Berlin. Neuer Gegenwind für Christian Wulff: Erstmals spricht sich ein Mitglied der CDU-Bundestagsfraktion für einen Rücktritt des angeschlagenen Bundespräsidenten aus. Bundestags-Vizepräsident Thierse fordert unterdessen mehr Transparenz von Wulff.
Aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gibt es die erste offene Rücktrittsforderung an Bundespräsident Christian Wulff. Die Diskussion um Wulff werde so schnell nicht enden und die Dinge würden auch nicht in einem Jahr vergessen sein, sagte der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann am Mittwochabend dem ZDF. "Und deshalb wäre das ein Schrecken ohne Ende und ein Ende mit Schrecken wäre besser."
Das Amt des Bundespräsidenten sei schon jetzt beschädigt, "allein durch die Tatsache der öffentlichen Diskussion auch in großen Leitmedien wie "FAZ", "Süddeutscher", "Spiegel", "Zeit", wo sie hingucken. Und mein persönlicher Rat an ihn (Wulff) wäre, dass er sich das nicht länger zumutet - sich, der Familie und dem Amt."
"Ich glaube nicht, dass das in einem Jahr vergessen sein wird"
Wellmann sagte, das Grundgesetz habe das Amt des Bundespräsidenten auf eine bestimmte Art ausgestattet. "Das ist ein Staatsoberhaupt, dass überparteilich sozusagen die Meinungen zusammenfassen soll, der Orientierung geben soll." Viele Menschen litten darunter, dass dieses Amt und dieser Bundespräsident so in der Diskussion sei. "Ich glaube auch nicht, dass das zuende ist. Ich glaube auch nicht, dass das in einem Jahr vergessen sein wird."
Der Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) forderte im "Hamburger Abendblatt", Wulff müsse die Fragen und Antworten zu seiner Kredit- und Medienaffäre veröffentlichen. "Es wäre im Interesse des Bundespräsidenten, wenn er seiner Ankündigung von voller Transparenz auch entsprechende Taten folgen ließe und nicht die Einschränkung durch seine Anwälte hinnimmt." Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei von Wulffs Problemen betroffen, schließlich habe sie Wulff ins Amt gebracht. "Sie kann jetzt nicht so tun, als ob sie der Fall nichts angeht."
Gegenwind für Wulff auch aus Niedersachsen
Auch der CDU-Fraktionschef im niedersächsischen Landtag forderte Wulff auf, Worten Taten folgen zu lassen. Alle 450 Fragen und Antworten sollten veröffentlicht werden, sagte er der Nordwest-Zeitung laut Vorab-Bericht aus der Donnerstag-Ausgabe. Es sei auch in Ordnung, wenn jeder Interessierte die Antworten bei Wulffs Anwälten anfordern könne. Damit würde die zugesagte Transparenz eingehalten. "Das ist unsere Forderung, darauf müssen wir auch drängen. Sonst ist ein Ende dieser Debatte nicht möglich."
Der Einwand von Wulffs Anwälten, dies sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich, möge zwar juristisch richtig sein. "Aber es ist politisch falsch", sagte Thümler. "Wulff hat im Fernsehen vor 18 Millionen Menschen zugesichert, dass die 450 Fragen beantwortet und offengelegt werden. Ich denke, darauf warten wir alle und das muss jetzt auch passieren." Wulff war vor seiner Wahl zum Bundespräsidenten als CDU-Politiker Ministerpräsident von Niedersachsen.
"In einem Jahr ist das alles vergessen"
Wulff steht unter anderem bereits wegen eines Hauskredits von 500.000 Euro der Unternehmergattin Edith Geerkens, fragwürdigen Aussagen vor dem niedersächsischen Landtag, eines günstigen Nachfolgekredits bei der BW-Bank, Gratisurlauben bei Unternehmerfreunden sowie der versuchten Einflussnahme auf Medienberichte zur Kreditaffäre seit längerem in der Kritik. Einen Rücktritt lehnt er ab. Einem Medienbericht vom Wochenende zufolge hatte Wulff vor wenigen Tagen seinen Mitarbeitern erklärt: "In einem Jahr ist das alles vergessen."