Oberhausen. Sparhammer in Oberhausen: Drei Seiten mit einer Liste von 34 einschneidenden Punkten, die es in sich haben. Der Rat entscheidet am Montag.
Neue Steuern, mehr Bußgelder durch Raser, höhere Parkgebühren und Eintrittspreise, weniger Geld für den Bus- und Straßenbahnverkehr der Stoag - so sieht grob die Giftliste aus der Rathaus-Kämmerei aus, die die Stadtspitze dem Rat zur Genehmigung vorlegt. Mit 34 solchen Einschnitten des neuen Sparpaketes für die nächsten zehn Jahre will die Kämmerei direkt und indirekt Geld weitgehend von den 210.000 Einwohnerinnen und Einwohnern einsammeln - im Vergleich zum Stand heute sollen so jährlich 35 Millionen Euro eingespart oder mehr eingenommen werden.
Angekündigt hatte Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras ein umfangreiches Sparpaket bereits im Herbst 2023. Da das Land trotz hartnäckiger Finanzlöcher durch den Ukraine-Krieg und der Pandemie nach vier Jahren keine Extra-Würste mehr für die kommunalen Etats braten wollte, schlägt der Geldmangel nun voll durch. Tsalastras errechnete einen hohen Fehlbetrag von 100 Millionen Euro bei geplanten Ausgaben von gut 1000 Millionen Euro.
Dabei hatte es Oberhausen durch eine Mischung von eigenen Sparanstrengungen, hohen Sonderzuschüssen des Landes (Stärkungspakt Stadtfinanzen) und besonderen NRW-Krisenregelungen geschafft, Einnahmen und Ausgaben von 2017 bis 2023 ohne höhere neue Schulden in der Waage zu halten. Ausgeglichener Haushalt - immerhin sieben Jahre lang.
Das ist nun vorbei: Oberhausen muss der Landesaufsicht darlegen, wie es innerhalb der nächsten zehn Jahre schafft, erneut Ausgaben und Einnahmen auszugleichen. Neben der Hoffnung auf eine gute Konjunktur und steigende Steuereinnahmen muss es das neue 35-Millionen-Euro-Sparpaket richten, über das der Stadtrat am 5. Februar entscheidet. Damit schafft es Oberhausen wieder, 2030 einen anständigen Etat vorzulegen. Bürger können übrigens zum Haushalt 2024 mitreden: Am Donnerstag, 25. Januar, ab 18 Uhr stellen sich Oberbürgermeister Daniel Schranz und Kämmerer Tsalastras allen interessierten Bürgern im Bert-Brecht-Haus an der Langemarkstraße 19.
Nahverkehr: Die in Zeiten des Klimawandels vielleicht politisch heikelste Idee der Stadtspitze: Die Stoag, der eigene Verkehrsbetrieb für Straßenbahnen und Busse, soll bis zu fünf Millionen Euro im Jahr weniger an Zuschuss erhalten. Statt Ausbau des Nahverkehrsangebots also Abbau? Nein, sagt Tsalastras. Es handelt sich hier nur um die Streichung einer seiner Meinung nach unnötigen Vorsorge für Einnahmeausfälle beim 49-Euro-Deutschlandticket.
Stadtsparkasse Oberhausen: Auch die Sparkasse muss sich strecken: 2,5 Millionen Euro des Gewinns soll künftig an die Stadtkasse gehen - und nicht in bilanzielle Rücklagen der Bank.
Neue Blitzer für Autofahrer/Höhere Parkgebühren: Dicke Brocken zur Sanierung des Haushaltes sollen auch die Autofahrer einfahren: Neue Blitzer sollen drei Millionen Euro mehr einbringen, dabei ist Oberhausen bereits jetzt bundesweit mit besonders vielen Radarfallen ausgestattet - in einem Ranking landete die Stadt auf dem zweiten Platz. Mehr Bußgelder sollen auch verstärkte Kontrollen der Parkplätze einbringen: 250.000 Euro. Und die Parkgebühren könnten auf 1,50 Euro von derzeit 1,00 Euro steigen -Mehreinnahme: 500.000 Euro. Hier wollen allerdings die CDU und SPD im Rat der Stadt noch eingreifen: Die Verteuerung des Parkens in den Innenstädten Sterkrade und Oberhausen wird vielleicht noch gestoppt. Derzeit sucht man noch nach einer Kompensation, um den Einnahmeausfall auszugleichen.
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Neue Steuern: Viele Ideen hat die Stadtkämmerei bei den Steuern entwickelt. Diese werden nicht nur erhöht, sondern sogar neu geschaffen: So sollen Touristen und Geschäftsleute bei Hotelübernachtungen in Oberhausen eine Bettensteuer von 5 Prozent auf den Übernachtungspreis zahlen – die Einnahme kalkuliert die Stadtkämmerei mit knapp 900.000 Euro. CDU und SPD zeigen sich hier aber skeptisch, wollen die neue Steuer nicht so einfach durchwinken, da sie eine zu große Belastung für den Städtetourismus befürchten.
Wer Glücksspielautomaten betreibt, Tanz-/Musikveranstaltungen organisiert oder Prostitution ermöglicht, muss künftig statt 22 Prozent an Vergnügungssteuer 24 Prozent zahlen – eine Mehreinnahme von 530.000 Euro im Jahr.
Wer einen Hund hält, zahlt in Oberhausen derzeit noch 156 Euro an Hundesteuer, bei zwei Hunden sind es schon 216 Euro je Hund, bei drei und mehr Hunden 252 Euro. Ein Hund soll nach Vorschlag der Stadtspitze künftig 180 Euro (ein Plus von über 15 Prozent), zwei Hunde jeweils 288 Euro (plus 33 Prozent) kosten - Mehreinnahme: 350.000 Euro. Hier greift die Politik aber ein, zumal Hundehalter schon gegen die Verteuerung für ihr Tier protestieren: Die Mehrheit des Rates will die Steuer für den ersten Hund nur auf 168 statt 180 Euro erhöhen, dafür aber eine neue Steuer für Kampfhunde von 850 Euro einführen.
Oberhausen will zudem die seit 2019 erlaubte Grundsteuer C für baureife Grundstücke einführen - und eine halbe Million Euro ab 2025 einnehmen. Eine neue Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen für Gastronomen wird auf Zusatzeinnahmen von 250.000 Euro ab 2026 geschätzt.
Einsparungen bei den Stadttöchtern - auch im Theater: Die Rathaus-Führung schlägt auch Einschnitte bei den Stadttöchtern vor, die wichtige Dienstleistungen für die Bürger erbringen. Bei den Wirtschaftsbetrieben, die für die Müllabfuhr und Straßenreinigung zuständig ist, werden 500.000 Euro jährlich gespart, bei der Luise-Albertz-Stadthalle 200.000 Euro, beim Theater in der Spitze jährlich 600.000 Euro und bei der Wirtschaftsförderung OWT 120.000 Euro.
Und auch die Energieversorgung Oberhausen (EVO) soll mehr Gewinn abgeben: insgesamt fünf Millionen Euro innerhalb von vier Jahren. Es gilt für die EVO als durchaus umsetzbar, zusätzlich zu den jährlich 5,5 Millionen Euro diesen Betrag abzuliefern, da der Verkauf der Steag-Anteile der EVO unerwartet mehr Geld eingebracht hat. Auch die städtischen Altenheime, die in der Gesellschaft ASO GmbH gebündelt sind, sollen 50.000 Euro ihres Gewinns an die Stadtkasse abführen.
Erhöhungen von Eintrittsgeldern und Kursgebühren: Wer künftig bei der Volkshochschule einen Kurs bucht oder ins Theater geht, muss mit höheren Preisen rechnen (50.000 Euro mehr).
Flüchtlinge: Satte zwei Millionen Euro will die Stadt durch ein neues Konzept im Umgang mit Geflüchteten sparen. So sollen Asylbewerber viel schneller statt in teuren Sammelunterkünften in privaten Wohnungen untergebracht werden. Einige Gemeinschaftsunterkünfte sollen so aufgegeben werden. Zudem sollen städtische Leistungen für Flüchtlinge eingespart werden, in dem man geduldeten Ausländern nach §104c des Aufenthaltsgesetzes nach fünf Jahren und ohne Straftaten ermöglicht, einen dauerhaften Aufenthaltstitel zu erreichen. Dann zahlt nämlich das Jobcenter.
Langzeitarbeitslose: Oberhausen hofft, dass die Jobcenter-Teams mit den Wohlfahrtsverbänden in den nächsten Jahren erfolgreicher die Langzeitarbeitslosigkeit bekämpfen als im vergangenen Jahr. 2023 stieg die Zahl der Menschen, die länger als ein Jahr ohne bezahlte Arbeit sind, auf knapp 5400, während sie im gesamten Ruhrgebiet gesunken ist. Die Stadt zahlt bei Empfängern von Bürgergeld zu einem guten Teil Unterkunft und Heizung. Sinkt die Zahl der aktuell 27.000 Bürgergeld-Empfänger in 14.000 Bedarfsgemeinschaften, spart die Stadt Geld: Oberhausen hofft auf 1,5 Millionen Euro ab 2025.
Hilfen an schwierige Familien: Durch die soziale Situation vieler Bürger in der Stadt, muss Oberhausen mit Profis bei relativ vielen Familien eingreifen - gerade auch, um die Kinder und Jugendlichen zu schützen. Diese Kosten sind wieder deutlich angestiegen - auf rund 60 Millionen Euro. Eine externe Beratung soll beim Sparen helfen - durch andere Entscheidungen oder Organisation im Jugendamt.
Servicebetriebe Oberhausen (SBO)/Friedhof: Der Eigenbetrieb SBO, der beispielsweise für die Grünpflege an Straßen, Parks und Friedhöfen zuständig ist, soll mit weniger Geld auskommen als bisher. Man hofft hier in der Spitze auf 4,3 Millionen Euro geringeren Ausgaben. Höhere Friedhofsgebühren sollen einen Teil dazu beitragen: 300.000 Euro. Höhere Mieten und Pachten sollen 250.000 Euro in die Kasse spülen. Durch die Konzentration auf weniger Räume für Stadtbedienstete sollen Mieten in Höhe von 400.000 Euro gespart werden.
Stadtverwaltung: Das Rathaus beschäftigt inklusive Feuerwehr und Kita-Erzieherinnen rund 3000 Menschen. Gewünschte neue Stellen ohne Gegenfinanzierung durch andere sollen künftig gestrichen werden, man will so und auf anderen Wegen rund zwei Millionen Euro im Jahr sparen. Wie private Unternehmen will nun die Stadtverwaltung auf den Doppel-Einkauf von PC und Laptop bei Arbeitsplätzen verzichten - und nur noch Laptops kaufen. Zusätzlich mit Effizienzgewinnen durch die fortschreitende Digitalisierung (weniger Porto, weniger Papier) sollen 300.000 Euro jährlich dauerhaft eingespart werden. Energieeinsparungen (LED-Lampen, Bewegungsmelder, Umbau von Straßenlaternen) bringen eine Million Euro ein.