Emmerich. Die meisten privaten Sparer, die Geld bei der Greensill Bank angelegt haben, sind entschädigt worden. Was das für die Stadt Emmerich bedeutet.
Gut einen Monat nach dem Zusammenbruch der Greensill Bank gibt’s gute Nachrichten. Allerdings nur für Privatanleger. Wie der Bundesverband deutscher Banken (BdB) am Ostermontag mitteilte, wurden mehr als 20.500 Einleger der Privatbank entschädigt. Die Entschädigungssumme beläuft sich auf etwa 2,7 Milliarden Euro.
Noch nicht alle Entschädigungsverfahren abgewickelt
Weitere circa 1500 Anleger, die bei der Greensill Bank insgesamt 400 Millionen Euro angelegt hätten, können darüber hinaus noch auf eine Entschädigung hoffen. Dass in diesen Fällen die Entschädigungsverfahren noch nicht abgeschlossen sind, liegt unter anderem daran, dass die Betroffenen noch nicht ihre aktuellen Bankverbindungen mitgeteilt haben und so eine Rücküberweisung nicht möglich ist.
Stadt Emmerich wird als Gebietskörperschaft behandelt
Von der Entschädigungsprozedur ausgenommen ist allerdings die Stadt Emmerich. Anders als Privatanleger erhalten Gebietskörperschaften, wie Städte und Gemeinden, im Insolvenzfall von Finanzinstituten keine Entschädigungszahlungen aus dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken.
Es geht um sechs Millionen Euro
Deshalb bangt die Stadt Emmerich weiter um eine Summe von sechs Millionen Euro. „Dass die Entschädigung für Privatanleger vorgenommen wurde, hat die Chancen der Stadt Emmerich weder erhöht noch verringert, um das angelegte Geld – oder einen Teilbetrag – zurückzuerhalten“, sagt auch Stadtsprecher Tim Terhorst.
Unterschiede zum Privatsparer
Denn hier muss deutlich unterschieden werden: Die Entschädigung der Privatanleger ist keine Überraschung oder eine Art Gnadenakt. Es handelt sich um eine festgelegte Praxis in der Finanzwirtschaft. Die insgesamt rund 3,1 Milliarden Euro, mit denen Privatsparer entschädigt werden, kommen zum einen von der gesetzlichen Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB), die für Spareinlagen bis 100.000 Euro geradesteht. Hier wird mit einer Summe von rund 1,1 Milliarden Euro gerechnet.
Bei Sparern, die mehr als 100.000 Euro angelegt haben, kommt der Einlagensicherungsfonds des BdB ins Spiel. Für diesen Fonds wird mit einer Auszahlungssumme von rund zwei Milliarden Euro gerechnet. Der Verband wolle sich das Geld vom Insolvenzverwalter der Greensill-Gruppe und von Versicherungen zurückholen, hieß es von einem Verbandssprecher am Montag.
Mit anderen betroffenen Kommunen vernetzt
Derweil hat die Stadt Emmerich sich mit weiteren betroffenen Kommunen vernetzt. Von Seiten der Kommunen wurde dann auch schon Kontakt mit dem Insolvenzverwalter aufgenommen. „Das ist natürlich durchaus positiv, dass man als Betroffener an dieser Stelle Kontakt hat“, so Terhorst.
Gleichsam gilt weiterhin hier der Sachstand, der von der Verwaltungsspitze bei der Ratssondersitzung in der Hansahalle am 23. März 2021 dargelegt wurde. Das eröffnete Insolvenzverfahren geht zurzeit seinen gesetzlichen Gang. Wie hoch die mögliche Summe ist, die die Stadt Emmerich aus der Insolvenzmasse zurückerhalten kann, hängt davon ab, wie erfolgreich der Insolvenzverwalter beim Forderungseinzug der Darlehen ist. Bürgermeister Peter Hinze machte schon auf der von der CDU beantragten Sonderratssitzung deutlich, dass so ein Verfahren lange dauern werde.
Der chronologische Verlauf
Was bisher geschah: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatte am Mittwoch, 3. März, gegenüber der Greensill Bank AG wegen drohender Überschuldung ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot erlassen. Außerdem ordnete die BaFin an, die Bank für den Verkehr mit der Kundschaft zu schließen, und untersagte es ihr, Zahlungen entgegenzunehmen, die nicht zur Tilgung von Schulden gegenüber der Greensill Bank AG bestimmt sind. Dieses Verfahren wird als Moratorium bezeichnet.
Am Freitag, 5. März, informiert die Emmericher Stadtspitze in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz die Öffentlichkeit über die Geldanlagen bei der Greensill Bank. Die Anlage von sechs Millionen sei getätigt worden, um Negativzinsen zu vermeiden.
Am Montag, 8. März, beantragt die Emmericher CDU-Fraktion eine dringliche Sonderratssitzung.
Am Donnerstag, 11. März, sagt Bürgermeister Peter Hinze im großen NRZ-Interview, dass er mit dem möglichen Verlust der sechs Millionen Euro nicht einen Rücktritt vom Bürgermeisteramt verbindet.
Am Freitag, 12. März, gibt die Stadt Emmerich bekannt, dass eine öffentlichen Ratssondersitzung am Dienstag, 23. März, 18 Uhr, in der Aula der Gesamtschule, Paaltjesstege, stattfinden wird. Ein früherer Zeitpunkt wird verworfen, da Bürgermeister Peter Hinze ansonsten aufgrund einer Quarantäne nicht dabei sein könnte.
Am Mittwoch, 17. März, wird bekannt, dass Emmerich eine von 26 Kommunen ist, die sich juristisch gemeinsam für das Greensill-Insolvenzverfahren aufstellen wollen.
Am Donnerstag, 18. März, kündigt die Stadt an, dass die Sonderratssitzung in die Hansahalle verlegt wird.
Am Freitag, 19. März, hat ein von der BGE-Fraktion beauftragtes Ratsmitglied die Akten in der Kämmerei der Stadt Emmerich eingesehen. Das Ratsmitglied spricht von einem Anfangsverdacht für ein Dienstvergehen durch Bürgermeister Peter Hinze als Vorsitzender im Verwaltungsvorstand der Stadt. Ob es dies so ist, will die BGE durch die Kommunalaufsicht klären lassen.
Am Dienstag, 23. März, findet die Sonderratssitzung in der Hansahalle statt. Rund 60 Besucher kommen. Ob Emmerich etwas von den Millionen zurückbekommt, sei offen, sagt Dr. Volker Weinreich von der Kanzlei Aulinger aus Bochum an diesem Abend.