Goch. Verwaltungsvorschlag sieht Neubau der Niers-Kendel-Schule in Asperden vor. Standort in Kessel würde aufgegeben werden. Das sind die Argumente.

Die mit Spannung erwartete Entscheidung zur Zukunft des Schulstandortes in Kessel rückt näher. Und nun liegt auch ein konkreter Vorschlag der Stadtverwaltung Goch auf dem Tisch: Sie spricht sich für einen Neubau der Gemeinschaftsgrundschule Niers-Kendel auf einem alternativen Grundstück in Asperden aus, der grob kalkuliert rund zwölf Millionen Euro kosten würde. Dies würde die Fusion der beiden bisherigen Standorte und das Ende der Grundschule in Kessel bedeuten.

Judith Boell, Leiterin des Fachbereichs Jugend, Schule, Sport und Soziales, legt die Position der Verwaltung in einer ausführlichen Vorlage für die Sitzung des Ausschusses für Schule, Kultur und Digitalisierung am Donnerstag, 20. April, dar. „Eine angemessene räumliche Ausstattung in einer zukunftsfähigen Schulorganisation lässt sich lediglich in einem Schulneubau realisieren“, heißt es darin. „Der Standort Asperden läge recht zentral im Einzugsgebiet Asperden, Kessel, Hommersum, Hassum, Nierswalde, Goch-West und Teilen von Pfalzdorf.“ Die endgültige Entscheidung wird der Stadtrat am 15. Juni treffen.

Künftig soll es drei Eingangsklassen an der Niers-Kendel-Schule geben

Wichtig für die Diskussion ist die Neuordnung der Gocher Grundschullandschaft, mit der sich der Ausschuss ebenfalls in der kommenden Woche befassen wird. Demnach soll die Niers-Kendel-Schule wegen derzeit steigender Grundschülerzahlen zukünftig drei Eingangsklassen aufnehmen und nicht mehr wie bislang nur zweizügig organisiert sein. Aktuell sind die Jahrgänge 1 sowie 2 im Schulgebäude in Asperden und die Jahrgänge 3 sowie 4 in Kessel untergebracht. Lehrerzimmer, Mensa, Speise-, Server-, Putzmittel- und Sanitärräume müssen jeweils doppelt vorgehalten werden.

Die Niers-Kendel-Schule in Kessel.
Die Niers-Kendel-Schule in Kessel. © Niklas Preuten

Bereits jetzt, so beschreibt es die Stadtverwaltung, ist der Platz an beiden Teilstandorten zu eng. Die Schülerinnen und Schüler müssen beispielsweise in mehreren Schichten essen. Mit der Anmeldung zum neuen Schuljahr 2023/2024 verschärfe sich die Situation weiter. „Die Bedarfe können angesichts der beengten räumlichen Verhältnisse und trotz Ausnutzung sämtlicher Raumkapazitäten – auch Klassenräume werden für die Betreuung genutzt – nicht gedeckt werden“, stellt die Verwaltung fest. Bei der erforderlichen Eingangsklassenerhöhung seien die Standorte in Asperden und Kessel im derzeitigen Bestand erst recht nicht auskömmlich.

Stadtverwaltung sieht drei mögliche Varianten

Auf dem Weg zu einer Lösung spielt die Gocher Stadtverwaltung drei grundsätzlich denkbare Umsetzungsszenarien durch, teilweise mit mehreren Untervarianten, und legt jeweils grobe Kostenkalkulationen vor. Sie stützt sich auf die Fortschreibung des Schulentwicklungsplan 2021 der Projektgruppe Bildung und Region („biregio“). Das Fachbüro hat zudem im vergangenen Jahr ein Ergänzungsgutachten erstellt.

Bei einem Umbau und einer Erweiterung der beiden bestehenden Teilstandorte rechnet die Stadt Goch mit Kosten zwischen gut elf und zwölf Millionen Euro. Sie verweist auf die Nachteile des „eingeschränkten Bestandes, der doppelten Schulorganisation und der Trennung einzelner Jahrgänge“. Eine Erweiterung des Bestandsgebäudes in Asperden unter Aufgabe des Teilstandortes Kessel wird wiederum mit knapp 11,5 Millionen Euro kalkuliert, wobei die Kosten für eine Containerzwischenlösung – laut städtischen Angaben circa eine halbe Million Euro – noch nicht eingerechnet seien. „Außerdem müsste mit allen Nachteilen des Altbestandes gearbeitet werden.“

Grundstück für Neubau wurde bereits unverbindlich angefragt

Die Stadtverwaltung bevorzugt deshalb die Fusion und einen Neubau an einem anderen Standort in Asperden, der die Aufgabe des Schulgebäudes in Kessel nach sich zieht. Alle zwölf Klassen würden in diesem Fall in der neuen Schule unterrichtet werden, die unabhängig vom Schulbetrieb errichtet werden könne. Nur eine Schulorganisations- und Ganztagsinfrastruktur mit Mensa und Betreuung sei erforderlich. „Die Empfehlungen einer zukunftsträchtigen Schulorganisation könnten dadurch umgesetzt werden“, argumentiert die Stadtverwaltung, die ein „grundsätzlich geeignetes Grundstück“ bereits unverbindlich angefragt habe.

Die vorhandene Schulfläche in Asperden könne zum Beispiel für Wohnbebauung und/oder den Neubau einer Turnhalle umgenutzt werden. Denn Letzteres sei langfristig unumgänglich, so die Stadt Goch, die für die Turnhalle zusätzlich drei Millionen Euro veranschlagt.

Schulamtsdirektorin spricht sich auch für einen Neubau aus

„Summiert man alle dargestellten pädagogischen, schulorganisatorischen und wirtschaftlichen Aspekte kann eine Umsetzung, die allen Erfordernissen gerecht wird, durch einen zukunftsfähigen Schulneubau im Ortsteil Asperden realisiert werden“, fasst die Verwaltung zusammen. Diese Position teilt aus „schulfachlicher Perspektive“ auch Dagmar Wintjens. „Diese Variante 3 würde eine in die Zukunft weisende Schule mit neuesten Standards ermöglichen und die Nachteile, die durch eine Schule mit zwei Standorten entstehen, auflösen“, schreibt die Schulamtsdirektorin des Kreises in einer Stellungnahme.

In Kessel formierte sich in den vergangenen Monaten dagegen ein großer Kreis an Unterstützern, die für den Erhalt der Schule im Dorf kämpfen. Unter anderem der Verkehrs- und Heimatverein hat sich deutlich dafür ausgesprochen. Lars Wagner, ein Bürger aus Kessel, hat gemeinsam mit dem Kalkarer Architekten Gunnar Ader zudem in einer Machbarkeitsstudie und Stellungnahme zur Raumbedarfsplanung der Niers-Kendel-Schule Alternativvorschläge für eine Schulentwicklung an den beiden bestehenden Standorten erarbeitet.

Die Niers-Kendel-Schule soll zukünftig mehr Schülerinnen und Schüler in drei Eingangsklassen aufnehmen.
Die Niers-Kendel-Schule soll zukünftig mehr Schülerinnen und Schüler in drei Eingangsklassen aufnehmen. © Niklas Preuten

Stadtverwaltung: Alternativvorschläge sind nicht bedarfsdeckend

Auch darauf geht Fachbereichsleiterin Judith Boell in ihrer Vorlage ausführlich ein und kommt zum Schluss, dass „die alternativen Vorschläge der Machbarkeitsstudie als perspektivisch und zum Teil auch schon aktuell nicht bedarfsdeckend bezeichnet werden müssen“.

Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Marc Groesdonk hatte Ende Februar angekündigt, dass seine Ratsfraktion sich „mit aller Kraft für den Schulstandort Kessel“ einsetzen werde. Den kurz vor den Osterfeiertagen veröffentlichten Vorschlag eines Neubaus werde er nun eingehend prüfen, sagte Groesdonk gegenüber der NRZ.

>> Neuordnung der Gocher Grundschullandschaft

Die Stadtverwaltung Goch empfiehlt angesichts wiederholt geburtenstarker Jahrgänge, des ab 2026 sukzessiv einzuführenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz und der deutlich gestiegenen räumlichen und pädagogischen Anforderungen eine Neuordnung der Gocher Grundschullandschaft.

In einer Vorlage für die Sitzung des Ausschusses für Schule, Kultur und Digitalisierung am Donnerstag, 20. April, werden für die einzelnen Grundschulen folgenden Zügigkeiten vorgeschlagen: Arnold Janssen: zwei Eingangsklassen (bislang zweizügig); St. Georg: drei Eingangsklassen (bislang dreizügig); Liebfrauen: drei Eingangsklassen (bislang 3,5-zügig); Freiherr-von-Motzfeld: vier Eingangsklassen (bislang 3,5-zügig); Niers-Kendel: drei Eingangsklassen (bislang zweizügig).