Kalkar. Kalkar hat Starkregengefahrenkarten für das gesamte Stadtgebiet erstellen lassen. So können Bürger das Risiko für Überflutungen abschätzen.
Die Bilder von der katastrophalen Flut, die im Juli 2021 insbesondere im Ahrtal für verheerende Zerstörungen sorgte, sind auch nach zwei Jahren noch sehr präsent. „Wir sind in Kalkar bis jetzt glimpflich davon gekommen, doch der Begriff Starkregen hallt in den Ohren“, sagte Bürgermeisterin Britta Schulz. Die Stadt nimmt sich diesem Thema intensiv an und hat nun von den Ingenieuren der Dr. Pecher AG in Gelsenkirchen eine Untersuchung der Auswirkungen von Überflutungen infolge von Starkregen auf dem Stadtgebiet erstellen lassen. Die Ergebnisse sind in Starkregengefahrenkarten ablesbar, die Bürgerinnen und Bürger online über das Geoportal Niederrhein grundstücksgenau abrufen können.
Bei der Vorstellung des kostenlosen Informationsangebots gab Heinz Arntz vorsichtige Entwarnung. „Die Analyse zeigt, dass es in Kalkar auch bei einem 100-jährigen Starkregen zu keiner großen Gefährdung kommen kann. Wir konnten keine Extrembereiche ausmachen“, sagte der Betriebsleiter des Abwasserbehandlungsverbands Kalkar-Rees. Er schränkte angesichts der Auswirkungen des Klimawandels gleichsam ein: „Es können in der Zukunft Starkregenereignisse auftreten, die wir in ihrem Umfang noch nicht kannten.“
Blautöne zeigen das Überflutungsrisiko an
Verschiedene Blautöne zeigen in den Karten die zu erwartenden Wasserhöhen bei einem Starkregen an. Dabei gilt: Je dunkler das Blau, desto größer ist das Überflutungsrisiko. Glücklicherweise führten die geographischen Gegebenheiten in Kalkar nicht dazu, dass Wasser auf einer Höhe von einem halben Meter stehen könne, stellte Frank Sundermann fest.
Der Leiter des städtischen Fachbereichs Planen, Bauen, Umwelt sagte aber, dass die Ergebnisse der neuen Untersuchung in die Bauleitplanung einfließen würden – etwa bei der Bestimmung der Standorte der Regensickerbecken im Neubaugebiet zwischen Postweg und Erlenstraße. Die Analyse zeigt zudem präzise auf, welche Einläufe in die Kanalisation bei der Straßen- und Wegekontrolle unbedingt immer sauber gehalten werden sollten.
Diese Grundstücke sind besonders gefährdet
Hilfreich sind die Starkregengefährdungskarten jedoch auch für die Bürgerinnen und Bürger. „Sie tragen die Verantwortung für ihre eigene Immobilie. Deshalb ist es wichtig, dass sie eine mögliche Gefahr durch Starkregen abschätzen können“, sagte Bürgermeisterin Britta Schulz. „Die Karten sind eine gute Grundlage, die eigene Immobilie ein Stückchen weit zu schützen. Klar ist aber auch, dass man sich nicht komplett schützen kann.“
Grundstücke in der Nähe von Fließgewässern, an Hängen und in Senken sind besonders gefährdet. Dort kann Wasser leicht in ebenerdige oder unter der Geländeoberkante liegende Räume eindringen. Glasbausteine oder druckwasserdichte Fenster können die Zutrittsmöglichkeiten des Wassers beschränken. Ein konkreter Tipp von Stadt und Abwasserbehandlungsverband: „Treppenabgänge in Kellerräume sollten so ausgeführt werden, dass oben am Treppenabgang eine Schwelle installiert und bei der Tür ein Zutritt von Wasser, zum Beispiel durch eine Aufkantung, verhindert wird.“
Hier gibt es viele Tipps zum Gebäudeschutz
Die Stadt Kalkar hat auf ihrer Homepage auf einer Unterseite zu Starkregenereignissen viele Informationen gebündelt. Neben dem Link zu den neuen Karten ist dort unter anderem auch eine Broschüre zum Gebäudeschutz zu finden. Wer darüber hinaus Beratungsbedarf hat, kann mit den Mitarbeitern des Sondervermögens Abwasser beim Abwasserbehandlungsverband Kalkar-Rees telefonisch einen Vor-Ort-Termin vereinbaren.
Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Kleve und Umland
Man habe besonderen Wert darauf gelegt, das gesamte Stadtgebiet zu beleuchten, betonte der Betriebsleiter Heinz Arntz. Im Jahr 2021 sei nämlich ein nicht kanalisierter Bereich in Neulouisendorf von einem Starkregenereignis besonders betroffen gewesen. „Aber auch die Kanalisation ist nur für eine bestimmte Wassermenge ausgelegt. Hier setzt dann die Eigenverantwortung der Immobilieneigentümer an“, sagte Arntz.
>> Starkregenwarnungen und Landesförderung
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt vor Starkregen in drei Stufen: Markante Wetterwarnung: Regenmengen von 15 bis 25 l/m² in einer Stunde oder 20 bis 35 l/m² in sechs Stunden; Unwetterwarnung: Regenmengen von 25 bis 40 l/m² in einer Stunde oder 35 l/m² bis 60 l/m² in sechs Stunden; Warnung vor extremem Unwetter: Regenmengen von mehr als 40 l/m² in einer Stunde oder mehr als 60 l/m² in sechs Stunden.
Für die Erstellung der Starkregengefährdungskarten wurden Regenereignisse herangezogen, die statistisch gesehen alle 20, 50 oder 100 Jahre auftreten. „100-jährige Ereignisse können jedoch auch in mehreren Jahren hintereinander folgen“, warnt Heinz Arntz. Durch den Klimawandel ist zu erwarten, dass extreme Niederschläge häufiger auftreten.
Die Analyse der Dr. Pecher AG in Gelsenkirchen kostete 35.000 Euro, wobei das Land NRW der Stadt Kalkar eine 50-prozentige Förderung gewährte. Digitale Modelle wurde dabei durch Vor-Ort-Begehungen ergänzt, um die tatsächlichen Verhältnisse in Kalkar genau abzubilden.