Rees-Bienen. Wieder kann der Umzugstermin in den Uni-Neubau in Rees nicht eingehalten werden. Warum das auch für Prof. Jost Borcherding sehr ärgerlich ist.

Es ist quasi sein Lebenswerk. Seit über 30 Jahren leitet Professor Jost Borcherding die Zoologie-Außenstelle der Uni Köln in Rees-Grietherbusch. Und seit gut zehn Jahren begleitet er maßgeblich den Wechsel von der ehemaligen Grundschule in Grietherbusch in den nahe gelegenen Neubau in Bienen. Doch die Fertigstellung hat sich immer wieder wegen mannigfacher Probleme verschoben. „Jetzt werde ich wohl als Verantwortlicher den Start im Neubau nicht mehr selbst erleben“, bedauert der 65-Jährige. Denn Ende September geht er in den Ruhestand. Und ob bis dahin der Betrieb im Neubau wirklich angelaufen ist, bezweifelt er doch stark.

Geplant war das alles komplett anders. Nicht nur vom Wissenschaftler, auch von der verantwortlichen Bauabteilung der Uni in Köln. „Es hat ja bekannterweise immer wieder Probleme gegeben, mal wegen des Dachs, dann das mit den Fenstern“, erzählt Borcherding, der in all den Jahren schon mit unzähligen Studentinnen und Studenten vor Ort gearbeitet hat. Auch jetzt noch erwartet er Ende Mai zwölf Teilnehmer für den dann letzten Kurs am alten Standort.

Im Altbau steht fast die komplette Erstausstattung für den Uni-Neubau in Rees

Doch der muss sich mit extrem beengten Verhältnissen in der ehemaligen Grundschule in Grietherbusch, in der die Uni-Außenstelle seit 1972 untergebracht ist, arrangieren. „Denn hier steht alles total voll: Von neun Putzspinden im Eingangsbereich bis hin zu 26 Betten und knapp 80 Stühlen“, sagt der Wissenschaftler. Denn das alles wurde von ihm in Absprache mit der Uni-Verwaltung in Köln rechtzeitig bestellt – und muss jetzt zwischengelagert werden.

„Weil der Neubau immer noch nicht fertig ist“, ärgert sich der Gelehrte. Denn es habe aktuell wieder unerwartete Schwierigkeiten am Bau gegeben, der 4,1 Millionen Euro kostet und wohl noch im Budget liegt, hört man. Dadurch sei es auch zum neuen Termin am 15. September gekommen. Ob der eingehalten werden kann, daran scheint es nach all den Erfahrungen der letzten Monate und Jahre Zweifel zu geben.

Auch 50 Aquarien warten auf den Umzug nach Bienen

Auch Professor Borcherding mag nicht recht daran glauben, dass es vor seiner Pensionierung klappen wird. Wobei er sich sehnlichst wünscht, doch zumindest schon mal vor der endgültigen Abnahme des Gebäudes sukzessiv die knapp 50 Aquarien, alle voll mit Stichlingen, ins so gut wie fertige neue Gebäude gleich hinter dem Naturschutzzentrum des Kreises Kleve bringen zu können.

Doch auch mit einer erhofften „Sondergenehmigung“ wird es eng, zeitlich wie räumlich. Ein Teil der 300 Umzugs-Kartons sind jedenfalls bereits seit Wochen mit Aktenordnern und Büchern gepackt, von denen viele in Borcherdings Büro auf die Abholung warten. Überall im Gebäude stehen weitere Einrichtungsgegenstände für den Neubau, etwa sieben Kleiderschränke, 130 Bett-Schubladen, 26 Matratzen und der Inhalt von rund 60 Meter Regalen. „Eigentlich lagert hier fast die komplette Erstausstattung für den Neubau“, sagt der Beinahe-Rentner. Sogar anderswo wurden Schränke und anderes Mobiliar bis zum endgültigen Umzug eingelagert. Die Kosten dafür muss, man glaubt es kaum, der Wissenschaftler sogar von seinen eigenen Forschungsgeldern zahlen...

Notfalls will der Gelehrte die Mitglieder des Fördervereins um Mithilfe bitten

Wie gesagt: Nächster offizieller Übergabetermin an die Nutzer für den Uni-Neubau, den Borcherding von Anfang an im Detail mit geplant hat, soll Mitte September sein. Aber selbst wenn das Datum zu halten wäre, gibt’s ein anderes Problem: „Ich habe alles im Kopf, wo was hinzukommen hat und stehen wird. Und es auch auf den Kartons festgehalten“, erklärt Borcherding. Das hätte ja auch alles hundertprozentig gepasst, wäre es nicht zu den vielen Verzögerungen gekommen. Jetzt muss er alles noch für die Uni aufwendig „verschriftlichen“, wie er es nennt. Und nebenbei noch weiter forschen und lehren, denn das ist ja die Hauptaufgabe eines Dozenten an einer Uni...

Den Umzug mit einem Umzugsunternehmen, sollte er denn dann überhaupt noch verantwortlicher Hausherr sein, wird er – abgesehen von sogenannten Service-Teams, die die Uni im Idealfall schicken will – alleine mit dem Hausmeister-Ehepaar stemmen dürfen. Wenn alles nichts helfe, scherzt der Forscher, würde er die gut 100 Mitglieder des Fördervereins eben bitten, ihm beim Umzug zu helfen. Wobei: Für ganz ausgeschlossen hält er auch diese Variante nicht unbedingt.

Eigentlich möchte der Wissenschaftlicher Nachfolger/in noch einarbeiten

Die ganze Situation hat Professor Borcherding schon viele schlaflose Nächte beschert, wie er zugibt. Auch deshalb, weil er ja eigentlich noch nach dem Umzug zwei Monate lang seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger einarbeiten wollte. „Alleine schon wegen des technischen Levels, mit dem wir im neuen Gebäude zu tun haben werden“, weiß der Wissenschaftler. Wie das alles gehen soll, wenn er ab Oktober in Rente ist und der Neubau, „an dem viel Herzblut hängt“, dann möglicherweise immer noch nicht offiziell in Betrieb gegangen ist, „das weiß ich nicht. Ganz ehrlich“, sagt er. Ziemlich frustriert darüber, dass er wahrscheinlich sein Lebenswerk nicht vollenden kann.