Hamminkeln/Wesel. In der Issel bei Hamminkeln und Wesel droht den Fischen wegen der Trockenheit ein qualvoller Tod. Viele Freiwillige bei einer Rettungsaktion.
Wenn an besonders heißen Tagen viele Menschen eine kühlende Erfrischung suchen, drängt es sie an und ins Wasser: in Freibäder, den eigenen Pool oder an die nahen Seen und Flüsse. Da mag manchem der Gedanke kommen, die heimischen Fische zu beneiden, die ja ständig im kühlen Nass bei der Hitze ein offenbar angenehmes Leben führen.
Was wohl nahe liegend sein mag, erweist sich schnell als Irrtum. Den Bewohnern vieler Gewässer droht durch die Hitze und Trockenheit gleich von zwei Seiten Gefahr: Wenn die Temperaturen steigen, sinkt der Sauerstoffgehalt des Wassers – und das nimmt den Fischen sprichwörtlich die Luft zum Atmen. Ebenso bedrohlich: Wenn kleinere Flüsse ohnehin wenig Wasser führen und größere Regenmengen längere Zeit ausbleiben, kommt es an einigen Stellen zu einer kompletten Verlandung. Besonders dramatisch ist die Situation derzeit an der Issel in Hamminkeln und Wesel.
Nun könnte man sagen: Wenn die Fische wegen des Niedrigwassers dort vertrocknen, ist das ein „normaler biologischer Vorgang“ – ein Einschreiten ist daher nicht notwendig, so beurteilt es zumindest die Kreisverwaltung. Das sehen an diesem Samstagvormittag an und in der Issel mehr als dreissig fleißige Helfer aber ganz anders: Sie sind einem Aufruf des passionierten Anglers Torsten Rühl gefolgt, um die vom Hitzetod bedrohten Fische aus der Issel zu retten.
Trockenheit in der Issel: Rettungsaktion ist erfolgreich
Dass sein Weckruf und die Rettungsaktion, die mit den Behörden abgestimmt ist, so erfolgreich ist, macht ihn „nicht stolz, aber glücklich.“ Und die Zeit drängt. Vor allem Frauen, wenige Männer und einige Kinder arbeiten dabei Hand in Hand. Wie Sylvia Runge mit ihrem Mann und dem neun Jahre alten Sohn Mats. Sie watet mit dem Kescher durch den letzten Rest des trüben, schlammigen Wassers und sammelt vorsichtig die letzten kleinen Fische ein, füllt dann mit dem Fang einen Eimer, der von Wilhelm Schlotbohm, mit einem Haken hoch auf eine Brücke gezogen wird.
Von dort werden die nicht geraden leichten Behälter ihrem Mann, Sohn und anderen übergeben, die sich damit auf einen gut dreihundert Meter langen Weg auf der Böschung zur nächsten Brücke machen. Dort werden die Eimer von Dieter Mühlenweg wiederum an einem Haken herunter gelassen, wo sie in Empfang genommen werden. Danach werden sie behutsam dem Flüsschen übergeben. An dieser Stelle ist, wie Torsten Rühl weiß, „sicheres Wasser.“
Freiwillige aus der ganzen Region helfen den Fischen in der Issel
Sieht man sich die Fischlein an, hat man den Eindruck, sie haben die Prozedur kaum überstanden. Aber Christa Schumacher aus Wesel beruhigt: „Die berappeln sich wieder.“ Sie erklärt, dass die kleinen Lebewesen nur vorübergehend in eine Art Schockstarre versetzt werden. Der vierjährige Laurenz, der mit seinem Vater Sebastian aus Neukirchen-Vluyn gekommen ist, zieht begeistert seine Bahn mit dem Kescher durch das brackige Wasser. Er liebt Fische und freut sich über das hautnahe Erlebnis. Für Max Koch aus Wesel gilt eine ganz andere Motivation: „Ich mache mit, weil es notwendig ist.“
Schnell für die Rettungsaktion sei er zu begeistern gewesen, erzählt Jan Fischer. Immerhin habe er seine halbe Kindheit an der Issel mit seinem Bruder verbracht. Iris Höffken aus Xanten zeigt sich nicht nur hilfsbereit, sondern auch empört: „Die Vorstellung, dass die Fische elendig verrecken, ist unerträglich. Das ist so, als wenn man einem Menschen eine Plastiktüte über den Kopf stülpt.“ Sie habe ein gutes Gefühl bei der Aktion und schließt zufriedenstellend mit Blick auf ihren gefüllten Eimer: „Die sind gerettet.“