Düsseldorf. DGB-Landeschef Andreas Meyer-Lauber kritisiert, dass NRW bei Investitionen in die Energiewende vom Süden abgehängt wird. Meyer-Lauber fordert ein breites Bündnis der Parteien im Landtag, um im Bund mehr Druck für NRW zu erzeugen. Er habe die Sorge, dass NRW auf der Strecke bleibe, weil die Lobby in Berlin zu schwach sei, so der DGB-Landeschef.
DGB-Landeschef Andreas Meyer-Lauber kritisiert, dass NRW bei Investitionen in die Energiewende vom Süden abgehängt wird. Der DGB-Landeschef fordert ein breites Bündnis der Parteien im Landtag, um im Bund mehr Druck für NRW zu erzeugen. Auch beim geplanten NRW-Klimaschutzgesetz will der DGB-Chef genau darauf achten, dass „in der Industrie in NRW nicht der Ofen ausgeht“. Meyer-Lauber verlangt einen Masterplan mit einer Beschäftigungsstrategie für die Energiewende. Mit dem DGB-Landeschef sprach Wilfried Goebels.
Die Energiewende wird aus Sicht der Grünen zum Jobmotor. Trägt der DGB die Hoffnung mit?
Andreas Meyer-Lauber: Wir müssen uns natürlich dem Klimawandel stellen, deshalb stehen die Gewerkschaften hinter der Energiewende. Wir müssen aber aufpassen, dass Beschäftigung und gute Arbeit gesichert werden. Wenn die Wende nur vom Markt gesteuert wird, besteht die Gefahr, dass Arbeitsplätze verloren gehen. Deshalb verlangen wir, dass die Politik einen Masterplan mit einer Beschäftigungsstrategie für die Energiewende erarbeitet. Wir mischen uns massiv ein, damit die Beschäftigten in der Industrie und im Energiesektor in NRW am Ende nicht die Verlierer sind.
Was läuft nicht rund?
Meyer-Lauber: In NRW wurde der Ausbau der regenerativen Energie verschlafen und schlecht verhandelt. Investitionen in die erneuerbare Energie sind vor allem in den Süden und Norden gegangen. Stromkunden in NRW zahlen höhere Ökopreise, die Geldströme fließen aber an Betreiber von Solaranlagen in Bayern und Windparks in Nord und Ost. Ich habe die Sorge, dass NRW auf der Strecke bleibt, weil die Lobby in Berlin zu schwach ist. Bei so zentralen Themen wie der Energiewende, sollten alle im NRW-Landtag vertretenen Parteien mit einer Stimme sprechen und sich gemeinsam für die Interessen Nordrhein-Westfalens stark machen. NRW muss Energie-Produktionsland bleiben und den Anspruch auf den Ausbau von Wind-, Biogas- und Solaranlagen deutlicher machen.
Investoren sind verunsichert und warten ab. Was tun?
Meyer-Lauber: Derzeit erleben wir einen Investitionsstau, weil der Bund keine klaren Rahmenbedingungen für die Förderung setzt. Wenn sich das nicht bald ändert, ist die Energiewende zum Scheitern verurteilt. Bei der Energiewende hat überdies das Energiesparen eine hohe Bedeutung. Die energetische Sanierung der Wohnungen würde zahlreiche Arbeitsplätze schaffen. NRW hat einen riesigen Bestand an alten Wohngebäuden.
Meyer-Lauber: "Die Rente mit 67 ist eine Zumutung"
Ohne den konventionellen Energieträger Braunkohle wird es aber kaum gehen, oder?
Meyer-Lauber: Die Braunkohle ist zukunftsfähig, sie muss aber effizienter, umweltverträglicher und flexibler werden. Gute Voraussetzungen für mehr Energie-Effizienz haben auch der Maschinenbau und die Rohstoffverarbeiter in NRW.
Rot-Grün plant als erstes Bundesland ein eigenes Klimaschutzgesetz. Sind Alleingänge sinnvoll?
Meyer-Lauber: Ich hoffe, der grüne Minister Remmel hat eingesehen, dass ein Klimaschutzprogramm auch das Thema Arbeit berücksichtigen muss. Entscheidend wird der Klimaschutzplan. Da wird der DGB genau darauf achten, dass in der Industrie in NRW der Ofen nicht ausgeht.
Der Öffentliche Dienst fordert 6,5 Prozent mehr Lohn. Ist das angesichts leerer Kassen nicht kräftig überzogen?
Meyer-Lauber: Die Kolleginnen und Kollegen haben in den letzten zehn Jahren trotz höherer Arbeitsleistung fast neun Prozent Realeinkommen verloren. Bei diesem Nachholbedarf ist die Forderung völlig angemessen. Die Warnstreiks haben gezeigt, dass es eine hohe Bereitschaft für öffentlichen Druck gibt. Der Öffentliche Dienst muss konkurrenzfähig bleiben. Wir erleben, dass freie Stellen für Ingenieure und Fachkräfte nicht mehr besetzt werden können, weil die Menschen in der Privatwirtschaft mehr verdienen.
Kleine Spartengewerkschaften von Fluglotsen, Flugsicherung und Lokführern legen mit Streiks immer häufiger den Verkehr lahm. Soll der Gesetzgeber einschreiten?
Meyer-Lauber: Ich bin skeptisch bei gesetzlichen Regelungen. Es ist Aufgabe des DGB, die Splittergewerkschaften wieder zu integrieren – und das wird uns auch gelingen. Splittergewerkschaften schaden der ganzen Sache, im DGB gilt das Prinzip der Solidarität. Bei Spartengewerkschaften wird der Egoismus zum Prinzip erhoben.
Sie feiern in der nächsten Woche den 60.Geburtstag. Ändert das die Haltung zur Rente mit 67?
Meyer-Lauber: Die Rente mit 67 ist für die meisten Beschäftigten eine Zumutung, weil sie ein Rentenkürzungsprogramm ist. Auch viele Arbeitgeber wollen Leute gar nicht bis zum 67. Lebensjahr im Betrieb beschäftigen. Da müssen wir beim Kündigungsschutz nachlegen, damit Arbeitgeber ihre Zusagen auch einlösen. Betriebe sollten lieber Azubis einstellen und damit die Lebensarbeitszeit nach vorn verlängern. Und wir sollten dafür sorgen, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer zumindest bis 65 arbeiten kann und nicht immer häufiger schon mit 50 ausgebrannt ist.