Essen. . Die französische Komödie “Monsieur Claude und seine Töchter“ spielt mit Vorurteilen und Provokationen und bietet prächtige Unterhaltung mit viel Hintersinn. Ganz nebenbei erweisen sich die vier Töchter des Monsieurs jede für sich als eine wahre Augenweide. Wenn bloß die Schwiegersöhne nicht wären.
Das französische Kino ist zu allem fähig. In den letzten Wochen wurden Komödien importiert, die so belanglos und nichtig waren, dass ein jegliches weiteres Vertrauen nicht gerechtfertigt schien. Jetzt aber kommt „Monsieur Claude und seine Töchter“ in die deutschen Kinos und zeigt mit Nachdruck, wie klassische Komödienunterhaltung in moderner Umsetzung auszusehen hat. Dieser Film hat Stil, Witz und Klasse und es hat seinen Grund, dass der Film auf Heimatboden bereits den Kassenerfolg von „Die fabelhafte Welt der Amélie“ übertreffen konnte.
Heimatliebe und Tradition
Der Kniff ist es, dass der Titel nur die halbe Wahrheit erzählt, denn der erfolgreiche Anwalt Claude Verneuil hat zwar vier schöne junge Töchter, das Problem aber sind die Schwiegersöhne. Rachid ist Araber, Chao ist Chinese und David ist Jude. Sicher, so grundsätzlich ist das kein Problem, aber Monsieur Claude und seine Frau Marie sind halt sehr in Heimatliebe und Tradition gefangen. Vorurteile gegen Ausländer hegt man höchstens dann, wenn man sie als berechtigt empfindet; also eigentlich immer.
Es liegt auf der Hand, dass die ohnehin schon spärlich gesäten gemeinsamen Familienfeste schnell in gegenseitigen Provokationen und Beleidigungen aus dem Ruder laufen, zumal sich die Schwiegersöhne auch untereinander nicht sonderlich grün sind. Aber weder Monsieur Claude noch alle anderen aus der Familie ahnen, was ihnen blüht, als auch Nesthäkchen Laure ihre Verlobung ankündigt. Auf den ersten Blick scheint alles bestens, denn der Traumprinz ist Schauspieler von Beruf und obendrein noch Katholik.
Die Sache ist nur, dass Laure ein Detail ausgelassen hat: Charles ist Schwarzafrikaner von der Elfenbeinküste. Der ganz alltägliche Rassismus, gedüngt durch Vorurteile und Diskriminierungstendenzen und zugleich gut umkleidet mit einem Mäntelchen bürgerlichen Großmuts, der sich mit Begriffen wie liberal und tolerant das eigene Gewissen schön redet – es kommt einiges an Brisantem und Provokantem in diesem Film zusammen.
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Anleihen beim Boulevardtheater
Da wäre eine Umsetzung als hartes Problemdrama ebenso denkbar gewesen wie eine grelle Farce. Der hierzulande noch völlig unbekannte Regisseur und Co-Autor Philippe de Chauveron hat sich hingegen auf die Form des Boulevardtheaters verlegt. Alles wirkt ein bisschen hysterischer und überhöhter als in der Realität, aber immer genug geerdet, dass die Figuren nicht zu Karikaturen verkommen und die Konflikte nicht an Sprengkraft verlieren. Dieser sehr französische Ansatz bietet in der bildlichen Ausgestaltung wenig Aufregendes, es ist gepflegte Kinokonfektion von der Stange. Umso mehr schillert der Film in den entwaffnend respektlosen Dialogen und im Spiel der Darsteller.
Mit Frederique Bel, Julia Piaton, Emilie Caen und Elodie Fontan gibt es vier höchst verschieden geartete Töchter, die jede für sich schon als Augenweide einen Film veredeln würden. Nicht minder treffsicher sind die Schwiegersöhne besetzt, aber die Attraktion sind Chantal Lauby und Christian Clavier als Eltern am Rande des Nervenzusammenbruchs.
Vor allem Clavier, vor 15 Jahren als erster Asterix-Darsteller in einem Spielfilm zu Ruhm gekommen, besticht als gutbürgerlicher Genussmensch mit grau melierten Schläfen und spitzer Zunge. Der Erfolg in Frankreich war kein Zufall, denn dieser Film versteht er es mit Hintersinn prächtig zu unterhalten und mehr noch – man lacht immer wieder schallend auf.
Wertung: vier von fünf Sternen