Essen. Reiche sollen höhere Steuern zahlen, um Armen ein bedingungsloses Grundeinkommen zu finanzieren. Das forderten Hartz-IV-Pirat Johannes Ponader und Linke-Vizechefin Sahra Wagenknecht bei ARD-Talkerin Sandra Maischberger. Dort trafen sie auf finanziellen Reichtum, geistige Armut und viel Widerspruch.

1000 Euro fürs Nichtstun? Das klingt doch verlockend. Wer würde da schon Nein sagen? Vermutlich alle, die monatlich ein Vielfaches dieser Summe verdienen – die Reichen. Ihnen wollen Linke und Piraten nämlich ans Portemonnaie, wenn sie ein bedingungsloses Grundeinkommen fordern. Am Dienstagabend prallten beide Seiten, Reiche und weniger Reiche, bei ARD-Talkerin Sandra Maischberger aufeinander. Thema: „Der Millionär hat’s schwer: Reiche, zur Kasse bitte!“

Auf der einen Seite saß Johannes Ponader, politischer Geschäftsführer der Piratenpartei, der sich nicht zum ersten Mal dafür rechtfertigen musste, aus einem glänzenden Abitur (1,0) und anschließendem Studium keinen Profit geschlagen zu haben. Mehr noch, zeitweise lebte er zuletzt sogar von Hartz IV.

Parteifreunde wollen Ponader 1000 Euro Grundgehalt spenden

Umfrage 2012-08-22 GrundeinkommenErst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Parteifreunde ihm ein 1000-Euro-Gehalt spenden wollen, um dem selbst ernannten Lebenskünstler und Gesellschaftsveränderer aus der Patsche zu helfen und ihm die leidigen Diskussionen zu ersparen. Bei Maischberger gelang das noch nicht, und so ging Ponaders Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen beinahe unter.

Zum Hartz-IV- Piraten gesellten sich – zumindest ideologisch – die stellvertretende Parteivorsitzende und Vorzeigefrau der Linken, Sahra Wagenknecht, und Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Er gehört zu den Initiatoren des Bündnisses „Um-fair-teilen – Reichtum besteuern“, das eine höhere Besteuerung von Reichen und Spitzenverdienern fordert. „Der Lebensstandort Bundesrepublik steht auf dem Spiel“, warnte er pathetisch.

Sahra Wagenknecht braucht keine Diamanten

Wie viel Prozent ihres Ersparten oder Erarbeiteten die Spitzenverdiener dieses Landes abgeben sollen, darüber waren sich die drei freilich uneins. Der radikalste Ansatz kommt gar von einer, die gar nicht mitreden durfte, von der neuen Linken-Chefin Katja Kipping: Nach ihren Vorstellungen sollen Monatseinkommen über einer Grenze von 40.000 Euro künftig komplett an den Staat fließen. Eine Forderung, die Sahra Wagenknecht unterstützt: „Ich brauche keine Diamanten. Geld macht nicht glücklich, aber wenig Geld macht unglücklich.“

Den Beweis, dass Geld doch glücklich macht, versuchte Selfmade-Millionärin Claudia Obert penetrant zu erbringen. „Ich bin zwar keine Millionärin, aber ich lebe wie eine Millionärin“, posaunte die Unternehmerin, die unter ihrem Namen Luxusmode zu Discountpreisen verkauft. Und weiter: „Ich lebe für Champagner und Kaviar. Ich bin eine Litfaßsäule für Luxus.“ Später tat sie noch ihre Überzeugung kund, es gebe „keine Arbeitslosen, nur Arbeitsscheue“. Mancher hatte wohl den Eindruck, die Luft bei den oberen Zehntausend könnte weniger sauerstoffhaltig sein, als beim verarmten Rest der Gesellschaft.

Drogierie-Ketten-Chef Dirk Roßmann lehnt stärkere Umverteilung ab

Eine stärkere Umverteilung von oben nach unten lehnt sie jedenfalls ebenso ab wie Dirk Roßmann, Chef der gleichnamigen Drogerie-Kette (2500 Läden, 31 000 Mitarbeiter). Die Reichen zahlen schon genug Steuern, findet der Mann, der auf der Liste der reichsten Deutschen Platz 109 belegt. „Reiche zahlen 90 Prozent unserer Steuern, wir können froh sein, dass wir sie haben.“

In die gleiche Kerbe schlug der Sechste der Runde, Roger Köppel. „Je mehr Reiche, desto besser für die Gesellschaft“, sagte der Schweizer Journalist und Chefredakteur der Weltwoche und forderte mehr Respekt vor Unternehmern. Die deutsche Diskussion um eine höhere Besteuerung gleiche einem „Kreuzzug gegen die Reichen“.

Johannes Ponader spricht nur noch auf Aufforderung

Hartz-IV-Pirat Johannes Ponader war in der Zwischenzeit abgetaucht und redete nur, wenn die Moderatorin ihn dazu aufforderte. Dann setzte er sich immerhin für ein bedingungsloses Grundeinkommen, einen gesetzlichen Mindestlohn und die Abschaffung der Sanktionen im Hartz-IV-System ein.

Er wolle nicht mehr gezwungen werden, jeden beliebigen Job für einen Hungerlohn annehmen zu müssen, um Kürzungen der Sozialleistungen zu vermeiden. Jeder solle sich selbst verwirklichen können, so der Tenor des Schauspielers und Regisseurs. Wohl dem, der liquide Spender hat.

Am Ende reden bei Maischberger alle durcheinander

Was am Ende übrig bleibt? Dass sechs Gäste mit mindestens sieben Meinungen zu viel sind, um in einer 75-minütigen Sendung eine ordentliche Diskussion entstehen zu lassen; zumal die Moderatorin auch noch ein Stück vom Redekuchen haben will. Doch dieses Phänomen ist nicht neu, es wiederholt sich beinahe täglich in den zahlreichen Talkrunden der Öffentlich-Rechtlichen.

Die Lösung des Problems sieht meistens so aus: alle reden durcheinander. So auch diesmal wieder die Menschen bei Maischberger, die mit Zahlen, Fakten und Statistiken nur so um sich warfen. Der Gastgeberin blieb am Ende nur, festzustellen, wie groß die Differenzen der Gesprächspartner doch sind. Maischberger: „Und das ist ja auch schon eine Erkenntnis.“