Kleve. Ein 23-Jähriger malträtierte brutal seine Freundin und muss in Haft. Das Landgerichtsurteil überbietet die Forderung der Staatsanwaltschaft.
Sein letztes Wort hatte der Angeklagte auf Rumänisch auf eine Karte geschrieben, die seine Übersetzerin auf Deutsch vorlas: „Ich habe dieses Mädchen geliebt. Ich liebe es immer noch.“ Doch die junge Frau, gerade einmal 18 Jahre alt geworden, ist tot. Totgeprügelt von dem Verfasser dieser Zeilen, ihrem Freund, weit weg von ihrer osteuropäischen Heimat in einer Wohnung in der Gutenbergstraße in Kleve. Das Schwurgericht des Landgerichts Kleve unter Vorsitz von Richter Gerhard van Gemmeren sah es nach zwei Verhandlungstagen als bewiesen an, dass sich der 23-Jährige der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht hat. Der Mann muss deshalb für zehn Jahre ins Gefängnis.
In einer „reinen Gewaltorgie“ habe er seiner Freundin am 31. März 2022 Verletzungen zugefügt, die zum Tod führten, stellte van Gemmeren in seiner Urteilsbegründung fest. Welche das waren und wie brutal der Rumäne seine Partnerin malträtiert haben muss, beschrieb Rechtsmediziner Dr. Peter Gabriel im Zeugenstand: Ein kräftiger Tritt oder ein sehr harter Schlag in den Bauch ließen die Darmaufhängung und zweifach den Dünndarm reißen. Drei Liter Blut ergossen sich daraufhin in den Bauchraum. Auch eine Notfall-OP im Klever Krankenhaus konnte die Frau nicht mehr retten. Bei der Obduktion wurden zudem ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit Einblutungen, gebrochene Wirbel und Blutergüsse fast am ganzen Körper festgestellt.
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Körperliche und verbale Gewalt waren die Regel
Wie berichtet, hatte das Paar Anfang März 2022 als Leiharbeiter begonnen, in einem Schlachthof in den Niederlanden Tiere im Akkord zu zerlegen. Untergebracht wurden die beiden in einer Wohnung in Kleve, wo der 23-Jährige seiner Freundin laut Richter van Gemmeren bereits in den Tagen und Wochen vor der Tat ein „wahres Martyrium“ bereitet hatte. Körperliche und verbale Gewalt waren die Regel, davon zeugten zahlreiche ältere Verletzungen.
Am 31. März 2022 eskalierte die Situation, nachdem der Kleinbus sie nicht wie sonst üblich um 3.30 Uhr abgeholt hatte. Was in den nächsten Stunden darauf passierte, darüber hatte die Schwester des Angeklagten bereits beim Prozessauftakt als Zeugin genau Auskunft geben können. Sie machte zwar zu der Zeit Urlaub in Rumänien, war jedoch über mehrere lange Facebook-Videocalls unmittelbar in das Geschehen in Kleve eingebunden. Der Täter selbst behauptete, dass er Cannabis und Crack genommen habe und sich kaum erinnern könne.
Täter wurde in Rumänien festgenommen
Zwischen 10 und 10.30 Uhr, als die Schwester sich gerade um ihre Kinder kümmerte, prügelte ihr Bruder massiv auf seine Freundin ein. Als sich die Schwester aus Rumänien gegen 10.30 Uhr wieder meldete, ging ihr Bruder ans Telefon, denn die junge Frau lag schwerstverletzt auf dem Bett. Obwohl die Schwester den Ernst der Lage erkannte, probierte sich der Angeklagte stundenlang und vergeblich an nur untauglichen Versuchen, das Opfer ins Bewusstsein zurückzuholen. Erst um 14.30 Uhr wurde ein Notruf abgesetzt. Der Täter war da bereits geflüchtet und wurde zwei Wochen später in Rumänien festgenommen.
Hätte die 18-Jährige gerettet werden können, wenn ihr Freund sofort Hilfe geholt hätte? „Je eher man eingreift, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit noch etwas zu bewirken. Die Organe der jungen Frau waren gesund“, antwortete Rechtsmediziner Dr. Peter Gabriel auf diese Frage.
Staatsanwalt: „Klassischer Femizid“
So aber hat der 23-Jährige einen „klassischen Femizid“ zu verantworten, wie Staatsanwalt Pascal Merchlowski sagte. „Die Frau ist gestorben, weil sie in einer gewalttätigen Beziehung mit dem Angeklagten war.“ Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von neun Jahren wegen Totschlags gefordert. Verteidigerin Julijana Hermann plädierte auf fünf Jahre und wurde dabei von ihrem laut wimmernden Mandanten unterbrochen, woraufhin es eine 20-minütige Sitzungsunterbrechung gab. Das Urteil sah schließlich für den bereits in U-Haft sitzenden Mann ein ganzes Jahrzehnt hinter Gittern vor, wobei der knappe Monat Auslieferungshaft in Rumänien darauf angerechnet wird.