Düsseldorf. Die Politik will den Düsseldorfer Corneliusplatz für Autos weitestgehend sperren. Die Geschäftsinhaber an der Kö fühlen sich überrumpelt.
Und wieder einmal wurde die schwarz-grüne Regierungskooperation im Düsseldorfer Rathaus auf die Probe gestellt. Diesmal ging es nicht um den Bau der Oper, sondern um die Frage, ob der Corneliusplatz in Zukunft autofrei sein solle. Die Kontroverse nahm ihren Anfang mit einem Antrag der Ratsfraktion Die Partei-Klima, der dem Ordnungs- und Verkehrsausschuss (OVA) vorgelegt wurde und dort mit Mehrheit einer Stimme angenommen wurde. CDU, FDP und Freie Wähler stimmten dagegen. Grüne, SPD, Linke und Die Partei-Klima dafür.
Der OVA-Vorsitzende, Norbert Czerwinksi (Grüne), hat für den Antrag gestimmt. Er sagt, die Grüne habe es „immer schon gestört, dass dort Autos parken dürfen.“ Czerwinski ergänzte: „Ich meine mich zu erinnern, dass wir nach der Wiedereröffnung des Platzes nachgefragt haben, wo denn die Aufzüge für den erweiterten U-Bahnhof wären. Darauf wurde uns erwidert, das ginge aus Gründen des Denkmalschutzes nicht.“ Dass aber Autos auf dem Platz parken dürften, sei anscheinend kein Problem. Das störe ihn.
Düsseldorfer Corneliusplatz bald autofrei? Heftige Debatte um wenige Parkplätze
Dass das Thema allerdings so polarisiere, sei schon merkwürdig. Im Ausschuss hatte es eine denkbar knappe Mehrheit von 11 zu 10 Stimmen gegeben. Die Heftigkeit der Debatte irritiert dabei. Czerwinski: „Es geht um acht oder neun Parkplätze, außerdem ist der Corneliusplatz nicht viel mehr als ein Wendehammer. Das könnte man auch anders regeln, dafür muss der Platz nicht mit Autos voll gestellt werden.“
Zumal es ja für fast drei Monate im Jahr offensichtlich ohne den Platz ginge, dann nämlich, wenn Eisbahn und Weihnachtsmarkt den Platz in Beschlag nähmen. Für den Verkehr ist der Platz, so Czerwinski, nicht bedeutend. „Der Verkehr, der sich auf ihm findet, ist in der Regel Parksuchverkehr. Und das wäre ja wohl vermeidbar.“
Autoverbot auf Düsseldorfer Corneliusplatz: „Kein großer Mehrwert“
Ferry Weber, Vorsitzender des Fuss e.V. Düsseldorf und FDP-Mitglied, hingegen sieht es nicht für nötig an, den Corneliusplatz für den Autoverkehr zu sperren. Die Anlieger seien dagegen und „für die Fußgänger hätte die Sperrung keinen großen Mehrwert“. Weber hält den Vorstoß für „Ideologie“. Das Auto solle allem Anschein nach aus der Stadt verdrängt werden. Viel wichtiger wäre ein getrennter Rad- und Fußweg.
„Ideologie“ wittert allerdings auch die Gegenseite. Jan-Philipp Holthoff, der den Antrag mitverfasst hat, glaubt, dass CDU und FDP nur deswegen gegen den Antrag gestimmt hätten, weil er von der Opposition gekommen wäre. Holthoff ist überzeugt, die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich zu haben. Der „verkehrliche Wert für den Autoverkehr ist gleich null“, dafür sei der Platz aber für Fußgänger und Radfahrer von Bedeutung.
Nicht zu verachten sei aber auch die ästhetische Komponente: „Es ist ein schöner Platz, er hat es verdient.“ Wichtig sei, dass der Platz adäquat „bespielt werde“. Holfhoff kann sich etwa vorstellen, dass temporäre Bänke die Lücke wegfallender Parkplätze schließen könnten. Möglich wären auch eine erweiterte Außengastronomie, Food-Bikes oder ein Sektausschank. „Den Platz beleben“ – davon würde ein Großteil der Bevölkerung profitieren.
Debatte um Autoverbot auf Düsseldorfer Corneliusplatz: „Gemäßigter Verkehr stört nicht“
Dass ein Großteil der Bevölkerung den Verkehr auf dem Corneliusplatz überhaupt als Problem wahrnimmt, bezweifelt hingegen Christian Rütz OVA-Mitglied von der CDU: „Wir haben so gut wie kein Beschwerdeaufkommen von dort.“ Was auf der Kö an Verkehrsproblemen entsteht, entstehe auf der anderen Seite der Theodor-Körner-Straße. „Einen großen Drang“, den Autoverkehr vom Platz auszuschließen, sieht Rütz nicht. „Wir sind der Meinung, dass der gemäßigte Verkehr nicht stört.“
Dass aber momentan tatsächlich Tempo 50 auf dem Platz erlaubt sei, ließe sich ja ändern. Rütz schlägt vor, den Corneliusplatz als verkehrberuhigten Bereich auszuschildern. „Das wäre ein Kompromiss.“ Denn der Platz werde, auch wenn er kein verkehrstechnischer Hotspot ist, durchaus benutzt: „Man kommt so zu den Geschäften, teilweise wird der Platz auch als Vorfahrt zum Haus der Universität oder den Hotels genutzt.“ Aber wichtiger sei es ohnehin, dass eine Regelung für die Kö als Ganze gefunden werde.
Der Corneliusplatz als Symbol dafür, was in der Radverkehrspolitik schief läuft
Für den ADFC wiederum ist der Corneliusplatz vor allem ein Symbol dafür, was in Düsseldorf mit dem Radverkehr schief läuft. Matthias Arkenstette vom Verband beklagt etwa, dass hier aus ästhetischen Gründen auch die Fahrradpiktogramme in „einem dezenten hellgrau“ und damit in Farbe des Untergrunds gehalten wurden. „Selbst wohlmeinende Autofahrer erkennen da nicht, wo Radfahrer langdürfen“ – ein vermeidbarers Problem. Insgesamt gilt: „Am Corneliusplatz münden die Versäumnisse des Radverkehrs auf der Kö“.
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Nach dem Ratsbeschluss meldete die Stadt: „Die Stadtverwaltung wird die Umsetzbarkeit prüfen. Wann dazu erste Ergebnisse vorgestellt werden können, ist derzeit noch nicht absehbar.“ Arkenstette versteht diese Aussage als Chiffre für: „Der Beschluss schmort jetzt erstmal im Büro von OB Keller“. Geschehen werde also zunächst nichts und genau das sei das Problem für die diversen Probleme mit dem Radverkehr: „Es muss jetzt endlich etwas passieren.“, so Arkenstette.
Interessensgemeinschaft Königsallee: „Wir sind entsetzt!“
Anderen hingegen ging es deutlich zu schnell mit der Entscheidung. So etwa dem Vorsitzenden der Interessengemeinschaft Königsallee Peter Wienen: „Wir wurden einen Tag vorher gefragt“, zuvor habe sich niemand an die Anlieger gewendet. „Ich bin völlig entsetzt.“ Die Einzelhändler täten viel für das „Aushängeschild Kö“, gerade im Bereich des Denkmalschutzes und der Instandhaltung. Am Corneliusplatz sei zudem eine „Enklave erstklassiger Juweliere“ entstanden, die mit dem Ratsbeschluss unter Beschuss stünde. „Zu diesen Juwelieren fährt keiner mit den Öffentlichen“, sagt Wienen. Da sei es schon aus Sicherheitsgründen wichtig, dass man mit dem Auto vorfahren könne.
„Es ist ein Segen, dass sich solche Unternehmen in Düsseldorf ansiedeln.“ Wenn deren Kunden nun nicht mehr mit dem Wagen vorfahren könnten, „dann überlegen sie es sich, ob sie nicht woanders hingehen sollen“. Zumal die Ecke auch überregional als Magnet wirke: „Die Niederländer, die Luxus kaufen wollen, die kommen zu uns und lassen ihr Geld in der Stadt“, so Wienen. So wichtig diese Unternehmen seien, so ungünstig sei die Nachricht, die man mit solchen „ideologischen Beschlüssen“ aussende: „Wir haben auf der Kö ein funktionierendes System. Louis Vuitton expandiert, Tiffany‘s expandiert – doch die Händler brauchen auch Planungssicherheit“. Plötzliche Beschlüsse schadeten dem Luxus-Standort Düsseldorf.
Wienen hält den Beschluss für „ein völlig falsches Zeichen“ und für „eine rein politische Entscheidung“. Letzten Endes ginge es hier um die Beschneidung individueller Freiheit. In einem Punkt aber stimmen alle überein: Für den Verkehr selbst ist der Platz nicht von erheblicher Bedeutung. Der Corneliusplatz ist zum Argument in einem Streit über etwas anderes geworden.
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