Kreis Wesel. Weihnachtstrecker im Kreis Wesel, davor die Bauerndemos: Immer wieder versuchen Rechte, die Bewegung zu vereinnahmen. Das sagen die Aktiven dazu.

  • Vorwürfe, sie seien von politisch Rechten unterwandert, weisen die Bauern zurück
  • Tatsächlich aber gibt es immer wieder Versuche der Vereinnahmung
  • Die Bauern von „Land sichert Versorgung“ prüfen, wer auf den Weihnachtstrecker aufspringen will

Mit geschmückten Weihnachtstreckern demonstrieren dieser Tage wieder die Bauern von „Land sichert Versorgung“ für ihre Anliegen. Und immer wieder munkelt man, dass diese Aktion von politischen Kräften ganz Rechts unterwandert sei.

„Das ist wie Pattex, du wirst es einfach nicht wieder los!“ – Svenja Stegemann vom Verein Land sichert Versorgung (LsV) wehrt sich gegen den Vorwurf. Seinen Ursprung hat er in den großen Treckerdemos 2019 unter anderem in Berlin, als Bauern aus Schleswig-Holstein die Landvolkfahne mit sich führten, ein weißer Pflug mit rotem Schwert auf schwarzem Grund, Symbol des dortigen Bauernwiderstandes Ende der 20er Jahre. „Ein schwieriges, teils belastetes Thema“, sagt Stegemann, „wir konnten die Kollegen aber nicht überzeugen.“

Rechts seien die Bauern dennoch nicht – Interesse aus dieser Richtung, die Bauernproteste zu unterwandern, gibt es aber reichlich. Die Landwirte von LsV sind wachsam, auch im Kreis Wesel, damit das Anliegen und „der Funke Hoffnung“ nicht in Misskredit gebracht werden. Sie achten argwöhnisch darauf, dass niemand auf den Trecker aufspringt, der dort nichts zu suchen hat. Vereinnahmen wollen sie sich nicht lassen, von keiner Seite.

Hellhörig, wenn jemand anderes zu den Aktionen der Bauern aufruft

Als die Bauern auf den Autobahnbrücken ihre Solidarität mit den niederländischen Kollegen demonstrierten, mussten sie feststellen, dass rechtsextreme Organisationen plötzlich zu den Demos aufriefen. „Wir haben die Aktionen dann abgebrochen“, erläutert Stegemann. „Wir werden immer hellhörig, wenn jemand zu unseren Aktionen aufruft.“ Oder einlädt: Die NRW-Vorsitzenden von LsV hatten das Angebot, im Landtag zu sprechen. „Unsere Recherchen haben ergeben, dass sie dort für die AfD gesprochen hätten, das war nicht klar zu erkennen.“ Sie sagten ab.

Wenn jetzt im Advent die Weihnachtstrecker in ihren leuchtenden Demonstrationszügen im Kreis Wesel fahren, rollt immer die Sorge mit, dass jemand sich anschließt, den die Bauern nicht wollen, dass unerwünschte Fahnen gezeigt werden, beispielsweise. „Die Polizei hat uns erläutert, dass wir nicht für alle Teilnehmer verantwortlich sind“, sagt Stegemann. Kollege Frank Terhorst wirft ein: „Was zählt, ist doch, wie das in der Öffentlichkeit ankommen würde.“

 „Ein Funken Hoffung“ wollen die Bauern mit ihren Weihnachtstreckern in den Kreis Wesel bringen und auf die Lage ihrer Branche aufmerksam machen.
„Ein Funken Hoffung“ wollen die Bauern mit ihren Weihnachtstreckern in den Kreis Wesel bringen und auf die Lage ihrer Branche aufmerksam machen. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Wer alles auf den Treckerzug mit aufspringen will, ist nicht immer klar zu erkennen. „Wir bekommen Anfragen von Speditionen und anderen Unternehmen“, berichten Stegemann und Terhorst, beide organisieren Lichterzüge im Kreis. Das sind nicht unbedingt radikale Kräfte, vielleicht auch nur von der Idee Begeisterte oder Unternehmen, die für sich werben wollen, aber immerhin Branchenfremde.

CDU und FDP sind traditionell die bevorzugten Parteien – doch es herrscht Unsicherheit

Wo stehen sie denn nun politisch, die Bauern von Land sichert Versorgung im Kreis Wesel? „Traditionell ist die Bauernschaft eher konservativ bis liberal“, sagt Stegemann, die natürlich nicht für jeden und jede einzelne sprechen könne. Ganz rechts und ganz links schließt sie kategorisch aus, „und die vier Großen haben uns alle, jeder auf seine Weise, im Grunde geschadet. Viele wissen nicht mehr, was sie wählen sollen“. Fest stehe aber, dass sie den „Rattenfängern, die sich an uns dran hängen wollen“ keine Bühne bieten wollen.

Ohnehin habe Ausländerfeindlichkeit in der Landwirtschaft keinen Platz. „Im Grunde arbeitet der gesamte Gemüsesektor mit ausländischen Kräften, überwiegend aus Osteuropa“, sagt Stegemann. Daraus seien Freundschaften entstanden, mitunter auch Ehen. Viele Kunden in diesem Bereich seien Türken und bis zur Corona-Pandemie hätten die Betriebe Praktikanten aus allen möglichen Ländern, bis hin nach Afrika, ausgebildet.

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