Essen. Um die Affäre des Bundespräsidenten Christian Wulff kommt derzeit keine Talk-Show herum. Auch Beckmann versuchte sich an dem Thema, aber präsentierte den Zuschauern nur ein zahmes Frage-und-Antwort-Spiel.
Ähnlich wie das Thema Wulff langsam in den Medien an Wind verliert, wehte auch durch die ARD-Talk-Show Beckmann nur ein laues Lüftchen. Inhaltlich hatte die Diskussions-Runde am Donnerstagabend kaum mehr zu bieten als andere Gesichter, die alte Meinungen vertraten.
Fast scheint es, als ob zur Causa Wulff mittlerweile alles gesagt sei. So dümpelte die Sendung gemächlich durch das Spätabendprogramm. Einen Grund, der das Einschalten gerechtfertigt hätte, lieferte Moderator Reinhold Beckmann nicht.
Dabei hätte die Gästeliste durchaus das Potenzial gehabt, dass Thema mit neuen Sichtweisen zu bereichern. Anstatt einer hitzigen, gar kontroversen Diskussion, bekamen die Zuschauer aber nur ein handzahmes Frage-und-Antwort-Spiel zu sehen.
Karl-Georg Wellmann bot genug Zündstoff für die Wulff-Debatte
Auch, dass der Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann live zugeschaltet wurde, belebte die Diskussion nicht. Der CDU-Poliker, der als erster aus den eigenen Reihen Wulffs Rücktritt forderte, bot genug Zündstoff. „Wenn ich an der Stelle wäre, dann würde ich mit Anstand meinen Hut nehmen“, sagte Wellmann. Statt aber an dieser Stelle einzuhaken, ging die Runde über den Abgeordneten hinweg. Der Moderator hätte mit diesem neuen Aspekt eine interessante Sendung gestalten können. Diese Chance verpasste Beckmann.
Erhellende Momente blieb auch der ehemalige SPD-Vorsitzende Björn Engholm dem Publikum schuldig. 1993 musste er wegen der Barschel-Affäre von seinem Amt als schleswig-holsteinischer Ministerpräsident zurücktreten. Ein Vergleich bot sich an, aber dieser verpuffte an der Oberfläche. Gezielt nachzuhaken unterließ Reinhold Beckmann auch hier. Lieber gestattete er seinem Gast, über die Anforderungen an den Bundespräsidenten zu schwadronieren. Eine ethische, kulturelle und geistige Größe müsse er sein, sagte Engholm mehrfach.
Die pointierten Äußerungen von Autorin Julia Friedrichs konnten das Gespräch an einigen Stellen aufwerten. Wirklich Neues sagte sie allerdings auch nicht. Aber wenn schon nichts Neues, so brachte es Julia Friedrichs zumindest auf eine erfrischende Art herüber: „Es ist ein Amt, wo sich vorbildlich verhalten, zum Bewerberprofil gehört.“
Nils Minkmar, Feuilleton-Chef der FAZ, übernahm die Rolle, die man von ihm erwartete. Er kritisierte den Bundespräsidenten und bezeichnete sein Verhalten als „unerträglich“. Mehr wäre durchaus möglich gewesen.
Bettina Wulff als „Modebotschafterin“
Zu verständig waren die kurzen Wortwechsel mit Musiker Heinz Rudolf Kunze. Der langjährige Freund von Christian Wulff ergriff fortwährend Partei für den Bundespräsidenten. Dass er und Minkmar nebeneinander saßen, hätte zu einem schönen Schlagabtausch führen können. Aber ein solch argumentatives Kräftemessen wollte sich nicht einstellen.
So driftete die Sendung immer wieder in Belanglosigkeiten ab. Beckmanns Frage nach dem „Gefährlichen Glamour“ des Präsidentenpaares, womit er eigentlich das enge Verhältnis zur „Bild“ meinte, verkümmerte zu einem Exkurs über die Garderobe von Bettina Wulff. Bunte Chefredakteurin Patricia Riekel bestimmte diesen Teil der Sendung. Als „Modebotschafterin“ bezeichnete sie die Präsidenten-Gattin. Reinhold Beckmanns Versuch, den Ball weiter an Nils Minkmar zu spielen, misslang. Irritiert reagierte der Feuilleton-Chef der FAZ und antwortete: „Ich wüsste gar nicht, was sie an hat.“
Die Diskussion zu Wulff driftete ab
Zum Ende kam die Diskussion dann völlig vom Thema ab. Die pragmatische junge Generation brachte Julia Friedrichs aufs Tapet. Was eigentlich nur eine Randnotiz war, drängte sich in den Mittelpunkt der Runde. Warum das politische Engagement junger Leute weniger wird und sie sich immer weiter ins Private zurückziehen, versuchten die Gäste zu erörtern. Die Runde selbst wirkte, als ob sie der Wulff Debatte überdrüssig wäre.
Die Talk-Show Beckmann versuchte, mit dem Thema Wulff auf einen Zug aufzuspringen, der längst abgefahren ist. Das scheiterte auf ganzer Linie. Eine klare Antwort auf die Frage der Sendung nach „Macht, Medien, Moral – wo sind Deutschlands Vorbilder?“ blieben die Gäste schuldig. Zumindest wussten die Zuschauer zum Schluss, dass Nelson Mandela, Helmut Schmidt und der Dalai Lama laut einer Forsa-Umfrage für die Deutschen Vorbilder sind.