Dortmund. .

Schon ein Jahr nach Fukushima verliert die Energiewende in Nordrhein-Westfalen an Fahrt. Zwar werden überall Anlagen für Windkraft, Solarstrom, Geothermie und Biomasse geplant, doch bricht in den letzten Wochen die Euphorie ein. Ein Grund ist die geplante Änderung am Energie-Einspeise-Gesetz.

Nach dem Schock über die Atomkatastrophe in Japan hat die Energieagentur in Düsseldorf eine Aufbruchstimmung verspürt. Zwar gibt es wegen der teils langen Planungsphasen noch keine harten Zahlen, jedoch Indikatoren, die das gestiegene Interesse widerspiegeln. „Wir haben zehn Prozent mehr Städte und Bürger beraten“, listet Agentur-Sprecher Joachim Frielingsdorf auf. Die Zahl der aufgerufenen Webseiten der Energieagentur rund um Sonne, Wind und Geothermie stieg um 70 Prozent an. Mit 184.000 angeforderten Broschüren waren es fast doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Renner dabei: „Windenergie im Aufwind“ und „Bürgerenergieanlagen“.

Großes Interesse stellt auch die Bezirksregierung Arnsberg fest. Voriges Jahr wurden in der Region doppelt so viele Planungen zu „Erneuerbaren“ gestartet wie im Vorjahr. In diesem Jahr sind es schon in den ersten beiden Monaten fast genauso viele wie 2011. „Und zum Auftakt unseres Energie-Dialogs“, freut sich Regierungspräsident Gerd Bollermann, „kamen Vertreter aus 150 Städten der Region.“

Dort stapeln sich die Eingaben. „Wir haben in unserer Stadt bis heute schon 29 Anträge, Windkraft-Flächen auszuweisen“, sagt Detlef Lins, Bürgermeister der Stadt Sundern im Sauerland, die bislang nur zwei Windräder auf ihrem Stadtgebiet zählt. Wie viele der beantragten letztlich gebaut werden, hängt von Standortfaktoren ab – und den politischen Rahmenbedingungen.

Geschockt haben Investoren die geplanten abrupten Änderungen bei der Solar- und Windkraftförderung zur Kenntnis genommen. Erste Wind-Projekte werden auf Eis gelegt. „Im Solarbereich steuern wir auf ein großes Loch zu“, fürchtet Jan Dobertin von der Landesarbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energien. Viele der 8000 Arbeitsplätze in der NRW-Solarindustrie seien in Gefahr, wenn die Änderungen beim EEG kämen.

In einer Bundestagsdebatte warf die Opposition gestern der Regierung vor, sie würge den Ausbau Erneuerbarer Energien ab. Das Abschalten der Atomkraft sei keine Energiewende.

----------------------------

Info: Bürger treiben Energiewende voran

Nicht die großen Energieunternehmen, sondern vor allem die Bürger sind es, die die Energiewende voranbringen.

2010 trugen Privatpersonen und Landwirte 57 Prozent der neu installierten erneuerbaren Energieleistung bei, ermittelte das Bremer Marktforschungsinstitut „trend:research“.

Die „Großen 4“ Energieerzeuger (RWE, EON, EnBW, Vattenfall) bauten dagegen nur 2,1 Prozent neue Leistung auf.

Regionalerzeuger kommen auf zusammen 1,4% Zuwachs.

Größere Anteile haben Gewerbeunternehmen (15,4%) sowie Fonds/Banken (11,4%).