Essen. . Altkanzler Helmut Schmidt hat bei ARD-Talkerin über seine neue Lebensgefährtin Ruth Loah gesprochen: Sie wohnten nicht zusammen, aber man sei „aneinander gewöhnt“. Viel wortreicher äußerte sich Schmidt allerdings über die Eurokrise, deutsche und Weltpolitik.
Die Krise des Euro, die Bedrohung der europäischen Idee – es gibt wahrlich genug offene Fragen, auf die man sich von einem wie Helmut Schmidt eine kluge Antwort erhofft. Der Auftritt des Altbundeskanzlers bei Sandra Maischberger am späten Dienstag Abend im Ersten war allerdings noch aus einem anderen Anlass mit größter Spannung erwartet worden: Vor wenigen Tagen hatte der 93-Jährige nämlich öffentlich erklärt, dass es knapp zwei Jahre nach dem Tod seiner Ehefrau Loki eine neue Lebensgefährtin an seiner Seite gibt.
Wird der stets auf den Schutz seines Privatlebens bedachte Hanseat vor der Kamera dazu Stellung nehmen, gar ein wenig sein Herz öffnen, den überraschenden Romantiker offenbaren – das waren die Themen, die natürlich auch über dieser Talkshow schwebten, und Sandra Maischberger redete denn auch nicht lange herum. Kaum war der Vorspann gelaufen und Schmidts erste von vielen Zigaretten in Brand, konfrontierte die Talkmasterin ihren prominenten Gast mit den aktuellen Schlagzeilen der Boulevardpresse – eine Umgebung, in der sich Schmidt als „Ikone des klugen Politikers“ nicht unbedingt zu Hause fühlt.
Helmut Schmidt und Lebensgefährtin Ruth Loah sind „aneinander gewöhnt“
Bei jedem anderen Fragesteller hätte der Altkanzler wahrscheinlich wortlos die Kippe ausgedrückt und wäre aus dem Studio gerollt – mit Sandra Maischberger verbindet den 93-Jährigen allerdings eine besondere Beziehung. Die TV-Journalistin durfte nicht nur die Laudatio anlässlich der Verleihung des „Milleniums-Bambi“ halten, ihre Sendung hatte Schmidt auch kurz nach dem Tod seiner Frau Loki besucht.
Die Antworten auf die unerlässlichen Fragen nach der Neuordnung des Privatlebens blieben allerdings ziemlich einsilbig. Ja, mit Ruth Loah verbinde ihn eine besondere Beziehung, und das schon über viele Jahrzehnte – „man sei aneinander gewöhnt“. Nein, von Glück könne man wohl nicht reden, das sei ein relatives Ding und außerdem Definitionssache. Gut, das Verlangen nach Nikotin teile die 79-Jährige, die schon die Wahlkämpfe organisierte, aber ob die treue Freundin der Familie jetzt mehr oder weniger als er selbst paffe, darauf wisse er keine Antwort „und damit sei jetzt auch mal gut“.
Gewohnt glänzenden Analysen vom Altkanzler bei Maischberger
Sandra Maischberger fügte sich und wurde belohnt mit einem Gesprächspartner, der die weiteren 70 Minuten der höchst unterhaltsamen Sendung mit präziser Offenheit gestaltete. Kürzte noch Einsilbigkeit die Antworten auf die einleitenden Fragen zum Privatleben, ging der Altkanzler im politischen Themenkreis wie gewohnt in die Vollen und glänzte mit Detailkenntnis und klarer Analyse.
Nein, es gibt keine Eurokrise – es gibt eine Schuldenkrise. Nein, Schmidt sieht keinen Politiker in Europa, der in der aktuellen Krise den Gesamtüberblick behält. Von konkreten Verurteilungen nimmt er allerdings Abstand, um die „Unruhe nicht noch zu verstärken“. Ein paar Seitenhiebe gegen Philip Rösler oder Markus Söder, die sich einen Ausschluss Griechenlands durchaus vorstellen mögen, konnte er sich allerdings im weiteren Verlauf der Unterhaltung nicht verkneifen.
Immer öfter stahl sich im Laufe des Interviews dann sogar ein Lächeln in die Züge, schlich sich ein trockener Witz in die Ausführungen, etwa wenn er die Auszüge aus seiner Antrittsrede als Kanzler im Jahr 1974 mit den Worten „War gar nicht schlecht, was?“ kommentierte.
Schon vor 40 Jahren warnte Schmidt vor einer Überforderung Deutschlands
War wirklich nicht so schlecht, und vor allem höchst aktuell: Schon damals, also vor fast vierzig Jahren, warnte der überzeugte Europäer Helmut Schmidt, der zudem als einer der Väter des Euro gilt, nämlich vor einer Überforderung Deutschlands in der Union und warb darum, dass die Mitgliedsländer ihre Probleme erst mal selbst lösen sollten.
Und nach Ausflügen in die Weltpolitik, Abstechern nach China oder Singapur, wurde es dann am Ende doch noch mal privat, und sehr menschlich. Also: Ruth Loah, die neue Frau an Schmidts Seite, lebt nicht unter einem Dach in Schmidts Privathaus, das „inzwischen zum persönlichen Altersheim umgebaut wurde“. Das würde die Dinge denn doch sehr komplizieren. Aber den weiteren Lebensweg geht man schon gemeinsam, und auf eins freut sich das Paar sehr: Demnächst will man eine Kreuzfahrt machen, mit einem Schiff der Hurtigruten zum Nordkap. Und wieder zurück.