Neu im Kino: zwei deutsche Kinoversuche zwischen Komik und Spannung und eine Doku aus Italien, die wegen ihres Themas Publikum verdient hätte.
„Jagdsaison“
Ein Luxushotel auf dem Lande, es ist das Wochenende für die Rebhuhnjagd. Drei Frauen fahren vor. Influencerin Bella (Almila Bagriacik, bekannt aus „4 Blocks“ und als Mila Sahin aus dem Kieler „Tatort“) hat eingeladen. Mit dabei ist Marlene (Marie Burchard von der Schaubühne Berlin), die endlich wieder Spaß am Sex will und deshalb ein außereheliches Date vereinbart hat. Und da ist Eva (Rosalie Thomass aus „Eine ganz heiße Nummer“ und „Grüße aus Fukushima“), die einen Hals hat, weil Bella ihr den Mann ausspannte und nun auch noch Evas kleine Tochter und Marlene umgarnt.
Beste Voraussetzungen für einen turbulenten filmischen Wochenendtrip mit drei guten Schauspielerinnen, die jetzt mal so richtig die Sau rauslassen, wenn sie sich durch die Klischees der modernen Frau um die 30 wühlen. Das alles unter der Regie von Aron Lehmann, der vor ein paar Jahren mit „Das schönste Mädchen der Welt“ einen charmanten, romantischen Teenagerfilm gedreht hat.
Da kann nichts schiefgehen? Im Gegenteil, es geht so ziemlich alles schief, wenn es im Trio aus Trampeltier, Luxuspüppi und grauer Maus keine einzige sympathische Figur gibt, der Humor mit der Brechstange bedient wird und den Gags jeglicher Sinn für Timing fehlt. Im März wollte kaum einer die Komödie „JGA: Jasmin. Gina. Anna“ sehen, dabei war die sehr lustig. Wer jetzt zur Jagdsaison bläst, ist selber schuld.
„Die Zukunft ist ein einsamer Ort“
Frank überfällt einen Geldtransport, wird verhaftet und landet für fünf Jahre im Knast. Als Einzelgänger hat er wenig zu lachen. Die Wärterin Susanna (Katharina Schüttler, die cool und hart wirken möchte, das aber nicht kann) spürt, dass der Mann eigentlich nicht hierher gehört.
Frank (Lucas Gregorowicz, ein sympathischer Typ, der hier wie ein linker Buchhändler wirkt, der sich einen neuen Flohmarktanzug zugelegt hat) zeigt Interesse für den Mithäftling Fuad, der durch Kontakte nach außen gewisse Privilegien genießt. Dann wird auf Fuad (Denis Moschitto, von dem einfach keine Gefahr oder Bedrohung oder Autorität ausgeht) ein Anschlag verübt.
Auch interessant
Die zweite Arbeit (nach „Toro“ 2017) des Regie- und Drehbuchpaares Martin Hawie und Laura Harwarth ist ein weiterer rührender Versuch, deutschem Genrekino auf die Sprünge zu helfen. Der Handlungsverlauf gestaltet sich aber konstruiert bis kompliziert, in der Charakterzeichnung grobschlächtig. Viele Klischees, wenig Neues, noch weniger Packendes und eine Wärterin, die sich von einem Gefangenen schwängern lässt.
Vereinzelt blitzen Härten auf, Spannung ergibt sich aber trotzdem kaum – angesichts eklatanter Ungereimtheiten und dem Umstand, dass es in diesem Knast rein gar keine Kameraüberwachung zu geben scheint.
„Il Mio Corpo“
Irgendwo im südlichen Sizilien: Marco fährt mit seinen halbwüchsigen Söhnen Roberto und Oscar die Küstenstraßen ab, um illegal entsorgtes Alteisen zu sammeln. Stanley kam aus Ghana übers Mittelmeer nach Sizilien. Ihm wurden zwei Jahre Aufenthaltserlaubnis zugebilligt – sein Freund muss zurück in die alte Heimat. Stanley begräbt seine Pläne von der Schweiz und heuert als Schäfer an.
Eine Art Neorealismus 2.0 serviert Dokumentarfilmer Michele Pennetta in diesem Hybrid aus dokumentarischer Alltagsbeobachtung und inszenierten Impressionen, hinter denen stets die Sehnsucht nach einem besseren Leben glüht. Die robuste Unmittelbarkeit der Bilder entwickelt dabei eine faszinierende Sogkraft für die Lebensverhältnisse von Menschen in prekären Verhältnissen. Sie alle, die Einheimischen und die Gestrandeten, ringen um gesellschaftliche Teilhabe.
Schade, dass sich daraus nur in Ansätzen eine Geschichte entwickelt hat. Der Film hätte Publikum verdient!