Bochum. Flaute am Bau: Jährlich 800 Wohnungen, wie erhofft, entstehen in Bochum nicht. Jetzt setzt die Stadt auch auf Mittel, die bislang verpönt waren.
Große Hoffnungen hat die Stadt Bochum in eine Strategie gesetzt, die sie vor sieben Jahren unter dem Titel „Handlungskonzept Wohnen“ auf den Weg gebracht hat. Im Kern ging es darum, Bedingungen zu schaffen, damit jährlich 800 neue Wohnungen in der Stadt gebaut werden. Da sie dieses Ziel zum Teil erheblich verfehlt hat, ändert die Stadt nur ihre Strategie und setzt neue Akzente. Mit der Wohnraumschutzsatzung will sie sogar ein von Kritikern längst gefordertes, aber bislang von der Verwaltung und von weiten Teilen der Politik verpöntes Instrument einführen.
Wohnraumschutzsatzung soll helfen, den Bestand zu erhalten
Eine solche Satzung, wie sie auch in anderen Städte wie Dortmund und Münster bereits gilt, soll dazu führen, Wohnraum zu erhalten und zu schützen, wenn er leer steht, abgebrochen werden soll und/oder zweckentfremdet genutzt wird. Unter Zweckentfremdung ist auch die Kurzzeitvermietung zu verstehen. Nach einer Auswertung des airnbnb-Portals im Rahmen des Empirica-Gutachtens, das zur Überprüfung des Handlungskonzepts Wohnen erstellt wurde, gibt es in Bochum derzeit 170 bis 190 Unterkünfte, die über airbnb angeboten werden. Sollten sie öfter als an insgesamt 90 Tagen pro Jahr kurzzeitvermietet werden, müsste dies beantragt und geprüft werden.
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Das indes ist nur eine der flankierenden Maßnahmen, die nach der Überprüfung des bisherigen Konzepts vorgeschlagen werden und über die der Stadtrat im September entscheiden soll. Große Hoffnungen setzt Bochum vor allem in die Innen- und Quartiersentwicklung. Bis 2035 soll mindestens die Hälfte des Wohnraums mit diesem Instrument geschaffen werden: mit kleinteiliger Bestandsentwicklung wie etwa umgenutzten Geschäftsräumen, mit dichterer Bebauung in bestehenden Wohngebieten, mit der Aufstockung von Häusern und mit der großflächigen Bebauung von Brachflächen. Aus einer bereits erarbeiteten Potenzialanalyse für diesen Bereich geht hervor, dass etwa 6500 Wohnungen durch Nachverdichtung geschaffen werden können. Der Fokus, auf diese Weise Freiflächen zu schonen und möglichst wenige Flächen in der Stadt neu zu versiegeln, ist unverkennbar.
Indes: Auch diese Verfahrensweise sorgt nicht immer für ungeteilte Zustimmung. Mehrfach hat es in den vergangenen Jahren in Bochum Proteste gegen die Entwicklung von Innenbereichen gegeben. Einer der Kritikpunkte: Die Verdichtung des Wohnraums falle zu extrem aus.
Anteil der Sozialwohnungen in Neubauten soll steigen
Mehr tun könnte Bochum auch beim Sozialen Wohnungsbau. Bis zu 450 Wohnungen fallen jährlich aus der Mietpreisbindung, so die Angaben des Mietervereins Bochum. Die Zahl der Sozialwohnungen ist mittlerweile deutlich unter 14.000 gefallen, der Bedarf liegt weiter darüber. Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein und damit auf den Bezug einer öffentlich geförderten Wohnung haben etwa 60.000 Haushalte.
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Nun soll eine Wende gelingen. Dazu ist eine Anhebung der bestehenden Quote nach Einschätzung des Experten das geeignete Mittel, und zwar auf mindestens 40 Prozent (statt bislang 30 Prozent) der Geschossfläche für städtische Areale sowie auf mindestens 30 Prozent (bislang 20 Prozent) für nicht-städtische Flächen. Auch das hatten Kritiker wie der Mieterverein und andere immer wieder angemahnt.
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Gelten sollen die neuen Quoten für Bauprojekte, für die bislang noch kein Bebauungsplanverfahren eingeleitet wurde, sowie für Flächen in städtischem Eigentum, die noch nicht vermarktet wurden. Möglichst 300 bewilligte Sozialwohnungen sollen auf diese Weise und durch zusätzlichen Bindungen bereits bestehender Wohnungen erreicht werden. Auch der Kauf von Belegungsrechten gehört dazu. Bochum hat im vergangenen Jahr als eine der ersten Kommunen in NRW die Chance genutzt, für ein großes Wohnungskontingent auf diese Weise dauerhaft eine Mietpreis- und Belegungsbindung zu sichern. Dabei ging es um 474 Wohnungen, die nun zum Bestand der mehrheitlich stadteigenen VBW gehören.
Überarbeitete Wohnungsbau-Strategie gilt bis 2030
Unverändert bleibt in dem überarbeiteten Handlungskonzept Wohnen das Mengenziel der Stadt: Es sollen weiterhin jedes Jahr möglichst 800 neue Wohnungen entstehen; eine Zahl, die in den vergangenen sieben Jahren lediglich einmal erreicht wurde. Bis 2030 soll das neue Maßnahmenpaket gelten, ehe es erneut überprüft wird.
Allerdings: Kurzfristige schnelle Erfolgen sind durch die Neuausrichtung nicht zu erwarten. Angesichts der Krise in der Baubranche sei absehbar, dass der Bedarf mindestens zeitweise nicht wird gedeckt werden könne. „Wann sich die Lage wieder bessert und in größerem Umfang neue Projekte gestartet werden, ist aktuell schwer einzuschätzen“, heißt es in einer Verwaltungsvorlage.