Warum die Forderung der AWG, die Israelflagge zu entfernen, alles andere als respektvoll und verantwortungsbewusst ist.

Erinnern Sie sich noch, als vor rund zehn Jahren die Lohberger Brigade, eine in Lohberg beheimatete Salafistenzelle, deutschlandweit Thema war? Ihr gehörten etwa 20 Menschen in Lohberg an. 20 von 6000 - und in ganz Deutschland war der Stadtteil plötzlich als Salafisten-Hochburg und seine Bewohner als Terroristen verschrien. Ein böses Vorurteil, gegen das Lohberg seit Jahren mühsam anrudert.

Von der grausamen Politik der Regierung Israels auf das gesamte Volk und im besonderen auf die Menschen in Dinslakens Partnerstadt Arad zu schließen, ist ebenso falsch. Denn die israelische Flagge am Dinslakener Rathaus steht vor allem für Arad, ebenso wie die französische Flagge für die französische Partnerstadt Agen steht. Und ebenso wenig wie „die Lohberger“ Terroristen sind, sind die Menschen in Arad Kriegstreiber.

Die israelische Flagge am Rathaus abzuhängen, wie gefordert, würde aber genau das unterstellen. Eine solche Handlung würde das israelische Volk und vor allem Dinslakens Freunde in Arad in Sippenhaft nehmen. Der Satz, das Abhängen der Flagge solle „nicht als Ablehnung gegenüber dem israelischen Staat oder seiner Bevölkerung verstanden werden“ könnte da als Zynismus verstanden werden.

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Die Partnerschaft mit Agen beinhalte, so die AWG, auch die Pflicht, „auf Missstände und Fehler hinzuweisen“? Ernsthaft? In ganz Israel gibt es seit Monaten Massenproteste gegen Netanjahu - zuletzt gingen 80.000 Menschen in Tel Aviv auf die Straße. Offenbar ist vielen Menschen dort bereits ohne Nachhilfe der Wählergemeinschaft AWG aus der deutschen Mittelstadt Dinslaken aufgefallen, dass ihre Regierung im Konflikt mit der Hamas Fehler begeht.

Wer im Internet nach den laut AWG abgehängten Israelflaggen sucht, findet tatsächliche mehrere Kommunen, in denen der Davidstern nicht mehr vor den Rathäusern weht. Der Anlass ist allerdings meist, dass die Israelflaggen zuvor mehrmals abgerissen oder sogar öffentlich zerstört wurden - wie etwa in Münster und Augsburg. Die Stadt Augsburg habe sich mit dem Abhängen der Flagge antisemitischen Randalierern gebeugt, hat der Zentralrat der Juden zu Recht kritisiert. Das sollte in Dinslaken nicht geschehen - auch nicht präventiv.

Vor drei Jahren wurde auch in Dinslaken die Israelflagge am Rathaus gestohlen und danach öffentlich auf dem Marktplatz in Lohberg verbrannt. Eine Nachricht, die über Dinslakens Grenzen hinaus für Entsetzen sorgte. Wer angesichts dessen jetzt eine Diskussion über die Israelflagge anzettelt, handelt nicht in „tiefem Verantwortungsbewusstsein“, wie die AWG von sich sagt. Sondern er zündelt. Denn er provoziert, dass genau das wieder passiert. Und er sorgt dafür, dass Stereotype wieder hoffähig werden. Über das israelische Volk. Und am Ende auch über Lohberg.

Bürgermeisterin Michaela Eislöffel ist dafür bekannt, dass sie sich mit klaren Worten und Rückgrat gegen Rassismus und Antisemitismus, gegen Vorurteile und Stereotype einsetzt. Das wird hoffentlich auch diesmal so sein.