Kreis Kleve. 2022 gab es mehr Straftaten, doch im NRW-Vergleich ist der Kreis Kleve weiter ein sicherer Ort. Einige Entwicklungen sind aber besorgniserregend.
Die Kriminalität im Kreis Kleve hat im vergangenen Jahr deutlich zugenommen, ist jedoch im NRW-Vergleich weiterhin verhältnismäßig niedrig. Die Aufklärungsquote der Kreispolizeibehörde Kleve wiederum liegt mit 54,9 Prozent merklich über dem Landesdurchschnitt von 52,0 Prozent. Das sind die zentralen Erkenntnisse aus der Kriminalitätsstatistik 2022, die die Polizei im Kreis Kleve am Dienstagnachmittag vorgestellt hat.
„Wir leben in einem sicheren Kreis Kleve“, stellte Landrat Christoph Gerwers fest. „Der Anstieg der Straftaten hat ganz sicher mit den Corona-Lockerungen zu tun. Das soziale Leben hat sich im vergangenen Jahr normalisiert.“ Mit Blick auf die vergleichsweise hohe Aufklärungsquote im Kreis Kleve dankte Gerwers den Polizistinnen und Polizisten für ihre Arbeit, „wegen der wir uns sicher fühlen können“.
>> Gesamtstraftaten
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Die Kreispolizei Kleve verzeichnete für 2022 eine Zunahme der gesamten Straftaten um 11,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf nun 20.330. „Das ist nicht ohne“, kommentierte Martin Frielingsdorf, der Direktionsleiter Kriminalität, diese Entwicklung, verwies gleichsam aber auch auf das niedrige Niveau in den Corona-Jahren. Wichtig für die Einordnung sind zudem zwei weitere Zahlen: In ganz Nordrhein-Westfalen erhöhte sich die Zahl der Straftaten sogar um 13,7 Prozent. Und die Häufigkeitszahl, die die Anzahl der Straftaten auf 100.000 Einwohner anzeigt, beträgt im Kreis Kleve nur 6460 gegenüber 7624 im Land.
>> Gewaltkriminalität
Körperverletzungen, Raub, Mord, Totschlag und Weiteres – also die Straftaten der Gewaltkriminalität – geschahen 2022 im Kreis Kleve 617 Mal und damit 91 Mal häufiger als noch im Vorjahr. Dass die Aufklärungsquote in diesem Bereich von 84,0 auf 78,6 Prozent sank, erklärte Martin Frielingsdorf auch mit einer Serie von Taten unter anderem im innerstädtischen Klever Leiharbeitermilieu, die bereits 2021 aufgeklärt und gestoppt worden sei.
Auffällig ist eine deutliche Zunahme von einfachen (100) und gefährlichen Körperverletzungen (72) sowie Raub (13) bei Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren. „Diese Taten passieren vielfach im schulischen Umfeld. Man ist überrascht, mit welcher Brutalität mancher gegen Gleichaltrige vorgeht“, so Frielingsdorf. Es komme einiges auf die Polizei zu, auch weil weniger schwere Fälle heutzutage häufiger angezeigt würden als in der Vergangenheit. Immer häufiger greifen Täter zu einem Messer (166 Mal in 2022).
Auch der Widerstand und Angriffe gegen Polizisten und Rettungskräfte (100) mehren sich wieder nach einem zwischenzeitlichen Corona-Rückgang. „Wir erleben im Alltag verloren gehenden Respekt“, sagte Kriminaldirektor Martin Frielingsdorf.
>> Sexualdelikte
Nach einem Hoch mit 424 im Jahr 2021 ging die Zahl der Sexualdelikte leicht auf 379 zurück. „Das ist allerdings noch immer eine besorgniserregend hohe Zahl“, stellte Frielingsdorf fest. Insbesondere die Fälle von Missbrauchsabbildungen von Kindern, gemeinhin Kinderpornografie genannt, verbleiben auf hohem Niveau (109). „Das stellt unsere Ermittler vor erhebliche Herausforderungen. Sie müssen Server auswerten, die mit Daten vollgepackt sind. Das ist eine unangenehme und sehr belastende Arbeit“, sagte der Direktionsleiter Kriminalität.
>> Diebstahlsdelikte
Erfreulich ist der sich fortsetzende Rückgang der Wohnungseinbrüche im Kreis Kleve auf nun 307. Einen „wahnsinnigen Anstieg“ auf 1632 Fälle hob Martin Frielingsdorf dagegen bei den Fahrraddiebstählen hervor: „Die Räder werden immer hochwertiger und sind mittlerweile häufig mit Motoren ausgerüstet. Deshalb wird diese Entwicklung weitergehen – mit größeren finanziellen Schäden.“
>> Betrugsmaschen
Sehr groß sind bei Betroffenen auch die Schäden – materiell und emotional – wegen Betrugsmaschen wie dem Enkeltrick oder falschen Polizisten. „Ältere Menschen werden so auf widerlichste Art und Weise um ihr Erspartes gebracht. Sie trauen sich oft nicht, ihren Familien davon zu erzählen, weil sie sich so schämen. Sie sind traumatisiert, verunsichert und vertrauen niemandem mehr“, schilderte Frielingsdorf.
Beim Blick auf die Kriminalitätsstatistiken 2022 und 2021 fällt auf, dass im vergangenen Jahr zwar weniger Strafanzeigen (261 gegenüber 290) gestellt wurden. Doch die Schadenshöhe schoss von rund 319.000 Euro auf circa 857.000 Euro in die Höhe. In zwei Fällen hätten Kriminelle gar sechsstellige Summen erbeutet, so Martin Frielingsdorf. Mit Betrugsversuchen per WhatsApp ist zudem die nächste Masche im Umlauf.
>> Betäubungsmittelkriminalität
Kriminalität im Zusammenhang mit Drogen ist wegen der Grenzlage des Kreises Kleve weiterhin stark verbreitet. 2122 Fälle zählte die Kreispolizei 2022. Die Häufigkeitszahl (674) ist hier deutlich größer als im Landesdurchschnitt (393).
>> Geldautomatensprengungen
Sieben Geldautomatensprengungen gab es im Kreis Kleve im Jahr 2022, davon allein vier im Dezember. Am Dienstag setzte sich diese Serie bei einem Automaten in Issum fort.
„Es ist schwierig, die Täter nachhaltig zu beeindrucken“, sagte Martin Frielingsdorf. „Man kann die Automaten sichern, doch das kostet viel Geld und ist deswegen ein langsamer Prozess.“