – eine Herausforderung
Wichtig für das Thema Raumnot an Oberhausener Schulen sind mehrere Entwicklungen – zum einen der Gesetzesanspruch auf einen Ganztagsplatz ab 2026, zum anderen veraltete Gebäude und mangelnde Neubauten wie am Bertha-von-Suttner-Gymnasium.Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Umstellung von G8 auf G9. Bis spätestens zum Schuljahr 2026/2027 muss der zusätzliche Raumbedarf gedeckt sein – wenn die ersten G9-Schüler in die Jahrgangsstufe 13 kommen. Die Experten im Rathaus gehen davon aus, dass die Gymnasien in Oberhausen insgesamt rund 50 zusätzliche Räume benötigen – inklusive der Klassenzimmer für die Sekundarstufe I, der Kursräume für die Sekundarstufe II, der Mehrzweckräume und der Büros. Eine Herausforderung, der sich die Stadtverwaltung bereits 2022 annehmen muss.