Mülheim. Eine Insolvenz im Soravia-Konzern ließ Zweifel aufkommen am Mega-Projekt der „Parkstadt Mülheim“. Investoren-Vertreter mussten nun vorsprechen.
Mülheims Planungspolitik hatte Investor Soravia freundlich zum Rapport gebeten, zeigte sich dann jedoch handzahm gegenüber dem österreichischen Projektentwickler, der auf ehemaligem Tengelmann-Terrain in Speldorf die „Parkstadt Mülheim“ entstehen lassen will. Nachfragen zum Finanzierungsrisiko für das Mega-Projekt, das mit fast 400 Millionen Euro kalkuliert ist, kratzten nur an der Oberfläche.
Über die Jahreswende war der österreichische Konzern in die Schlagzeilen geraten, weil er Kapitalgebern die quartalsweise fälligen Zinszahlungen schuldig geblieben war. Mit der Emission nachrangiger Namensschuldverschreibungen hatte Soravia über seine Tochergesellschaft One Group seit 2012 fast eine Milliarde Euro bei privaten Anlegern eingesammelt. Für zwei der Fonds, namentlich die Fonds „Pro Real Europe 9“ und „Pro Real Europe 10“, ist ein Sanierungsverfahren gestartet. „280 Millionen Euro sind theoretisch in Gefahr“, räumte der Projektleiter für Mülheims Parkstadt, Lorenz Tragatschnig, jetzt als Gast im Mülheimer Planungsausschuss ein, dass Anlegern hohe Verluste drohen.
Soravia benennt vier Projekte, die aus dem Ruder gelaufen seien
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CDU und Grüne hatten nach Medienberichten über die Finanzierungsprobleme bei dem österreichischen Immobilien-Multi auch eingefordert, dass Soravia-Vertreter im Ausschuss zugegen sein sollten, um „die aktuelle Situation im Konzern sowie das Verhältnis des Parkstadt-Projektes zu diesem und mögliche Auswirkungen auf das Projekt zu erläutern“. Diesem Wunsch kamen die Projektleiter Lorenz Tragatschnig und Wolfgang Kurzacz-Dörflinger nach.
In einer Kurzpräsentation zeichneten sie das Bild, dass das Parkstadt-Projekt in keinster Weise negativ beeinflusst sei von den Turbulenzen im Haus der Tochtergesellschaft One Group. Lediglich zwei von insgesamt 23 Fonds der One Group seien im Sanierungsverfahren. Vier in Schieflage geratene Projekte seien Ursache dafür. Auf Nachfrage dieser Redaktion benannte Tragatschnig diese Projekte auch: So hätten „aufgrund einer fehlenden tragfähigen Finanzierung“ das Ufo-Projekt in Unterföhring und das Projekt „Sylter Hof“ in Berlin rückabgewickelt werden müssen. Zusätzlich belastend hätten sich deutliche Verzögerungen bei der Fertigstellung des Mainzer Zollhafens sowie beim Quartier Tegernsee ausgewirkt.
Insolvente Soravia-Tochter überwies auch Mittel zur Finanzierung der Parkstadt Mülheim
All diese Projekte seien über die Poolgesellschaft „SC Finance Four“ mit Geld privater Kapitalgeber versorgt worden. Für die SC Finance Four hatte Soravia zuletzt ein Insolvenzverfahren in Eigenregie beantragt. Inwieweit aus dieser Poolgesellschaft auch Mittel für das Parkstadt-Projekt in Mülheim geflossen sind beziehungsweise noch fließen sollten, fasste Mülheims Politik im Planungsausschuss nicht nach. Auf Nachfrage dieser Redaktion sagte Tragatschnig, dass die Poolgesellschaft tatsächlich auch Mittel nach Mülheim transferiert habe - allerdings „nur“ mittels „einer nachrangigen Finanzierung in geringer Höhe“.
Dass dem Mülheimer Projekt, bei dem bekanntlich die Sanierung der alten Tengelmann-Zentrale fortschreitet, dadurch Unheil drohen könnte, schließt Tragtschnig aus. „Die Insolvenz der SCF4 hat aufgrund der rechtlichen Gestaltung keinerlei Auswirkung auf das Projekt“, sagt er, in Auflösung seiner Verklausulierung ist dabei wohl noch einmal zu erklären, dass Anleger bei nachrangigen Namensschuldverschreibungen wissentlich das hohe Risiko eingehen, dass ihnen im Falle von Insolvenzen der Totalausfall droht. Das ist in den entsprechenden Fondsprospekten so nachzulesen. Übersetzt heißt dies: Soravia konnte das eingesammelte Geld über seine Projektgesellschaften quasi als Eigenkapitel verbuchen. Geld, das in die Parkstadt geflossen ist, können nachrangige Gläubiger aller Voraussicht nach nicht geltend machen. „Alle anderen projektbeteiligten Banken und Finanzierungspartner werden sowohl hinsichtlich ihrer Rolle als Kapitalgeber als auch in Bezug auf fällige Kapitaldienste auch zukünftig ordnungsgemäß bedient“, betonte Tragatschnig gegenüber dieser Redaktion.
Soravia-Vertreter: Parkstadt-Revitalisierung „steht auf eigenen Beinen“
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Im Planungsausschuss hatten er und Kurzacz-Dörflinger zur laufenden Revitalisierung der alten Tengelmann-Zentrale gesagt, dass die Parkstadt keine Auswirkungen der Probleme der vier benannten Projekte zu fürchten habe, weil sämtliche Projekte in eigenen Gesellschaften geführt würden und so ein Kaskaden-Effekt auszuschließen sei. „In der Parkstadt laufen die Arbeiten, erst jetzt haben wir wieder zwei Mietflächen übergeben“, so Kurzacz-Dörflinger. Die Parkstadt sei „hervorragend finanziert“, auch über lokale Banken wie den Sparkassen-Verbund, so Tragatschnig. Das laufende Projekt zur Revitalisierung sei voll durchfinanziert worden noch zu Zeiten vor der Krise in der Bauwirtschaft. Es sei dank der zahlreichen Mietverträge „so stabil, dass es auf eigenen Beinen steht. Es braucht von der Gruppe kein Kapital mehr“.
SPD-Planungspolitiker Filip Fischer bohrte noch mit einigen Nachfragen nach und äußerte seine Sorge, dass auch Pleitier René Benko lange noch die Konkursgefahr für sein Immobilien-Imperium öffentlich dementiert habe. Die CDU schwieg, Grünen-Politiker Oliver Linsel fragte noch nach, wie Soravia der Stadt Absicherung zu geben gedenke für das Mega-Bauprojekt, das noch auf den umliegenden Flächen der alten Tengelmann-Zentrale kommen soll. Hier sind die Aussagen von Planungsdezernent Felix Blasch bekannt: Vor der Verabschiedung eines Bebauungsplans wolle man dies über entsprechende Bürgschaften in einem städtebaulichen Vertrag absichern. Die Soravia-Vertreter wollten hier mit Verweis auf laufende Verhandlungen nicht konkret werden.
Soravia betont, „robust aufgestellt“ zu sein
Aktueller Planungsstand war zuletzt der Bau von 860 Wohnungen in der Parkstadt. Auch hierfür sieht Projektleiter Tragatschnig keinen Grund zur Sorge, dass Soravia dies nicht stemmen könne. Soravia habe bereits 8600 geförderte Wohnungen errichtet, schaffe 300 pro Jahr. Der Konzern habe in seiner 116 Jahre währenden Geschichte schon ein Projektvolumen in Höhe von 7,6 Milliarden Euro umgesetzt, aktuell seien weitere 2,8 Milliarden Euro in der Entwicklung. Der Konzern sei auch deshalb „weniger risikoanfällig“ und „robust aufgestellt“, weil er Umsatz eben nicht nur mit Projektentwicklungen generiere. Die Projektentwicklung mache nur 22 Prozent der Umsätze aus. Rund 61 Prozent der Konzernumsätze stammten etwa aus dem stabil laufenden Bereich der Immobilien- und Vermögensverwaltung.
Mülheims Planungspolitik gab sich mit dieser „Selbstauskunft“ zufrieden.
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