Berlin. . Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Bundespräsident Christian Wulff bei dessen Neujahrsempfang in Schloss Bellevue besucht. Es war das erste gemeinsame öffentliche Auftreten beider seit Wulffs Kreditaffäre.
Bundespräsident Christian Wulff hat am Donnerstag gemeinsam mit Ehefrau Bettina mehr als 250 Repräsentanten des Staates und ehrenamtlich engagierte Bürger zum neuen Jahr im Schloss Bellevue empfangen, darunter zahlreiche Mitglieder der Bundesregierung.
Der Neujahrsempfang war die erste öffentliche Begegnung zwischen dem wegen seiner Kredit- und Medienaffäre angeschlagenen Staatsoberhaupt und Bundeskanzlerin Angela Merkel seit Beginn der Affäre. Merkel begrüßte Wulff mit Handschlag und wechselte einige Worte mit dem Präsidenten. Der Ehefrau Bettina Wulff strich die Kanzlerin freundschaftlich über den Arm.
Merkel hält zu Wulff
Merkel hatte sich am Vortag erneut hinter Wulff gestellt und gesagt, sie freue sich auf die Begegnung beim Neujahrsempfang.
Wulff und die Regierungsmitglieder bemühten sich demonstrativ und Harmonie und eine gelöste Stimmung. Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßte Bettina Wulff mit einem Wangenkuß.
Auch die meisten übrigen Minister, darunter Vizekanzler Philipp Rösler und Finanzminister Wolfgang Schäuble waren erschienen. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen und Verteidigungsminister Thomas de Maiziere fehlten allerdings.
Chef des Journalisten-Verbandes boykottiert Empfang
Ebenfalls vertreten waren die Spitzen von Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wohlfahrtsverbänden, von Bundestag und Bundesrat, des Bundesverfassungsgerichts sowie Vertreter der Religionsgemeinschaften. Traditionell angeführt wurde das eng getaktete Defilee von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit.
Aus Protest gegen eine vom Bundespräsidenten versprochene und nicht eingehaltene Transparenz bei der Aufklärung seiner Kreditaffäre boykottierten sowohl Transparency International als auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) den Empfang.
Zeitungen: Wulff darf Fragen veröffentlichen
Mehrere Medien wollen der detaillierten Veröffentlichung von Fragen und Antworten zur Kreditaffäre von Bundespräsident Christian Wulff nicht im Wege stehen. Die „Bild“-Zeitung, die „Berliner Zeitung“ und die „Frankfurter Rundschau“ gaben am Donnerstag Wulffs Anwalt Gernot Lehr die Veröffentlichung ihrer Anfragen zur Kreditaffäre frei. Auch das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hat gegen eine Veröffentlichung nichts einzuwenden.
In einem Brief vom Donnerstag habe die „Bild“-Zeitung die „ausdrückliche Genehmigung“ zur Veröffentlichung ihrer Anfragen sowie Wulffs Antworten erteilt, damit der Präsident eine „größtmögliche Transparenz“ herstellen könne, sagte der stellvertretende Sprecher des Axel Springer Verlags, Tobias Fröhlich.
Anwalt Lehr hatte am Mittwoch mitgeteilt, seine Kanzlei sei „aus Rechtsgründen daran gehindert“, die im Zusammenhang mit Wulffs Kreditaffäre gestellten rund 500 Medienanfragen und die dazu gehörigen Antworten zu veröffentlichen. Der im Mandantenauftrag geführte Schriftverkehr und die Gespräche zwischen Anwälten und Dritten fielen unter die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht. Jedoch könnten die anfragenden Medien selbst entscheiden, welche Antworten sie für öffentlichkeitsrelevant hielten und sie publizieren.
Viele Nachfragen zu Wulffs Kreditaffäre
„Berliner Zeitung“ und „Frankfurter Rundschau“ gaben daher ebenfalls ihre Rechercheergebnisse frei. Alle Anfragen „zu Wulffs Privatdarlehen, zu seinem BW-Bank-Kredit, zu Zinskonditionen und Urlaubsreisen, zu Unternehmerfreundschaften, Grundbucheinträgen, Sicherheiten, zu eventueller Steuerhinterziehung, zu Überweisungen, Daueraufträgen und Tilgungen dürfen gerne veröffentlicht werden“, teilten die Zeitungen mit.
Eine Veröffentlichung aller Fragen werde auch zeigen, wie wenig manche Antworten erklärten, wie oft Nachfragen nötig gewesen seien, und dass auch die Antworten auf die Nachfragen bis heute vieles im Unklaren ließen. (rtr/dapd)