Mülheim. Angesichts steigender Schülerzahlen muss Mülheim dringend Schulen erweitern, vielleicht auch neu bauen. Jetzt liegt endlich ein erster Plan vor.
Politik und Verwaltung stehen vor einer schwierigen Planung, wie viel zusätzlicher Platz an Mülheimer Schulen zu schaffen sein wird.
Ohnehin drängte die Zeit, weil die Schülerzahlen erwartbar weiter steigen, der Rechtsanspruch auf eine Betreuung im Offenen Ganztag naht und die Rückkehr zu G9 an den Gymnasien ansteht. Jetzt, da der Entwurf für einen Bildungsentwicklungsplan zum Aus- und womöglich Neubau von Schulen endlich vorliegt, ist dieser schon wieder von der Zeit eingeholt. So ist doch völlig unklar, wie viele Kinder und Jugendliche aus der Ukraine zusätzlich in Mülheims Schulen strömen – und für wie lange.
Am Montag bringt die Stadtverwaltung den Entwurf des Bildungsentwicklungsplans (BEP) in die politische Debatte ein, der Bildungsausschuss tagt. Die Verwaltung räumt ohnehin ein, dass „eine lange Periode ohne umfassende Fortschreibung des Planwerks verstrichen“ sei, zudem habe Corona die Erarbeitung mit externer Begleitung durch die Münsteraner Gesellschaft für Beratung sozialer Innovation und Informationstechnologie (Gebit) ausgebremst.
Nachsteuern wird nötig sein: Ukraine-Zuzug ist aktuell noch gar nicht berücksichtigt
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Eile ist jetzt offenbar geboten, sich endlich zu wappnen für die höheren Schülerzahlen: Trotz aller Unwägbarkeiten soll der Stadtrat den BEP tunlichst am 23. Juni beschließen – und damit die Weichen dafür stellen, welche Schulen möglichst schnell in die Lage versetzt werden, zusätzliche Klassen aufzunehmen. Schuldezernent David Lüngen drängt zur Eile, auch wenn nicht absehbar sei, welche Auswirkungen die vermehrte Zuwanderung aus der Ukraine haben wird. Sein Vorschlag: Jetzt schnell den ohnehin nötigen Schulausbau unter Dach und Fach bringen und „nachsteuern“, wenn absehbar ist, was die aktuelle Flüchtlingskrise der Stadt darüber hinaus abverlangt.
Der Ausbaubedarf ist schon jetzt enorm; die MBI hatten nach der Flüchtlingsbewegung 2015/16 einige Zeit erfolglos gemahnt, endlich in eine entsprechende Planung einzusteigen. Nun kommen die umfangreichen Analysen der Gebit zum Ergebnis, dass an fünf Grundschulen neben dem Ausbau der Ganztagsbetreuung (OGS) ein zusätzlicher Klassenzug nötig wäre. An weiterführenden Schulen sei gar der Mehrbedarf von sieben Zügen zu decken.
Acht Prozent Anstieg der Schülerzahlen an Mülheims Grundschulen seit 2016
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Zunächst zu den Grundschulen. Zählte die Stadt 2016 noch 5727 Erst- bis Viertklässler, so waren es im Sommer 2021 bereits 6184 – ein Anstieg um 457 Schülerinnen und Schüler beziehungsweise um knapp acht Prozent. In der Spitze prognostizieren die Gutachter zum Einstieg ins Schuljahr 2025/26 gar mit knapp mehr als 6900 Grundschülern. Das wäre im Vergleich zu 2016 ein Anstieg um satte 20 Prozent. Wohlgemerkt: Der aktuelle Zuzug von Kindern aus der Ukraine ist in diesen Zahlen nicht einkalkuliert.
Der OGS-Ausbau ist laut Haushaltsplanung bereits für die Schule am Dichterviertel, für die Gemeinschaftsgrundschule Krähenbüschken (Broich), die Schildbergschule in Dümpten und die Hölterschule in Holthausen vorgesehen. Darüber hinaus sollen, so der Vorschlag an die Politik, die Astrid-Lindgren-Schule und die Barbaraschule (beide Dümpten) so erweitert werden, dass sie in Zukunft drei Klassen pro Jahrgang bilden können. Die Grundschule an der Zunftmeisterstraße (Eppinghofen/Stadtmitte) soll drei bis vier Klassen je Jahrgang bilden (14 Klassen insgesamt); das ist auch mehr als heute. Bei der Gemeinschaftsgrundschule am Steigerweg (Winkhausen) und der Katharinenschule (Speldorf) sollen gar vier Klassen in einem Jahrgang möglich werden.
Gutachter: Wenn eine neue Schule, dann sollte es eine Gesamtschule sein
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Für die Erweiterungen, so der Hinweis, sind noch weitergehende Prüfungen seitens des städtischen Immobilienservices nötig. Komplizierter wird es noch beim nötigen Ausbau des Angebots an weiterführenden Schulen. Allein für die einzig verbliebene Hauptschule am Hexbachtal geht die BEP-Untersuchung davon aus, dass kein Erweiterungsbedarf besteht. Für Real- und Gesamtschule, auch für das Gymnasium gilt: Es muss was passieren.
So dringend, dass die Stadt womöglich nicht darauf warten kann, dass ein Schulneubau (ein Platz dafür ist bisher nur auf dem alten Tengelmann-Gelände in Speldorf reserviert) steht. So stehen zwei Erweiterungszenarien zur Debatte. Das Szenario, das mit einer neuen vierzügigen Schule plant, legt sich darauf fest, dass dies eine Gesamtschule sein sollte. Darüber hinaus könnte die Realschule Stadtmitte künftig durch Umbau im eigenen Gebäude und durch Nutzung von Räumen des Berufskollegs an der Von-Bock-Straße fünf Klassenzüge pro Jahrgang anbieten. Ferner könnte es an zwei Gymnasien je einen Klassenzug pro Jahrgang extra geben.
Alternative: Erweiterungen an drei Gymnasien und zwei Gesamtschulen in Mülheim
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Die alternative Variante kalkuliert ausschließlich mit Erweiterungen an bestehenden Schulen. Demnach könnte die Realschule Stadtmitte gar auf Sechszügigkeit wachsen. Darüber hinaus wäre in weiteren fünf Schulen zusätzlich je eine Klasse pro Jahrgang unterzubringen. Vorgeschlagen sind hierfür die Gymnasien Broich und Heißen, die Luisenschule (ebenfalls Gymnasium; Stadtmitte) sowie die Gesamtschulen Willy Brandt (Styrum) und Saarn.
Bei beiden Varianten, darauf verweisen Verwaltung und Gutachter, sei allerdings noch nicht ein Sonderbedarf bis zum Schuljahr 2026/27 komplett abgedeckt. Dann erreiche die Schülerzahl einen vorläufigen Spitzenwert, um schließlich wieder zu sinken (ohne Ukraine-Effekt). Dafür, so heißt es, seien drei weitere Klassenzüge interimsweise einzurichten. Mülheims Bildungspolitik steht vor schweren Entscheidungen.
Erweiterungs bedarf auch an Förderschulen
Der Entwurf des Bildungsentwicklungsplans sieht zusätzliche Schul- und Betreuungsplätze auch in den Förderschulen vor.
Für die Wilhelm-Busch-Schule (laut Prognose steigt der Klassenbedarf dort von 21 auf maximal 23 im Schuljahr 2027/28) ist der Ausbau des Offenen Ganztags skizziert.
An der Rembergschule soll eine bauliche Erweiterung dafür sorgen, dass dort mehr Schüler unterrichtet werden können. Dort wird nach derzeitigem Stand der Platzbedarf für 21 Klassen ab Sommer 2026 erwartet.