Düsseldorf. 24.000 erwischte Raser, davon 23 unter Alkoholeinfluss, und fast 280 Autofahrer, die ihren Führerschein zumindest vorübergehend abgeben müssen - das ist die Bilanz des dritten Blitzmarathons in NRW. Leichtsinniger Spitzenreiter: ein Mann in Düsseldorf, der 116 Stundenkilometer zu schnell fuhr.

Über 24.000 Autofahrer sind beim Blitzmarathon in Nordrhein-Westfalen mit überhöhter Geschwindigkeit erwischt worden. Dies entspreche drei Prozent aller gemessenen Fahrzeuge, teilte Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Donnerstag in Düsseldorf mit. An anderen Tagen seien durchschnittlich acht Prozent der kontrollierten Verkehrsteilnehmer zu schnell.

7000 Polizisten hatten von 6 Uhr am Mittwochmorgen bis 6 Uhr am Donnerstagmorgen an 3335 Messstellen im Land den Verkehr kontrolliert. Jäger zog eine positive Bilanz aus dem 24-stündigen Blitzmarathon, der am Donnerstagmorgen endete: "Die allermeisten Autofahrer sind verantwortungsbewusst gefahren und haben sich an die Geschwindigkeitsregeln gehalten."

278 Fahrer bekommen ein Fahrverbot

Dennoch hätten 278 Fahrer ein Fahrverbot erhalten, 23 Fahrer seien alkoholisiert gewesen oder hätten unter Drogeneinfluss gestanden. Polizisten in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und den Niederlanden hatten zum ersten Mal länderübergreifend Jagd auf Raser gemacht.

Auch der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) bezeichnete den Blitzmarathon als Erfolg und lobte die "hohe Akzeptanz in der Bevölkerung".

Mit Tempo 138 statt 50 in der Stadt unterwegs

Dennoch gab es einige Unbelehrbare, die trotz offensiver Ankündigung der Kontrollaktion viel zu schnell unterwegs waren. In NRW wurde der schlimmste Raser auf einer Autobahn im Raum Düsseldorf ertappt. Statt der erlaubten 60 fuhr er Tempo 176. Als Strafe erwarten ihn nun 680 Euro Bußgeld, drei Monate Fahrverbot und vier Punkte in der Flensburger Verkehrssünderkartei.

Die Ausrede des Tages kommt wohl aus Herne. Dort war ein älterer Herr geblitzt worden. Anschließend erklärte er den Polizeibeamten, sein Auto sei so gut gerollt, dass er nicht bremsen konnte. Er will sich jetzt beim Hersteller VW beschweren.

Völlig überrascht war am frühen Mittwochmorgen ein 34-jähriger Autofahrer in Bochum, der um 5.45 Uhr geblitzt wurde. Er war offenbar der Meinung, er könne noch 15 Minuten rasen. Schließlich startete der Blitzmarathon ja erst um 6 Uhr.

In Münster hat ein Rollerfahrer einem Polizisten den Mittelfinger gezeigt. Zuvor hatte der 50-Jährige ein Rotlicht missachtet und war mit 110 Stundenkilometern - erlaubt sind 50 - davon gebraust.

Im Kreis Euskirchen haben Polizisten einen Fahrer wegen einer Geschwindigkeitsübertretung angehalten. Bei einem Blick ins Fahrzeug entdeckten die Beamten einen Zettel am Lenkrad: "Blitzer!!" hatte sich der Fahrer als Gedankenstütze notiert. Genützt hat es offenbar nichts.

Erneut in Herne wurde ein Kleinwagenfahrer in einer Tempo 30-Zone mit 46 Sachen auf dem Tachometer erwischt. Seine Ausrede: "Ich bin nicht zu schnell gefahren, ich bremse hier immer erst auf 30 runter."

In Bochum ist der Polizei der wahrscheinlich schnellste Fußgänger ins Netz gegangen. Von ihrer Messstation aus beobachteten die Beamten, wie ein Dieb mit zehn Pfund Kaffee fliehen wollte. Sie nahmen die Verfolgung auf und konnten den Mann stellen.

Ein Verkehrsteilnehmer, der in Dortmund gerade ein "Ticket " bezahlt hatte, fragte den Beamten, ob dieses Verwarngeld nun als Tageskarte gelte. Die Frage musste der Polizist mit einem klaren "Nein" beantworten.

Ein Autofahrer aus Dortmund fuhr mit eingeschaltetem Warnblinklicht an einem Radarwagen vorbei. Bei der anschließenden Kontrolle behauptete er, dass er lediglich die Lüftung in seinem Auto einschalten wollte. Die Beamten überprüften den Fahrer und stellten fest, dass er keinen Führerschein besitzt.

Die ertappten Autofahrer zeigen sich in der Regel einsichtig. Bis auf einen Lkw-Fahrer aus den Niederlanden. Nachdem er in Bochum mit 75 km/h geblitzt worden war, fuhr er kurzerhand auf die Autobahn und machte sich aus dem Staub.

Eine Anwohnerin in Köln-Müngersdorf freute sich so über die Geschwindigkeitskontrollen vor ihrer Haustür, dass sie den eingesetzten Beamtinnen und Beamten Heißgetränke anbot.

In Köln wurde ein Autofahrer mit dem Handy am Ohr erwischt. Seine Ausrede: "Gerade hat mich ein Freund angerufen und mich vor den Verkehrskontrollen der Polizei in der ganzen Stadt gewarnt."

In Wetter hielt die Polizei einen 21-Jähriger an, weil sein Beifahrer ein Bonbon-Papier aus dem Fenster geworfen hatte. Wie sich herausstellte, war der Fahrer ohne Führerschein mit dem Wagen seiner Freundin unterwegs. Und für die Polizei war er kein Unbekannter: Erst eine Woche zuvor hatten ihn die Beamten ohne Führerschein erwischt.

In Krefeld kontrollierten die Beamten einen Mann, der zu schnell gefahren war. Sein Smartphone hatte er zwischen die Knie geklemmt und stellte resigniert fest: "Das mit meiner Radarwarner-App hat wohl nicht geklappt..."

Unbelehrbar - Ein Autofahrer wurde in Krefeld geblitzt und schimpfte: "Mein Gott, dass ist das dritte Mal heute, die stehen aber auch überall!"

Ein 20-jähriger Dattelner fuhr mit seinem Auto in Castrop-Rauxel zu schnell. Er sagte den Polizeibeamten, dass er nach einem Streit unterwegs war und deswegen vergessen hatte, dass heute der Blitzmarathon ist.

Anwohner in Iserlohn hatten die Polizei gebeten, an einer verkehrsberuhigten Straße zu blitzen. Prompt wurden auch sieben Fahrer geblitzt - alle Anwohner, und einer von ihnen hatte die Kontrolle selbst vorgeschlagen.

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Eine hohe Strafe ist auch bei einem Autofahrer fällig, der bei Euskirchen auf einer Landstraße mit Tempo 160 geblitzt wurde - erlaubt waren an dieser Stelle 70 Stundenkilometer. In Gelsenkirchen fuhr ein Autofahrer in der Stadt 138 statt der zulässigen 50 Stundenkilometer. Manch einer der ertappten Raser war nicht um Ausreden verlegen. Sein Auto sei "so gut gerollt", argumentierte etwa ein Mann in Herne.

In Niedersachsen wurden an rund 350 Messstellen fast 120.000 Fahrzeuge überprüft. Dabei stellten die Behörden knapp 3000 Verstöße fest, die nun mit Verwarngeldern geahndet werden. Weitere 895 Temposünder müssen Bußgelder bezahlen. Im Raum Braunschweig war ein 19-jähriger Fahranfänger in einer geschlossenen Ortschaft 66 Stundenkilometer zu schnell - außerdem hatte er Alkohol getrunken. Auf einer Bundesstraße zwischen Gronau und Elze blitzen die Beamten einen Pkw-Fahrer mit Tempo 173 - erlaubt waren dort lediglich 100 Stundenkilometer. (dapd/afp)