Wesel. Die Vorwürfe zum Fischsterben sind heftig. Was der Tierschützer aus Voerde dem Landrat Ingo Brohl nun vorhält, dürfte nicht ohne Folgen bleiben.
Schon mehrfach hatte Thorsten Rühl das Verhalten der Mitarbeiter des Kreises Wesel kritisiert, der Tierschützer aus Voerde fühlt sich – und seine ehrenamtlichen Helfer – von der Verwaltung im Stich gelassen. Jetzt platzte ihm der Kragen, er meldete sich im Planungs- und Umweltausschuss des Kreises zu Wort und äußerte dabei heftige Vorwürfe an Landrat Ingo Brohl (CDU).
Was er und seine Helfer an der fast komplett ausgetrockneten Issel erleben, sei „tragisch bis unfassbar“, so Thorsten Rühl, der erklärt, Ingo Brohl wisse genau, was dort passiere, schaue aber nur zu. Dann wirft der Fischretter dem Landrat sogar Gesetzesbruch vor: „Gründen Sie eine Fischereigenossenschaft! Das ist ein Gesetzt, das Sie missachten!“ Einem konkreten Mitarbeiter der Kreisverwaltung unterstellt Rühl Inkompetenz: „Wir haben ganz besondere Fischbestände in den unterschiedlichsten Gewässern“, so der Fischexperte, der dafür zuständige Kreis-Mitarbeiter wisse darüber jedoch „nicht im Geringsten Bescheid.“

Außerdem wirft der Voerder auch weiteren Behörden Wortbruch vor: „Mir wurde bei einem runden Tisch volle Unterstützung versprochen – seitens des Isselverbandes und von der Kommune. Ich sollte als Meldestelle gelten und es würde dann gehandelt.“ Dies sei nicht umgesetzt worden: „Passiert ist nach meinen Meldungen nichts! Ich wurde vertröstet und durfte alles selber machen, um die Fische zu retten.“ Jeder schiebe dem anderen die Verantwortung zu, so Rühl.
Wäre eine Fischereigenossenschaft die Lösung?
Für den Kreis Wesel antworte Verwaltungsvorstand Helmut Czichy, eine Fischereigenossenschaft würde das Problem nicht lösen. Und: „Ich lasse nicht zu, dass so getan wird, als gäbe es ein originäres Durchgriffsrecht des Kreises.“ 2019 habe der Kreis geglaubt eine Vereinbarung zu haben, jetzt müsse die Bezirksregierung entsprechend auf den Isselverband einwirken. Mit Blick auf die Ausschuss-Vorlage “Fischsterben durch Niedrigwasser der Issel“ ergänzte Czichy, er würde sich über den Auftrag freuen, Geld in die Hand zu nehmen, um einen Fachbetrieb zu engagieren: „Wenn das gewollt ist, wäre ich für einen solchen Auftrag dankbar“.
Ulrike Trick (Grüne) kritisiert, dass drei Jahre lang nur Ehrenamtliche aktiv waren und erst jetzt die Kreisverwaltung an die Bezirksregierung geschrieben habe. Sie will wissen, wer von der Biologischen Station Kreis Wesel die Aussage gemacht haben soll, dass die Lage „nicht dramatisch“ sei. Niemand habe ihr das sagen können – sie bezweifele sonst, dass es überhaupt so geäußert wurde.
Gegenseitige Schuldzuweisungen
Gabriele Wegner (SPD) fordert eine langfristige Lösung, die auch der europäischen Wasserrahmenrichtlinie gerecht wird. Der Isselverband sei seit 25 Jahren ein „Maßnahmenverhinderungsverein“, der neu gegründete Zweckverband setze diese Tradition fort. Heinrich Heselmann (SPD) verteidigte den Hochwasserzweckverband, der sehr wohl aktiv sei, aber die Bezirksregierung sei zu langsam. Helga Franzkowiak (Grüne) kritisierte ebenfalls den Isselverband: „Da muss jetzt Druck von allen Seiten kommen.“

Klaus Horstmann von Kreis Wesel erklärt: „Nach der mündlichen Vereinbarung 2019 ist drei Jahre lang nichts geschehen. Der Isselverband sollte sich mit der Bezirksregierung abstimmen, das ist nicht passiert. Zu der Kritik, dass in der Vorlage von einem „natürlichen Vorgang“ die Rede ist, sagte Horstmann: „Es gibt sommertrockene Gewässer, das ist ein natürlicher Vorgang. In der Regel können sich naturnahe Gewässer aber regenerieren, die Issel kann das nicht.“ Zum Thema Fischereigenossenschaft gibt der Kreis-Mitarbeiter zu bedenken: „Es gibt rund 700 Eigentümer entlang der Issel allein im Kreis Wesel.“
Kreis schiebt Schwarzen Peter Bezirksregierung zu
Michael Fastring (Kreis Wesel) ergänzte zum Thema „Befreiung“ der Issel: „Die Grundstücksfrage ist das schwierigste, die Eigentümer rufen Preise auf, die über dem Marktwert der Grundstücke liegen. Das dürfen wir mit Steuermitteln nicht mitmachen.“ Das vor drei Jahren vorgestellte Isselkonzept hänge offenbar bei der Bezirksregierung, die die Anträge wegen Personalknappheit nicht zeitnah bearbeiten könne, so Fastring.
Fischretter Rühl möchte endlich Klarheit: „Ich erwarte Antworten, wer für was zuständig ist.“ Sein Appell an Landrat Brohl: „Schützen Sie die Issel – Ihre und unsere Heimat – vor dem Sterben!“