Denkmal-Chefin protestiert gegen Abriss des Tausendfüßlers
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Düsseldorf. . Den umstrittenen Abriss des Tausendfüßlers genehmigte Harry Voigtsberger wenige vor seinem Rücktritt als Landesverkehrsminister. Seine Argumente überzeugen die neue Landeskonservatorin nicht, weshalb sie nun dem neuen Minister Groschek schrieb.
Wenige Tage vor seinem Rücktritt genehmigte Verkehrsminister Harry Voigtsberger den Abriss des denkmalgeschützten Tausendfüßler. Seine Entscheidung stieß jetzt bei der neuen Landeskonservatorin Andrea Pufke auf heftige Kritik. Es seien weder Alternativen geprüft noch die Experten ihres Hauses beratend hinzugezogen worden, schrieb die Chefin des Amtes für Denkmalpflege dem Nachfolger von Voigtsberger, Michael Groschek.
Unterschiedliche Ansichten zur Sanierung
Wie berichtet hatte Voigtsberger die Ingenieure Leonhardt, Andrä und Partner beauftragt, den Denkmalwert der Hochstraße zu bewerten. Die Gutachter bestätigten schließlich die Auffassung der Stadt, dass der Tausendfüßler bei einer fälligen Sanierung derart verändert werden müsste, dass er sein Gesicht verlieren würde. „Er wäre kein Denkmal mehr“, so der Minister, der darauf Ja zum Abrissantrag sagte.
Das Argument, die Sanierung des Tausendfüßler würde zu einem Verlust des Denkmalwertes führen, überzeugt Pufke nicht: „Wie viele Denkmale gibt es, die über die Jahre fast ihre gesamte originale Bausubstanz verloren haben. Die romanischen Kirchen in Köln beispielsweise wurden fast gänzlich neu aufgebaut, die Wuppertaler Schwebebahn steht zu einem großen Teil auf neuen Stützen. Trotzdem würde niemand ihren Denkmalwert in Frage stellen.“
Zudem sei es nach dem NRW-Denkmalschutzgesetz die Aufgabe ihres Amtes, den historischen Wert festzustellen. Die vom Minister bestellten Gutachter sollten lediglich „den baulichen Zustand, die Erhaltungsfähigkeit des Bauwerks und die wirtschaftliche Zumutbarkeit einer Instandsetzung prüfen. Wir hätten uns gewünscht, zumindest beratend hinzugezogen zu werden“, so Andrea Pufke.
Langer Streit
Die Landeskonservatorin weiß, wie lange schon um die Hochstraße gestritten wurde. „Am Tausendfüßler scheiden sich die Geister. Und das war schon immer so.“ Noch bevor er fertiggestellt wurde, protestierten im Hofgarten 10 000 Demonstranten gegen das Bauwerk, das eine autogerechte Stadt präsentieren sollte. Ein halbes Jahrhundert später setzten sich Denkmalschützer, Heimatvereine, die Initiative Lott stonn, SPD und Grüne für den Erhalt ein. „Denkmale müssen nicht schön sein“, betonte Pufke. „Ich kann nachvollziehen, dass der Tausendfüßler als sperrig und kalt empfunden wird. Trotzdem ist er ein bedeutendes Denkmal, dessen Abriss ein großer kultureller, Stadt- und verkehrsgeschichtlicher Verlust ist.“
50 Jahre Tausendfüßler
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Die Landeskonservatorin warnte davor, „wichtige Denkmale aus der Nachkriegszeit leichtfertig aufzugeben. Manchmal brauchen die Menschen einen größeren zeitlichen Abstand, um den Wert eines Baudenkmals zu verstehen.“ Möglich wäre auch gewesen, den Tausendfüßler weiter als Fußgänger- und Fahrrad-Brücke zu verwenden. „Alternative Nutzungsmöglichkeiten wurden aber nicht in Betracht gezogen“, so Pufke.
Das Ja-Wort gilt
Ihre jetzige Stellungnahme wollte das Verkehrsministerium am Montag nicht kommentieren. Das Ja-Wort des Ministers gilt. Das weiß auch die Landeskonservatorin. Trotz aller Kritik respektiere sie die Entscheidung.
Die Stadt hat inzwischen den weiteren Zeitplan für das Kö-Bogen-Projekt festgelegt und wird den Tausendfüßler im Februar 2013 abreißen lassen.
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