Wolfsburg. Der VW Up bekommt einen spanischen und einen tschechischen Bruder. Seat und Skoda stellten ihre Varianten des Kleinstwagens vor. Dabei kommt Skodas Citigo äußerlich etwas konservativer daher als der spanische Mii. Parallelen zum Vorbild muss man nicht lange suchen.
Nach dem VW Up hat Seat vor kurzem mit dem Mii den Zweiten im Bunde der kleinen Cityflitzer aus dem VW-Konzern an den Start gebracht. Der dritte Streich der baugleichen Kleinstwagen ist der Citigo von Skoda. Er steht ab sofort bei den Händlern. Und man muss nicht lange suchen, um den Mii wie den Citigo als "Up-Kömmling" zu identifizieren.
Sowohl der Seat als auch der Skoda sind mit 929 Kilogramm Gesamtgewicht Fliegengewichte, aber keine windigen Luftikusse. Unter der Haube ist, wie bei den Tochterfirmen üblich, solide VW-Technik am Werk: Nach Betätigung des Zündschlüssels, der tatsächlich weder Key-Card noch Startknopf, sondern noch ein echter Schlüssel ist, meldet sich der 1,0-Liter-Dreizylinder-Benziner leise zu Wort. Das ist in der stärkeren von zwei Leistungsstufen dasselbe 55-kW/75-PS-Motörchen, das auch den Up antreibt und für eine Höchstgeschwindigkeit von 171 km/h gut ist.
Frontdesign mit feinen Unterschieden
Das Design des nur 3,55 Meter kurzen Mii wirkt frisch und aufgeräumt. Vorn haben ihm die Seat-Designer mit dem trapezförmigen Wabengrill das aktuelle Markengesicht verpasst. Einen Zentimeter länger als der spanische Bruder, schaut der tschechische Citigo etwas ernster in die Welt. Die Front mit dem ebenfalls trapezförmigen, aber breiter als beim Mii gestalteten Kühlergrill und die schlichter gehaltenen Scheinwerfer verleihen dem Skoda einen seriös wirkenden Auftritt. Manche mögen es auch bieder nennen. Der Rest bleibt das, was der Citigo und auch der Mii de facto sind: irgendwie VW.
Das fängt beim steil senkrecht abfallenden Heck an, das beiden Konzerngeschwistern fast lupohafte Züge verleiht, und hört im Mii beim kugelrunden, golfballgroßen Schaltknauf des knackig per Hand zu schaltenden Fünfganggetriebes auf, der in Nostalgikern Erinnerungen an den VW Golf I weckt.
Durchdachtes Raumkonzept
Gibt man dem Spanier die Sporen und ignoriert die Schaltempfehlungen, entwickelt der Mii im Stadtverkehr durchaus Temperament, wobei der angegebene Normverbrauch von 4,7 Litern Super auf 100 Kilometern dann Wunschdenken bleiben dürfte. Der Citigo gönnte sich bei einer Testfahrt trotz fast schon sportlicher Fahrweise 5,6 Liter Sprit.
Beide Kleinstwagen bieten dank einer soliden Verarbeitung und eines durchdachten Raumkonzepts uneingeschränkte Alltagstauglichkeit. Beide sind exzellent geräuschgedämmt und verfügen über ordentliche Kopffreiheit. Der Zustieg auf die hinteren beiden Plätze der dreitürigen Varianten lässt sich sogar als 1,90-Meter-Mann ohne Akrobatik bewerkstelligen - ungewöhnlich für Autos dieser Klasse. Hinten sitzt es sich auch als Erwachsener überraschend bequem, der Kofferraum fasst 251 Liter.
Angesichts von so viel Verwandtschaft mit dem Modell des Mutterkonzerns klingt es fast ein bisschen verwegen, wenn die Marketingleute bei Seat das Besondere im Baugleichen beschwören: "Der Kunde, der einen Seat sucht, hat andere Wünsche als der Käufer eines Up", sagte Karl-Heinz Wrede, Marketingleiter bei Seat Deutschland, bei der Mii-Premiere in Berlin. Welche das wohl sind? Darüber lässt sich trefflich rätseln.
Der Preis jedenfalls kann es nicht sein. Zwar klingen 8.890 Euro als Einstiegspreis für die 44-kW/60-PS-Basisversion verlockend. Aber mit ein paar zusätzlichen Ausstattungsdetails wie elektrischen Fensterhebern und Aufsteck-Navi, die keine Extravaganzen, sondern auch in dieser Klasse eher Standard sind, wird man für den kleinen Spanier schnell großes Geld los. So addiert sich im mit einigen Extras wie dem bis 30 km/h wirksamen Notbremsassistenten "City Safety Assist" und Glaspanoramadach ausgestatteten Testwagen der Endpreis auf 14.500 Euro, ohne dass das Fahrzeug dabei den Esprit eines Fiat 500 oder Lancia Ypsilon versprüht.
Weggefährten für den Stadtbetrieb
Beim Citigo verhält es sich nicht anders. Dennoch ist der Hersteller zuversichtlich, dass Skoda noch in diesem Jahr rund 8.000 Einheiten des kleinen Flitzers in Deutschland verkauft. 2013 sollen es 20.000 Stück werden. "Experten zufolge wird das Segment auch in den nächsten Jahren weiter zulegen", begründet Hermann Schmitt, Sprecher der Skoda-Geschäftsführung, den Optimismus.
Was die Absatzerwartungen angeht, hält sich Seat Deutschland, wie üblich, bedeckt. Der Hersteller setzt aufs Flottengeschäft, etwa in der mobilen Altenpflege. Ob der kleine Spanier den deutschen Krankenschwestern tatsächlich den Kopf verdreht oder sie ihn eher als Mittel sehen, um in der Stadt von Patient A zu Patient B zu düsen, sei dahingestellt. Ein solides Arbeitsmobil bekommen sie mit dem Mii auf jeden Fall zur Seite gestellt. Und wer es optisch etwas konservativer mag, findet im Citigo seinen Weggefährten. (dapd)